Vorsicht mit ASS (Acetylsalicilsäure) bei Kindern

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Medikamente für Kinder sind sowieso ein schwieriges Thema. Wenn irgend möglich, sollten Medikamente kaum eingesetzt werden. Das gilt auch für Aspirin:

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Ärzte aus Österreich berichteten vor einigen Jahren über den Fall eines 17 Monate alten Mädchens mit einer akuten Salicylat- Intoxikation.
Die Eltern hatten ihrem erkälteten Kind aufgelöste ASPIRIN plus C® Brausetabletten mit der Flasche verabreicht. Dies geschah wohl in der Vorstellung, dass Vitamin C bei Erkältungskrankheiten sinnvoll sei. Den Eltern war offensichtlich nicht bewusst, dass ein Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite verabreicht wurde. Erst nach mehrmaligem Nachfragen wurde die Gabe des Medikamentes den Ärzten in der Notaufnahme mitgeteilt. Zunächst war differential-diagnostisch eine Septikämie erwogen worden, da das Kind eine erhöhte Körpertemperatur (40,4° C) aufwies und andere Symptome darauf hindeuteten.
Auffällig war jedoch eine vergrößerte Anionenlücke bei normalen Laktatwerten (1,7 mg/dl) und die typischen Befunde einer kompensierten metabolischen Azidose (pH 7,305; pCO2 28,3 mmHg; BE – 11,6 mmol/l; HCO3- 12,8 mmol/l). Die Anionenlücke entspricht der Differenz aus den gemessenen Kationen (Na+, K+) und den Anionen (Cl-, HCO3-).

Salicylatkonzentrationen kritisch bewerten
In einer gezielten Analyse konnte dann eine Konzentration von 445 mg Salicylat/l Blut gemessen werden. Dies liegt deutlich über den Konzentrationen, die nach Einnahme von üblichen analgetisch- antipyretisch wirksamen Dosierungen gemessen werden (< 60 mg/l), wobei jedoch auch Spiegel von 100 bis 200 mg/l durchaus noch „normal“ sind. Allerdings sollten die Salicylatspiegel in ihrer Bedeutung nicht überbewertet werden. Unauffällige therapeutische Spiegel schließen eine Intoxikation nicht aus. Das normalerweise geringe Verteilungsvolumen des Salicylats (0,2 l/kg) nimmt deutlich zu, wenn der pH-Wert des Blutes abnimmt. Ein fallender Salicylatspiegel kann daher auch Ausdruck einer zunehmenden Verteilung in die Organe, zum Beispiel ins ZNS sein und daher mit einer klinischen Verschlechterung des Zustands verbunden sein.
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https://web.archive.org/web/2021092...2014/mobil/ToxikologieAktuell082014_mobil.pdf

Grüsse,
Oregano
 
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Hallo Oregano,

ein sehr wichtiger Hinweis, da leider viele Menschen, nicht zuletzt aufgrund der Werbung, glauben, Aspirin sei harmlos. Die Bezeichnung "Brausetabletten" ist für sich genommen schon eine unzulässige Verharmlosung!

Wichtig erscheint mir auch:
Arzneimittel, die Acetylsalicylsäure (ASS) enthalten, sind extrem weit verbreitet. Der Arzneistoff ist nicht nur unter dem Handelsnamen ASPIRIN® bekannt, sondern auch in vielen Mono- und Kombinationspräparaten enthalten.
Die Inhalts- und Zusatzstoffe eines Medikaments VOR der Einnahme genau zu lesen, ist folglich nicht nur für Erwachsene sehr wichtig, sondern ganz besonders bei der Verabreichung an Kinder.

Gruß,
Clematis
 
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Seit rund 30 Jahren enthalten die Packungsbeilagen aller Arzneimittel mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) den Warnhinweis:
»Acetylsalicylsäure soll bei Kindern und Jugendlichen mit fieberhaften Erkrankungen nur auf ärztliche Anweisung und nur dann angewendet werden, wenn andere Maßnahmen nicht wirken. Sollte es bei diesen Erkrankungen zu lang anhaltendem Erbrechen kommen, so kann dies ein Zeichen des Reye-Syndroms, einer sehr seltenen, aber lebensbedrohlichen Krankheit sein, die unbedingt sofortiger ärztlicher Behandlung bedarf.«
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Das Reye-Syndrom ist eine Enzephalopathie, die nicht auf einer Entzündung beruht, die in der Leber ihren Ausgang nimmt, rasch fortschreitet und häufig tödlich endet, wenn nicht frühzeitig behandelt wird. Charakteristisch ist eine Verfettung der Leber. Gewebeveränderungen finden sich außerdem in weiteren Organen wie dem Herzmuskel und den Nieren. Die Werte für die Transaminasen und den Serum-Ammoniak steigen charakteristisch auf mindestens das Dreifache ihres Ausgangswerts, auch der INR steigt. Der Blutzucker fällt hingegen ab, da die geschädigte Leber nicht mehr in der Lage ist, Glykogen zu speichern und das Erbrechen eine Nahrungsaufnahme weitgehend verhindert. Gefürchtet ist im weiteren Verlauf die Entwicklung eines generalisierten Hirnödems, das zu bleibenden Schäden oder gar zum Tode führen kann. Wichtig ist daher, dass ein Reye-Syndrom möglichst frühzeitig erkannt wird.

Schäden an den Mitochondrien
Innerhalb der Zellen kommt es zu einer Schädigung der Mitochondrien. Diese wirkt sich naturgemäß in Geweben mit hoher Stoffwechselrate besonders stark aus. In der Folge kommt es unter anderem zu einer Übersäuerung (durch Beeinträchtigung der Pyruvatdehydrogenase und der Enzyme der Atmungskette), zu einer Anreicherung von Ammoniak (durch Beeinträchtigung der Carbamoylphosphat-Synthase) und zu einer Anreicherung von Fettsäuren (durch Ausfall der β-Oxidation). Welches akute Ereignis jedoch den ersten Dominostein umwirft und die Kaskade in Gang setzt, ist bis heute weitgehend ein Rätsel.

Verschiedene Kandidaten wurden im Laufe der Jahre diskutiert und untersucht: Viren und ihre Toxine, Wirkstoffe von Arzneimitteln wie Salicylate, Valproate oder Metoclopramid, Pflanzenschutzmittel wie DDT und anderes mehr. Einen (oder mehrere) Auslöser zweifelsfrei zu identifizieren, ist jedoch nicht gelungen. Vieles gründet auch heute noch auf epidemiologischen Daten teilweise retrospektiver Untersuchungen.
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Eine Beteiligung fiebersenkender Arznei*stoffe, etwa verschiedener Salicylate, wurde vielfach untersucht, nicht zuletzt, da ein zeitlicher Zusammenhang mit der Einnahme zu erkennen war. Die Datenlage ist aber auch hier bis heute wenig eindeutig.
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Befürworter der Salicylat-Hypothese fühlen sich bestätigt, weil die Zahl der Reye-Syndrom-Fälle seit den Achtzigern stetig zurückgegangen ist. Möglicherweise ist aber – zum Beispiel durch die Einführung verschiedener Impfungen – auch die Zahl der Infektionen als denkbare Reye-Auslöser gesunken.
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Pharmazeutische Zeitung online: Reye-Syndrom: Ein Unbekannter wird 50

Es ist also weiter nicht klar, ob das Reye-Syndrom durch Salicylate verursacht werden kann. Trotzdem: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste ... :idee:.

Grüsse,
Oregano
 
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Pharmazeutische Zeitung online: Reye-Syndrom: Ein Unbekannter wird 50
Trotzdem: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste ... :idee:.

Dein Wort in der Mütter Ohr, Oregano ;)

Doch das hier:
Möglicherweise ist aber – zum Beispiel durch die Einführung verschiedener Impfungen – auch die Zahl der Infektionen als denkbare Reye-Auslöser gesunken.
halte ich für eine dreiste, unberechtigte und irreführende Werbung für Impfungen!

Wenn Viren als Auslöser des Reye-Syndroms verdächtigt werden, dann sind es wohl die Impfstoffe mit diesen Viren, die dieses Syndrom auslösen:
Dass Auslöser möglicherweise gemeinsam wirken, macht eine Untersuchung noch komplizierter. So geht einem Reye-Syndrom zumeist ein Virus*infekt voraus. Häufig sind dies Infektionen mit Influenza-A- oder -B-Viren. Es kommen aber auch Adeno-, Coxsackie, Zytomegalie-, Epstein-Barr-, Herpes-, Varizella-, Masern-, Mumps- und Rötelnviren infrage. Insgesamt 19 Erreger werden als mögliche Auslöser verdächtigt.
Wie kann in ein- und dem selben Artikel beides wahr sein? Impfungen verhindern - Impfungen lösen das Syndrom aus? Weiß Maria Pues überhaupt, was sie da schreibt? Oder weiß sie NICHT, daß just diese genannten Viren in den Impfstoffen enthalten sind? :rolleyes: :mad:

Gruß,
Clematis
 
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Hallo Clematis,

diese Stelle ist mir auch aufgestoßen, aber ich war mir sicher, daß Du darauf hinweisen würdest, zumal es mir hier in diesem Thread um die Salicylate geht ;).

Grüsse,
Oregano
 
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