Einstige Therapien mit giftigen Substanzen

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Die Syphillis wurde früher - bis in den zweiten Weltkrieg hinein auf jeden Fall - mit Salvarsan (einer Arsenverbindung) und Quecksilber behandelt.

www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/pza/2004-11/titel.htm

Therapie -Syphillis -Jacobi: Atlas der Hautkrankheiten
Bei Anwendung der nötigen Vorsicht - Ausschluß schwer Herzkranker und solcher Patienten von der Salvarsantherapie, bei denen eine spezifische Erkrankung lebenswichtiger Teile des Zentralnervensystems vorliegt, wo eine lokale Reaktion bedrohliche Erscheinungen auslösen könnte - ist die Salvarsanbehandlung kaum gefährlicher, als die durchaus nicht indifferente Hg-Therapie; die eine Zeitlang häufiger beobachteten sogenannten Neurorezidive kommen bei Anwendung genügend hoher Salvarsan dosen sowie bei kombinierter Salvarsan- und Hg-Behandlung nur noch selten vor und heilen fast immer bald aus. Die epileptiformen Anfälle, die in einer Anzahl von Fällen zum exitus führten und wohl auf einer Steigerung des Hirndrucks beruhten, lassen sich mit ziemlicher Sicherheit vermeiden, wenn man mit schwachen Dosen beginnt und erst allmählich zur vollen Dosis ansteigt.

Während das Salvarsan jetzt fast nur noch intravenös in verdünnter Lösung und nur ausnahmsweise konzentriert intramuskulär angewendet wird, stehen uns für die Einverleibung des Quecksilbers eine ganze Anzahl von Methoden zur Verfügung.
Bitte beachten: Das Buch ist von 1913!

In erster Reihe wären zu nennen die perkutanen - Bäder mit Sublimat, die bei intakter Haut nur in Form des Gärtnerschen Zweizellenbades wirksam sind, dagegen bei größeren Epitheldefekten, wie sie bei hereditärer Lues häufig vorkommen, oder bei Ulcerationen neben der lokalen eine gute Allgemeinwirkung entfalten; zyklisches Einbinden mit Quecksilberpflaster, besonders bei Kindern gebräuchlich, Einpinseln mit Kalomel-Traumaticin, Räucherungen mit Kalomel und besonders die beste und sicherste Methode: die Schmier- oder Inunktionskur. Man verwendet dazu das offizinelle Ungt. Hg. ciner., Quecksilbervasogen oder -seifen sowie schließlich die durch Sauberkeit und leichte Resorbierbarkeit ausgezeichnete Resorbin - Quecksilbersalbe, die alle 33% metallisches Hg enthalten. Die Einreibungen, bei Kindern mit 1/2 bis 11/2g, bei Erwachsenen mit 3-5g täglich, werden nach Sigmunds Vorgang in zyklischer Weise vorgenommen, d. h. es wird an jedem Tage je ein Körperteil eingerieben, so daß in 6 Tagen fast der ganze Körper mit der Salbe bedeckt ist; am 7. Tage wird ein Seifenreinigungsbad genommen. Bei den am besten vom Patienten selbst vorgenommenen Einreibungen wird je 1 g Salbe 5 Minuten lang, hauptsächlich an den von Haaren freien Stellen verrieben. Zu einer vollen Kur, die bei kräftiger Ernährung unter Kontrolle des Körpergewichtes vorzunehmen ist, gehören 30 - 36 Einreibungen; während der ganzen Kur wird die Unterwäsche nicht gewechselt.

Um die Unbequemlichkeit der Schmierkur, bei welcher die Hg-Resorption zumeist durch die Atmung erfolgt, zu vermeiden, hat man versucht, diese Kur durch Einklatschungen, Einstreichen mit grauer Salbe, durch Tragen eines mit metallischem Quecksilber imprägnierten Schurzes (Merkolintschurz) oder einer Quecksilbermaske, die während der Nacht aufgelegt wird, zu ersetzen, doch steht die Wirkung dieser Methoden einer gut durchgeführten Schmierkur entschieden nach; nur zu einer milden Nach- oder Vorbehandlung ist der Merkolintschurz mit Vorteil zu verwenden.

Von den intern gebrauchten Hg-Präparaten ist nur das Kalomel, besonders bei hereditärer und infantiler Lues, in kleinen Dosen sowie das Hg. oxydulat. tann. in Pillen von 0,1 g (2mal täglich 1 Pille), zu empfehlen; bei Durchfällen setzt man etwas Tannin oder Op. pur. 001 auf die Pille zu. Die interne Behandlung ist nie der Schmierkur gleich zu bewerten.

Wegen ihrer Bequemlichkeit und Sauberkeit, sowie wegen der sicheren Wirkung erfreuen sich die Quecksilberinjektionen großer Beliebtheit. Von den gelösten Hg-Salzen ist das gebräuchlichste das Sublimat in Form der Müller-Sternschen Lösung (1 Sublimat, 2 - 10 Kochsalz auf 100 Wasser), wovon täglich 1 Pravazsche Spritze injiziert wird - Injektionen größerer Mengen mit längeren Pausen rufen leicht Intoxikationserscheinungen hervor. Bequemer, weil mit größeren Intervallen zu verabreichen, und wirksamer sind die Injektionen mit ungelösten Hg-Präparaten, von denen die Kalomelinjektionen (Rp. Calomel. vapore parat. 1,0; 0,1. Oliv. sterilis. 9,0; jeden 4. Tag 1/2 Spritze, wenn ohne starke Reaktion vertragen, jede Woche eine ganze Spritze, für eine Kur reichen 5 ganze Injektionen (noch mehr zu empfehlen, weil weniger schmerzhaft, ist das 40% ige Neissersche Kalomelöl, das mittels der Barthelemyschen Spritze injiziert wird; jeder Teilstrich enthält 1 cg Jodipin, entweder intern 3mal täglich ein Kinderlöffel des 10% igen Präparates oder subkutan, was viel wirksamer, jeden Tag eine Injektion von 10g des 25% igen Jodipins bis zum völligen Schwund aller Symptome. Gleichzeitig oder nachher sind auch in der Spätperiode Quecksilber- resp. Salvarsankuren vorzunehmen. - In einzelnen besonders resistenten Fällen von Spätsyphilis der Knochen oder innerer Organe werden gute Erfolge erzielt mit der Zittmannschen Kur, besonders bei Anwendung der alten Vorschrift:
Morgens 300 g Decoct. Zittmanni fortius (mit Kalome bereite heiß getrunken, darauf mehrstündiges Schwitzen, nachmittags 300g Decoct. Zittmanni mitius kalt. Gerade in solchen, gegenüber Jod und Quecksilber besonders hartnäckigen Fällen wirkt übrigens das Salvarsan geradezu spezifisch.

Die Abheilung syphilitischer Erscheinungen wird sehr beschleunigt durch eine entsprechende lokale Behandlung: Papeln und Pusteln werden am besten mit Quecksilberpflaster beklebt, bei dem papulo-squamösen Syphilid der Vola manus und Planta pedis nach Entfernung der dicken Hornschicht durch mazerierende Salben oder Pflaster; die breiten Condylome schwinden sehr rasch nach Aufpinseln eines Breies von Kalomel und Salzwasser. Geschwüre der Haut werden mit Kalomel bepudert, bei starker Sekretion mit feuchten Sublimatverbänden bedeckt oder mit Jodoform bestreut.....

Wenn man das liest, ist es doch schön zu wissen, daß die Medizin einige Irrtümer doch erkannt hat.
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Auch Wismut
Bismut (auch: Bismuth, Wismut oder Wismuth) ist ein radioaktives chemisches Element im Periodensystem mit dem Symbol Bi und der Ordnungszahl 83. Es wird im Deutschen zumeist als Wismut bezeichnet, doch ist der Name Bismut seit 1979 auch hierzulande fachsprachlich offiziell. Die Radioaktivität natürlichen Bismuts ist so gering, dass sie erst 2003 nachgewiesen wurde.
Bismut - Wikipedia wurde zur Behandlung von Lues verwendet:
Tetenberg, H., Über Mundschleimhautveränderungen bei d. Wismut-Behandlung d. Lues;
lues, wismut (Volltextsuche) gefunden bei Antikbuch24


Sodann ließ er kurzentschlossen sowohl die Waisenkinder als auch die skabiösen Patienten mit Schwefelsalbe einreiben und sie auf getrennten Lagerstätten ("Strohsäcken") unterbringen. Obwohl die Schwefelkur (bei den Skabiösen) einen prompten Erfolg bewirkte, wurde Struensee, wie er es in einem Aufsatz 1760 selbst schildert, wegen seiner "höchst gefährlichen und der Arzneywissenschaft widersprechenden Behandlung, die ein Ausscheiden der materia peccans aus den verdorbenen Säften verhindert", heftig angegriffen (9). So schrieb z. B. der hochangesehene Johann August Unzer in seiner vielgelesenen medizinischen Wochenschrift "Der Arzt" voller Empörung:
"Es giebt Ausschläge der Haut, welche nicht zurückgetrieben werden können, ohne die Kranken in Lebensgefahr zu stürzen. Die Krätze, die Finnen (Pickel) oder der Kopfgrind (Favus) sind von dieser Art. Ein böser Geist beeinflußt das niedere Volk, diese Ausschläge mit Schwefel, Quecksilber und anderen gefährlichen Mitteln zu vertreiben. Von der zurückgetriebenen Krätze sieht man allzu oft, was die Beobachter aller Zeiten schon davon haben entstehen sehen, nämlich Schlagflüsse, Verlähmungen, Schwindsucht und lauter solche Krankheiten, welche bald oder später tödten." (10)
Stefan Winkle

Uta
 
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