Direkte Demokratie und Gummibärchen – Stella über Plebüsziet

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Alle Gewalt geht vom Volke aus!

Das hatten schon die alten Griechen, sagt mein Geschichtslehrer. Demokratie nämlich. Das heißt „Herrschaft des Volkes“ oder so ähnlich. Was Volk ist habe ich immer noch nicht so genau verstanden. Mein Bruder ist ein Volk für sich, das steht fest!
„Das sind diejenigen, die in einem Land leben!“ sagt Papa. Genau und die müssen ja irgendwie regiert werden. Aber nicht so, dass sie es merken. Und dafür gibt’s dann die Demokratie. Das heißt, alle paar Jahre wählt das Volk seine Regierung. Die Wahlen sind frei. Aber die freie Wahl hat man trotzdem nicht. Das ist ungefähr so, wie wenn Papa uns fragt: „Zum Mittagessen habt Ihr heute die freie Wahl: wollt Ihr Erbsen- oder Bohnensuppe?“

Also, jedenfalls werden da welche gewählt und nach der Wahl können die vier Jahre lang machen, was sie wollen. Na ja, fast. „Nur ein Glück, dass die sich selten einig sind!“ sagt mein Papa. „Das Schlimme ist, wenn es gegen uns kleine Leute geht, sind die sich immer einig!“ sagt mein Onkel. Also, die im Pallament! Wir sind nämlich eine pallamentarische Demokratie.

Das ist keine direkte Demokratie, sondern indirekte. Direkt ist, wenn ich meinem Bruder direkt sage, dass er isst wie ein Schwein. Indirekt ist, wenn ich ihm das seitenverkehrt auf den Badezimmerspiegel schreibe.

Zur direkten Demokratie gehört das Plebüsziet! Das ist eine Volksabstimmung. Das Volk entscheidet da über die Gesetze.
In Deutschland gibt es das nicht. In manchen Bundesländern gibt es Volksbegehren. Da darf das Volk was begehren, aber das kriegt es dann noch lange nicht. Volksentscheide gibt es auch in manchen Bundesländern, da geht es aber auch wieder nur um Erbsen- oder Bohnensuppe.

In der Schweiz ist das ein bisschen anders. Wenn 50.000 Schweizer wollen, dass das Volk über ein Gesetz entscheidet, dann gibt’s ein Plebüsziet. Deswegen fliegen den Schweizern trotzdem bald die Protonen um die Ohren. Da ist wohl was schief gegangen?

„So’n Plebüsziet hat Vor- und Nachteile!“, sagt Papa.

Das Problem sind wohl mal wieder die Medjen! Weil die die Stimmung beeinflussen. Also, wenn jetzt jemand auf die Idee kommt, ein Gesetz gegen rote Gummibärchen vorzuschlagen und die Blödzeitung schreibt wochenlang, wie blöd rote Gummibärchen sind, dann stimmen nachher alle gegen die roten Gummibärchen! Das wäre doof, weil das doch die leckersten sind!

Das ist in der pallamentarischen Demokratie anders. Da kommt’s drauf an, welche Sorte Gummibärchen die stärkere Lobbie hat. Zu einer Lobbie gehören Leute, die bestimmte Interessen vertreten. Mein Bruder hat hauptsächlich das Interesse, mich zu ärgern. Ein Lobbieist ist er deswegen noch lange nicht.

Na ja und bei so 'nem Plebüsziet entscheiden natürlich Leute, die von der Sache vielleicht keine Ahnung haben. Im Pallament ist das anders. Die Politiker ahnen eine ganze Menge!

Also ich bin mir da noch nicht sicher, was da besser ist. Ich bin ja erst in der 5. Klasse und Politik kriege ich erst später. – Die Hauptsache jedenfalls, die bleiben mir von den roten Gummibärchen weg!

Stella, 10 Jahre alt.

[Erfunden von Leòn]
 
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