Motivationslosigkeit

Hallo Geri1,

Das Wichtigste in einer Beziehung sind Liebe und Respekt, gegenseitige Achtung und Übereinstimmung in wichtigen Bereichen, sich wohl fühlen miteinander und Liebe füreinander zu empfinden. Genau das hast du ja im Grunde beschrieben. Es fehlt also eigentlich augenscheinlich nichts wesentliches, das eine Partnerin dir geben könnte.

Eigentlich ein Glücksfall.

Nicht alle unsere Bedürfnisse können und müssen vom oder zusammen mit dem Partner erfüllt werden. Demnach ist es in diesem Fall vielleicht der falsche Ansatz, die Defizite oder Hinderungsgründe mit der Beziehung zu verknüpfen und diese in Frage zu stellen.

Bei mir war es ganz anders. Nichts hat gepasst, außer der gefühlten Liebe. Es waren andere, schwerwiegende Defizite in starker Ausprägung, die mich sehr unterdrückten und die Beziehung gekillt haben, vielmehr erst gar keine gute entstehen ließen. Auch spätere gemeinsame Aktivitäten zur Rettung der Ehe waren nicht erfüllend. Wenn es an der Basis fehlt, ist alles andere nur Kosmetik

Ich war schon entlastet allein durch den Ausstieg aus dieser Lebenslage, obwohl sich existentielle Probleme dadurch auftaten. Erst dann konnte ich wieder oder überhaupt erst Ich Selbst werden, und im Anschluss ergaben sich die anderen Benefits, die einen nicht unwesentlichen Teil meines Selbstverständnisses ausmachen. Dazwischen, zwischen der destruktiven Beziehung und der konstruktiven Entwicklung danach lag eine Zeit der Erholung und des zu mir Kommens, die dann in eine gefühlte Leere mündete. Erst dann begann ich, mich tatsächlich zu entfalten und den nun leeren, weil entstressten Raum mit dem auszufüllen was wirklich zu mir passt. Ohne das Ende der Beziehung wäre das nicht geschehen, ich wäre also nicht wirklich glücklich geworden, wenn mein damaliger Wunsch, die Beziehung zu verbessern erfüllt worden wäre. Sie wäre erträglich geworden, aber nicht erfüllend, und ich hätte zu viele Zugeständnisse gemacht. In der Rückschau bekommt alles eine andere Bedeutung. Was man als schlecht empfunden hat, entpuppt sich als gut.

Wenn die Basis einer Beziehung gut ist und man sonst keine Defizite oder Belastungen verspürt, dann sieht es doch gleich ganz anders aus. Man könnte Soll und Haben ermitteln und zu dem Schluss kommen, dass gar nicht soooo viel fehlt. Entscheidend ist, wie essentiell das Fehlende ist. Und inwieweit es tatsächlich mit der Partnerschaft zusammenhängt, bzw. die Ergänzung des Fehlenden mit der Partnerschaft kollidieren würde.

Ich hatte Glück, denn ich habe später einen Partner gefunden, mit dem ich viele Übereinstimmungen hatte, der sich für MTB, Berge, Zelten und Paddeln interessierte und mit dem es viele Übereinstimmungen in Sachen Alltagsanschauung gab. Ich konnte regelrecht nachtanken was in den Dekaden vorher Dauermangel war, auch hinsichtlich des Umgangs miteinander und der Kommunikation, zumindest in den Belangen des täglichen Lebens und seiner Erfordernisse. Vieles wurde ausgeglichen.

Ich habe mal gelesen, in jeder Beziehung kommt irgendwann der Zeitpunkt wo sich entscheidet, ob man enger zusammen rückt oder nicht. Passiert dann nichts, hat eine solche Beziehung entweder keinen Bestand oder sie wird, zumindest für einen, unbefriedigend. So war es auch hier, und es gab keine emotionale Vertiefung, sprich, es fehlte die gefühlte Liebe, die über eine sehr gute Freundschaft hinaus ging. Zudem empfand ich zunehmend den fehlenden Tiefgang in den Gesprächsthemen, die über Alltagsthemen nicht hinaus gingen als Defizit. Deswegen löste sich diese Beziehung fast wie von selbst nach einigen Jahren auf. Alles andere hatte gepasst. Es gab keinen Streit und über Konflikte konnte man gut reden, obwohl es kaum welche gab. Weil, wo keine sonderlichen Emotionen im Spiel sind auch keine sonderlichen Konflikte entstehen. Alles konnte pragmatisch angegangen und sachlich besprochen werden.

Auch ein Glücksfall, aber am Ende fehlte halt doch was. Es besteht aber weiterhin ein guter Kontakt und gemeinsame Freizeitaktivitäten, halt in Form einer sehr guten Freundschaft.

Das Problem, jemanden passendes für gemeinsame Freizeitaktivitäten zu finden hat man auch ohne Gruppenallergie. Es gehört ja auch eine gewisse gleiche Wellenlänge dazu, damit es wirklich Spaß macht, eine Art Gleichklang. Ich bin auch schon mit Gruppen gefahren, aber im Pulk zu fahren macht mir persönlich keinen Spaß. Gerade weil es meistens Männer sind, die noch dazu beweisen müssen wie fit sie sind, fahren sie einem immer vor der Nase herum und verstellen die Aussicht auf die schöne Landschaft. Nichts gegen knackige, Lycra behoste Männerhintern an sich. Nur geht es mir halt nicht nur um Leistung sondern um das Gesamterlebnis, um das Feeling. Falls ich überhole beginnt die Hatz, denn das geht ja schon mal gar nicht. Für einen Mann dürfte das noch schwieriger werden, denn da darf man ungestraft weder zu unfit sein und zurück fallen noch überholen. Das ist nun etwas überzeichnet, aber im Kern durchaus so.

Bestimmt gibt es auch Gleichgesinnte, mit denen man gut kann, aber die findet man auch nicht an jeder Straßenecke, genauso wenig wie das Optimum, den passenden Deckel für sich, zumal wenn man ein etwas älterer Topf mit nicht mehr ganz so akkuraten Konturen ist.

Dass man zu müde ist, um sich am Wochenende zu großen Unternehmungen aufzuraffen kann ich auch gut verstehen. Vielleicht kannst du ja deine Freundin für etwas begeistern, das ihr Ruhebedürfnis und ein schönes Outdoorerlebnis unter einen Hut bringt. Nirgends kann man sich besser erholen als in der Natur, und moderate Bewegung ist wichtig für eine gute Regeneration. Was anderes wäre es, wenn sie per se nicht interessiert ist an solchen Aktivitäten.

Eine kleine Paddeltour auf ruhigem Gewässer etwa ist nicht anstrengend. Je nach Ziel kann man auch mal erst am späten Vormittag oder mittags loslegen. Man kann sich treiben lassen, an beliebiger Stelle in unberührter Natur anlegen, ein Picknick mitbringen oder sein Lieblingsbuch lesen. Als Frau kann man auch gerne mal den Mann alleine paddeln lassen und einfach nur die Füße ins Wasser hängen lassen. Es werden an geeigneten Orten Kanus verliehen, meist mit Rückholservice, man braucht also kein eigenes Boot.

Und wer lieber jagt und auch in der Freizeit eine Aufgabe braucht, der könnte Geocachen. Es gibt sehr viele in wunderschöner Landschaft gelegte, kleine oder größere Runden, die hervorragend als Tourenplaner fungieren, und die man auch im Spaziertempo machen kann. Für mich war das die Motivation, auch in Zeiten wo ich eigentlich zu erschöpft war, mich zum raus gehen zu motivieren. Man braucht nix planen, nichts organisieren, man muss einfach nur die Koordinaten anfahren und los gehen. Dank GPS kann man sich nirgends verlaufen und kommt an schöne Plätze, die man sonst nicht gesehen hätte. Das suchen nach dem versteckten Cache macht das Ganze kurzweilig und beschert ein anschließendes Erfolgserlebnis. Man kann es zu Fuß oder mit dem Rad machen, und sogar an Bergtouren wurden schon Geocaches "verlegt".
Gerade weil das suchen von in der Landschaft versteckten Dosen völlig sinnfrei ist, ist es besonders erholsam, und es bietet Ablenkung und Erfolgserlebnisse.

Es gibt vielleicht einen Weg, etwas zu installieren, was deinen und ihren Bedürfnissen entgegen kommt. Das Weitere ergibt sich dann meist. Man kann mit kleinen Schritten anfangen, und dann wächst es sich aus. Vielleicht trifft man auf Gleichgesinnte oder die Freundin findet Gefallen daran und gönnt sich mehr Freiheiten.

Weiß sie denn schon, wie wichtig dir das wäre? Oder ist sie prinzipiell nicht der Typ für so was?

Möglicherweise kommen auch noch andere Aspekte auf den Prüfstand, etwa solche die die Organisation der Beziehung betreffen, nicht die Qualität. Könntest du das Bedürfnis nach mehr gemeinsamem Erleben, auch im Alltag haben? Nach einem gemeinsamen Feierabend, auch ohne viel unternehmen zu müssen? Nach Austausch und Anwesenheit, Berührung und Interaktion, was Telefonate nicht ersetzen können? Nach Beziehung eben, nicht nur Partnerschaft? Nach weniger Distanz und mehr Nähe? Nach mehr Spontaneität und weniger Organisation? Nach mehr gemeinsamer Zeit oder mehr qualitativ nutzbarer gemeinsamer Zeit, also nicht nur die Zeit in der man sowieso schon erschöpft ist?

Solche Fragen könnte man sich stellen, um heraus zu finden wo kleine oder größere Kurskorrekturen Lebensfreude bringen und die Lebensqualität verbessern können, und wie diese aussehen könnten. Oder wo die Gründe liegen, die das verhindern. Vielleicht steht ja auch eine ganz neue Aufgabe an. Etwa sich an andere Menschen heran zu trauen und es doch mal mit einer Fahrradgruppe oder im Kanuclub zu versuchen.

Sobald man den Druck herausnimmt, dass mit einer Veränderung, oder besser gesagt mit einer Anreicherung des Lebens um die defizitären Komponenten auch gleichzeitig die Beziehung gefährdet ist, ist man freier in den Betrachtungen und kann es vielleicht viel besser erkennen oder traut sich eher, seinem Gefühl zu vertrauen. Selbst wenn es dann doch Aspekte gäbe, die die Beziehung in Frage stellen, kann man dies besser erkennen, wenn die Beziehung bei allen Überlegungen erst einmal nicht zur Disposition steht, sie also eine Art Statusschutz erhält.

Eine gemeinsame Outdoorwochenendtour wäre, wertfrei gesehen und das moralinsaure Mann-Frau-Gedöns mal außer Acht gelassen, immer eine verlockende Aussicht, aber ganz schön anstrengend für dich. Nicht weil ich so fit bin (war ich mal, bin ich nicht mehr oder noch nicht wieder). Aber du müsstest deine ganze Ausrüstung mit duftstofffreiem Waschmittel entduften und dürftest kein Rasierwasser benutzen, kein beduftetes Deo oder Shampoo verwenden und müsstest deinen Rotwein alleine trinken. Letzteres wäre sicher kein Problem, nehme ich an, aber der Rest erfordert schon Opfer.

Liebe Grüße
Lealee
 
Liebe Lealee

Ja, das Opfer mit der Duftstofffreiheit wäre in der Tat sehr gross, ich wüsste nicht mal, wie ich das bewerkstelligen sollte und wofür das gut ist. Ausserdem, würde ich meiner Partnerin sagen, ich gehe jetzt mit einer Frau, die ich in einem Forum kennen gelernt habe auf eine Wochenendtour, das käme wohl eher nicht gut an.

Wie immer sind Deine Analysen messerscharf und treffen meine bisherigen Analysen haargenau. Bist Du eigentlich Psychologin? Wenn nicht, wärst Du extrem gut in dem. Glaub' mir! Meine Psychologin von vor 35 Jahren war extrem sensibel und konnte Situationen sehr schnell analysieren und auf eine gute Art ausleuchten. Ich könnte mir vorstellen, dass Du jeden im Streit verbal in kleinste Scheibchen zerlegen kannst und es wenig Menschen gibt, denen Du nicht gewachsen bist.

Du hast richtigerweise Beziehung und Freizeitaktivitäten mit dem Seziermesser getrennt. Hmm... eine Liebesbeziehung führt aber nicht selten zu einer Familie. Hat man aus x-welchen Gründen auch immer aber keine Kinder, dann bleiben eigentlich nur noch die Freizeitaktivitäten. Sex hat man ab einer gewissen Beziehungsdauer und einem gewissen Altern eh nicht mehr, die Denkweise des andern ist ebenfalls hinlänglich bekannt, bleiben wieder die Freizeitaktivitäten übrig. Fühle ich einmal ohne den Kopf einzuschalten in mich hinein, sagt mein Bauch zu 50%, dass das Auflösen der Beziehung ein Befreiungsschlag wäre und die anderen 50% sagen stopp, dann bist Du den Rest des Lebens alleine, denn nochmals eine halbwegs tolerante und passende Partnerin zu finden wird schwierig, ausserdem ist meine derzeitige Partnerin finanziell unabhängig, so dass wir uns sehr viel früher pensionieren lassen könnten und ausserdem würde eine Trennung weder von Freunden noch von Bekannten noch von Verwandten verstanden. Es ist auch viel Wert und macht vieles einfacher, wenn eine Partnerin, ein Partner in der Gesellschaft ankommt und akzeptiert ist. Ich hatte früher mal gesagt, in einer Beziehung müssen 95% stimmen und mit den restlichen 5% muss man leben können. Der Meinung bin ich nach wie vor. Wir sind mittlerweile vielleicht bei 80% gelandet, um eine Zahl in den Raum zu werfen.

Das mit einem "flachen" Einstieg in Freizeitaktivitäten wie Wandern und Velo oder Schlauchboot fahren habe ich schon gemacht, hatte auch einen gewissen Erfolg damit, habe sie nie überfordert, so dass sie stets Spass gehabt hat mitzukommen, aber beim nächsten Mal musste immer wieder die gleiche Überzeugungsarbeit geleistet werden, nichtsdestotrotz spricht sie bei Verwandten und Bekannten natürlich genau immer stolz über diese Erlebnisse...

Aber Du hast natürlich wieder messerscharf gedacht und natürlich recht damit, dass wenn ich meine Freizeitaktivitäten nicht mit anderen Leuten ausüben kann, das nicht zwingend an der Beziehung liegt, sondern daran, dass ich unfähig bin passende Leute zu finden. Und da liegt das Problem tatsächlich, womit wir wieder bei früheren Beiträgen angelangt sind, wo es um Einsamkeit und Unfähigkeit ging, Beziehungen zu knüpfen. Damit ist der Kreis eigentlich geschlossen. Problem ist (eigentlich schon Jahre) bekannt, aber es gelang mir nicht es zu lösen. Damit sind wir wohl am Ende eines langen Threds angelangt und ich möchte Dir ganz herzlich für Deine Zeit und Mühe danken.

Was mich noch interessiern würde, was ist an Duftstoffen eigentlich so schädlich für Dich? Fast jedes Shopping Center beginnt mit einer Parfumerie und mit einer grossen guten Duftwolke. I'm lovin' it!

Was Deine Beziehungen anbelangt, gehst Du vermutlich in eine ziemlich ähnliche Richtung wie ich: 95% müssen am Anfang stimmen und Du siehst, das ist dann plötzlich gar nicht mehr so einfach zu finden. Anyway, das Leben ist und bleibt ein Kompromiss und man wird nie alles haben! :wave:

Herzliche Grüsse
Geri
 
Lieber Geri1,

da hast du Recht, man kann im Leben nicht alles haben, und oft stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass es manchmal sogar besser ist so. Mir hätte z. B. die gewünschte Anschaffung neuer Möbel und eines fabrikneues Autos sehr geschadet, weil ich unter einer Chemikaliensensibilität leide. Das wusste ich zu dem Zeitpunkt jedoch nicht, und so kann ich nur von Glück sagen, dass ich es mir gar nicht leisten konnte. Ein Mangel kann also manchmal auch ein Segen sein.

Das ist übrigens auch der Grund für die Duftstoffproblematik. Wenn man erst einmal gezwungen ist, sich dieser Thematik zu stellen, dann ist es aber auch kein sonderliches Problem mehr, vorausgesetzt man genießt gewisse Freiheiten. Etwa dass man sich nicht in bedufteten Malls herumtreiben muss oder in Meetings mit bedufteten Menschen. Für den Rest findet man Lösungen. Blöd ist halt, wenn man am nächsten Tag umso kränker ist, je länger man sich am Abend vorher in seinem Wohnzimmer ausgeruht hat, und wenn dann kein Geld da ist für die nötigen Maßnahmen, weil man auch immer kränker wird je mehr man arbeitet und lange Erholungszeiten nötig sind.

So hat alles seine individuelle Bedeutung im Leben eines Menschen, und man kann oft nicht von dem einen automatisch auf das andere schließen, und schon gar nicht von einem Menschen auf den anderen.

Ich bin keine Psychologin sondern arbeite in einem kreativ-handwerklichen Dienstleistungsberuf. Daher bin ich es gewohnt, Dinge neutral und wertfrei zu betrachten und den Wert zu erkennen, den es hervorzuheben gilt. Und diesen dann in das Bewusstsein der Kunden meiner Auftraggeber zu transportieren, auf verschiedenen Wegen. Da muss man auch hinter die Fassaden blicken und erkennen, wo sich die Auftraggeber manchmal mit ihren Vorstellungen selbst begrenzen. Oder über- bzw. verschätzen und an ihren potentiellen Kunden vorbei kommunizieren.

Hauptsächlich bin ich aber durch viele tiefe Täler gegangen und habe dabei einiges erfahren.

Vielen Dank für dein schönes Kompliment :fans:, vielleicht sollte ich noch einmal das Fach wechseln auf meine alten Tage. ;)
Ich denke, ich kann mich einfach nur gut in andere Menschen hineinversetzen und besitze eine gewisse Dosis Empathie, die urteilsfreie Betrachtung ermöglicht solange ich in eine Sache nicht selber stark emotional verwickelt bin. Meine Devise ist "Leben und Leben lassen", und ich streite mich eigentlich nie mit jemandem. Jeder hat ein Recht auf seine Ansichten und Befindlichkeiten, warum sollte ich das in Frage stellen, zumal ich dieses Recht ja auch für mich in Anspruch nehme. Deswegen zerlege ich auch andere Argumente nicht sondern ich lege meine dar. Man kann nichts erzwingen, in wichtigen Fragen debattiert man sicherlich, und ich kann gut die schwachen Argumente von Leuten verhackstückeln, die mich übervorteilen oder Leistungen billig haben wollen, und mir dabei ihren Profit an mir als meinen Vorteil verkaufen wollen. Das war aber dann vorher schon Hackfleisch, das einem nur als Braten präsentiert werden sollte.

Man muss aber schon unterscheiden zwischen geschäftlichen Überlegungen, wo es darum geht vorhandenes Potential richtig einzuschätzen, zu nutzen und so zu kommunizieren, dass es die richtige Zielgruppe erreicht und nicht irgendeine.

Und zwischen persönlichen Angelegenheiten, wo es darum geht heraus zu finden was einem wirklich wichtig ist, worauf man nicht verzichten möchte oder kann, und was einem noch fehlt zu seinem Glück oder zur Abwendung von Unglücklichsein. Da spielen ja auch Ängste und ein Sicherheitsbedürfnis mit. Vertrauen in das Leben an sich und in die Richtigkeit der Impulse, die aus unserem Herzen und aus dem Bauch kommen wird in unserer zivilisierten Welt ja nicht gerade gefördert sondern ist uns regelrecht aberzogen worden.

Und das ist ja der eigentliche Punkt: was will man WIRKLICH?

Was du willst, das kollidiert offensichtlich mit deinem Status quo, zumindest zu 50 %. Ein Prozent mehr, und die Waage würde kippen. Also Grund genug, der Sache auf den Grund zu gehen.

Der Bauch ist unser zweites Gehirn, deswegen sollte man ihn tunlichst nicht ignorieren. Soviel habe ich gelernt, und auch, dass meine allerersten Impulse, die meine Intuition mir sendet noch bevor sich das Hirn einschaltet immer die richtigen waren und sind. Das hat sich oft erst später gezeigt, wenn der Weichensteller im Kopf bereits seine Arbeit getan hatte und ich erkannte, dass der erste Gedanke wirklich der richtige war, während ich wieder mal zielsicher den Griff ins Klo gewählt hatte. Nachdem ich das begriffen hatte, achtete ich darauf und wurde von mancher Pleite verschont. Obwohl es schwer fiel, etwa einen bitter benötigten Auftrag abzulehnen tat ich es doch, weil mein erster Impuls ein deutliches nein war, obwohl faktisch alles dafür sprach. Einige Monate später wanderte der Auftraggeber ins Gefängnis und war übrigens schon lange Pleite. Ich hätte viel investiert und nie einen Cent gesehen. Auch in persönlichen Angelegenheiten gab es die Erfahrung, dass die Intuition mich gut leitete und sich die Dinge dann unvorhersehbar gut entwickelten. Daher würde ich heute solche Empfindungen nie übergehen, denn sie kommen aus unserem Innersten und versuchen sich Gehör zu verschaffen. Das tun sie nicht aus Langeweile sondern weil sie wichtig sind.

Warum etwa würdest du ein Ende der Beziehung als Befreiungsschlag empfinden? Das ist ja schon deutlich mehr als dass nur ein bisschen was fehlt.

Findest du es wirklich prima, keinen Sex zu haben und nichts neues mehr aneinander zu finden weil man sich lange kennt und die Denkweisen bekannt sind?

Ist man mit 55 alt?

Ist eine frühe Pensionierung ein Garant für späteres gemeinsames Glück, wenn es jetzt schon in Langeweile gemündet ist?

Reicht es toleriert zu werden in einer Partnerschaft? Oder möchte man nicht auch geliebt und auch ein bisschen ergänzt werden?

Müssen Freunde und Bekannte verstehen was man mit seinem Leben macht oder möchte man nicht lieber Herr seiner eigenen Lebensentwürfe und darin unbeeinflusst sein?

Bitte nicht falsch verstehen. Das sind nicht Fragen, die ich an dich stelle sondern die ich mir stellen würde, wäre ich in deiner Situation.

Der eigenen Intuition zu vertrauen, das meinte ich in einem früheren Beitrag damit, dass man sich auch mal was trauen muss.

Man kann nicht ewig gegen seine Natur lebe ohne letztendlich daran Schaden zu nehmen. Und sei es nur das verlorene Glück, das man haben hätte können, wäre man nur nicht vor allen möglichen Hinderungsgründen in die Knie gegangen.

Ich rede mich leicht, ich bin allein und damit einigermaßen glücklich, habe noch Spaß am Leben, obwohl es noch viel zu verbessern gibt und fühle mich nicht alleine. Eine Beziehung ohne liebevolle Zuwendung, ohne den beiderseitigen Wunsch und die Möglichkeit Zeit miteinander zu verbringen, ohne gemeinsame Freizeitaktivitäten und ohne sich austauschen zu können wäre für mich nicht verlockend. Dafür würde ich meine Eigenständigkeit, auch die emotionale nicht aufgeben, selbst wenn sich dafür materielle Sicherheit anböte. Nichtsdestotrotz ist mir klar: steckt man erst mal drin, ist es nicht so leicht es wieder aufzulösen, v.a. wenn man sich schon so gut darin eingerichtet hat.

Bei der Vorstellung von einer Partnerschaft sind meine Anforderungen allerdings nicht sehr präzise. Mir käme es mehr auf das gute Gefühl miteinander an als auf Äußerlichkeiten. Ich würde nicht meinen, dass 95 % passen müssen. Es reichen vielleicht auch nur 51 %, wenn es die richtigen Anteile sind. Anteile, denen ich mehr Gewicht zumesse als anderen. Auf o. g. könnte ich etwa schlechter verzichten als auf manch anderes, das vielen Menschen wichtig ist. Ich würde die Freizeitaktivitäten nicht mit jemand anderem kompensieren wollen, wenn ich einen Partner habe. Dafür hätte ich kein Problem damit, wenn mein Partner anders denkt als ich solange die Denkweisen nicht kollidieren oder eine gemeinsame Realität verhindern. Man kann sich ja auch austauschen ohne alles gleich zu sehen. Oft ergänzt man sich ja gerade wegen der Unterschiede gut. Mit einem Streithansel könnte ich nicht leben, selbst wenn sonst alles passen würde. Mit einem konfliktscheuen Menschen, der alles aussitzt und jede notwendige Absprache gleich zum Konflikt umdefiniert ebenso wenig. Ich könnte genauso nicht mit jemandem leben, der ständig an mir dran hängt wie mit einem, der immer was besseres zu tun hat und nur zur Bedürfnisbefriedigung erscheint.

Da man ja all diese Dinge, und auch die Auswirkungen auf die eigenen Befindlichkeiten vorher nicht wissen kann hilft nur eins: es auszuprobieren oder es sein zu lassen. Egal was. Ausloten geht nur bis zu einem gewissen Punkt, und selbst da kann man sich ganz schön täuschen. Und dann enttäuscht werden, denn Enttäuschung ist ja nichts anderes als die Aufhebung einer Täuschung.

Summa summarum habe ich das Gefühl, dass dir der eigentliche Hinderungsgrund, die vermeintliche Unfähigkeit, Beziehungen zu knüpfen und das Einsamkeitsgefühl nicht nur bekannt ist sondern auch dein einzig vernünftiger Lösungsansatz sein könnte. Dafür zeigt sich aber keine offensichtliche Lösung und es erscheint aussichtslos. Ein scheinbares Dilemma.

Es gibt keine Beziehungsknüpfkurse, und es gehört schon deutlich mehr dazu als nur ins Gespräch zu kommen und Beziehungen zu pflegen. Man muss erst mal jemanden treffen, an dem man tatsächlich interessiert ist und umgekehrt, und dann braucht man einen Anreiz um dran zu bleiben. Das spielt sich meistens auf einer unbeeinflussbaren Ebene ab: die Chemie stimmt, man ist auf gleicher Wellenlänge, man begeistert sich für dieselben Themen, man versteht sich eben gut. Das gilt auch für ganz normale Freundschaften. Die meisten Leute in unserem Alter haben aber bereits ein ausgefülltes soziales Umfeld.

Auch ich bin nicht gut darin, neue Kontakte zu knüpfen, die nicht berufsbedingt oder sonstigen Notwendigkeiten geschuldet sind. Man trifft halt sonst kaum Leute, wenn man nicht in einschlägige Treffpunkte geht. Gezielte Versuche diesbezüglich endeten mit der Erkenntnis, dass ich nicht einsam genug bin, um Gefallen an Leuten zu finden mit denen ich nichts anfangen kann.

Was anderes ist es, wenn die emotionale Distanziertheit so groß ist, dass man sich abseits von Allem fühlt, oder wenn man undefinierbare Ängste und Hemmungen hat, die einen hindern. Solche Empfindungen können durchaus einen physiologischen Hintergrund haben, und das ist häufiger der Fall als man denkt. Dann braucht man keinen Psychologen und kein Verhaltenstraining sondern die richtigen Maßnahmen, um die Störungen zu beheben.

Sowas habe ich selber erlebt. Ich hatte merkwürdige Unsicherheiten und Rückzugsbedürfnisse, Motivationslosigkeit und depressiv anmutende Schwere, und ich fühlte mich auch sehr einsam, aber das hat sich komplett geändert.

Man weiß heute um den Einfluss von hormonellem Ungleichgewicht, von Mikronährstoffdysbalancen und latenten Vergiftungen durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie durch Darmstörungen auf den Gehirnstoffwechsel und den Organismus, und letztlich die Psyche. Die Auswirkungen können latent wirken oder erheblich sein, weswegen es sich sicher lohnen kann, hier einmal nachzuforschen.

Es gibt m. Mng. nach für alles einen Grund und die allermeisten Probleme dürften grundsätzlich lösbar sein. Es gibt auch etwa sicher einen Grund, warum du keine Milchprodukte zu dir nimmst.

Auch dann wäre dieser Thread beendet und ich danke dir ebenfalls für anregende Impulse und die interessante Unterhaltung. Hat auch mir einiges gebracht. Nicht zuletzt wünsche ich dir von Herzen, dass du dein Problem gut lösen kannst, ungelöste verschaffen sich nämlich früher oder später und immer wieder den Weg ins Bewusstsein, je länger je lauter.

Wer weiß, vielleicht radeln wir uns mal zufällig über den Weg und wissen es gar nicht... :bier:

Viele liebe Grüße
Lealee
 
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Liebe Lealee

Auf so ein umfassendes Plädoyer muss ich mich doch noch einmal melden. Zumal ich feststelle, dass ich mich nicht immer ganz verständlich auszudrücken vermag.

Das mit den 95% bezieht sich natürlich nicht nur auf das Äussere. Wenn ich heute einen grösseren Gegenstand kaufe, um einen abwegigen Vergleich zu machen, überlege ich mir immer, wofür wird dieser Gegenstand zu 95% verwendet und welche 5% wären noch nice to have. Dann drehe ich das Argumentarium auf den Kopf und schaue darauf, dass mich in diesen 95% der der Fälle nichts stört. Oft erkauft man sich nämlich mit den letzten 5% derart viele Nachteile, dass sie einem rasch die Freude verderben. Beispiel Auto: sportlicher Motor, sportliches Fahrwerk, super... für 5% wo man das in der CH noch brauchen kann, aber in den restlichen 95% ärgert mich der laute Motor, und das harte Fahrwerk schiesst mir in den Rücken und nervt einfach nur.

Dann gibt es den Spruch: man kann nicht zu neuen Ufern, ohne die alten zu verlassen...! Es gibt Dinge im Leben, wie z.B. eine Beziehung, da kann man nicht eben mal ein paar neue "Ufer" ausprobieren und dann wieder zurück kommen und sagen, ja, anderswo ist's auch nicht besser, ich bleibe doch hier. Es gibt Strände, die sind verschwunden, wenn man sie einmal verlassen hat und da muss man vorher nicht nur den Bauch sondern auch das Gehirn etwas durchforsten. Meine Partnerin hat sehr viele liebenswerte und gute Seiten, wir haben einen guten Mix von Ergänzen und Gleichheit, das ist gar nicht so leicht zu finden. Und wie gesagt, ich habe ewig gebraucht und mit Heiratsinstitut, Inseraten, Vereinen und so weiter "gearbeitet", um überhaupt zu Kontakten zu kommen.
Das mit dem Sexleben liegt an mir, ich war zu lange alleine, als dass es mit Frauen wirklich funktionieren würde, ich hatte sogar schon bezahlten Sex mit jüngeren Damen versucht, klappt auch nicht, das liegt nicht an meiner Partnerin, oder zumindest nicht nur.

Du verblüffst mich übrigens immer wieder von Neuem! Frau, Kreativ und rationalses Denken. Du bist eine dermassen klare Denkerin, mich haut's vom Hocker, das war für mich bis jetzt ein einziger Widerspruch! Sorry dass ich das so sage. Aber Du hättest keine Freude an mir, ich arbeite in einer chemischen Fabrik und bin nicht nur angenehmen düften ausgesetzt, die bringt man auch nach Hause, das lässt sich (leider) nicht vermeiden.

Leben und leben lassen: ich habe diese Weisheit für mich noch etwas erweitert. Ich arbeitete viele Jahre in einem Grossbetrieb und hatte das Glück, Personen über eine grosse Zahl von Hierarchiestufen zu kennen. Irgend wann wurde mir etwas klar: es braucht alle Menschen auf dieser Welt. Es braucht den kreativen Quersenker, der sich in keine Schablone zwängen lässt, der die Ideen für neue Produkte generiert, es braucht den etwas gemässigteren Projektleiter, der aus den wirren Gedanken die machbaren Dinge herausfilter und sie strukturiert zu einem Produkt entwickelt. Es braucht den einfachen Arbeiter, der an der Maschine steht und den Krempel produziert, es braucht den eindimensional denkenden Buchhalter oder Qualitätsprüfer, der stur nach Vorschrift seinen Job macht, es braucht das Grossmaul, das den Plunder lauthals verkaufen kann und es braucht eine Führungsfigur, die den ganzen Haufen zusammen hält und gemeinsam in eine Richtung führt, aber auch das Wischteam, welches am Ende der Schicht den Boden aufnimmt, ist Teil eines Ganzen. So habe ich aufgehört über Menschen zu urteilen, es braucht die unterschiedliche Charaktere alle. So schlecht wie ich im Verkauf wäre, so schlecht könnte vielleicht jemand anders meinen Job machen.

Befreiungsschlag in Beziehung: da hast Du mich natürlich auch wieder mit Deiner gnadenlosen Analytik auf dem linken Fuss erwischt! Ich habe eigentlich grauenhafte Angst vor Einengung und Fremdbestimmung, und meine Partnerin ist vermutlich das Ideale, was es hier für mich gibt. Es stehen Änderungen an in den nächsten Jahren und das könnte bedeuten, dass wir zusammen ziehen und mein Bauch hat Angst davor, obwohl wir es auch im Urlaub immer gut zusammen haben. Umgekehrt hätte ich mindestens so viel Angst davor, nach einem Befreiungsschlag allein zu sein und weiss jetzt bereits, dass es kaum Beziehungen gibt, die offener sind wie unsere. Die Chancen den Griff ins Klo zu machen gehen gegen 99.9%.

Was ist mir wirklich wichtig? Ich hatte zu Beginn einmal gesagt, dass ich so weit alles was mir wichtg war, irgend wann in meinem Leben gehabt hatte und es für mich nichts mehr zu Jagen gibt. Somit bist Du einmal mehr zu der eigentliche Frage gekommen: was ist wirklich wichtig? Die Antwort ist frustrierend: NICHTS! Ob ich noch eine Beziehung mehr, ein anderes Auto, einen Tablet mehr habe, einen Berg mehr erwandert oder erradelt habe, ist mir wenn ich ehrlich bin, relativ egal, ja, ich könnte heute oder morgen abtreten, zurück blicken und sagen, ich hatte ein gutes Leben und es stimmt sogar (nein ich bring' mich nicht um!), aber mir kommt es manchmal so vor, wie wenn man bei einer Prüfungsaufgabe zu früh fertig war und sie vor der Zeit abgeben konnte, die Frage ist somit viel mehr, was macht man mit der gewonnenen Zeit? Scheinbar habe ich noch Zeit für etwas, aber für was? Ich bin kein Gutmensch, der sich Glücklich fühlt, wenn er in Schwarzafrika Suppe für arme Menschen kocht. Tönt doof, ist aber so.

Aber es macht mir unheimlich Spass mit Dir zu plaudern! Es ist schön Dich hier getroffen zu haben!

Herzliche Grüsse
Geri
 
Hallo lieber Geri,

auch mir macht es echt Spaß mit dir zu plaudern; umso mehr freut es mich, wieder von dir zu hören. :wave:

Wir sind uns im Denken über vieles nicht unähnlich, fast könnten wir uns vom selben Planeten aus hierher verirrt haben. Das macht es wirklich interessant. Bin immer gespannt, was du noch offenbarst in dem ich meine eigene Einstellung oder Erfahrungen wieder finde.

Ich finde nicht, dass du dich missverständlich ausdrückst und meine, ich hatte dich richtig verstanden. Das mit den Äußerlichkeiten war keineswegs auf deine Beziehung bezogen sondern nur auf meine allgemeine Vorstellung und von dem was mich betrifft. Was du an deiner Beziehung schätzt würde ich nicht gerade als Äußerlichkeiten bezeichnen.

Auch würde ich nicht dafür plädieren, die Beziehung zu beenden oder in Frage zu stellen. Vielmehr sollte die Intuition sich erst einmal Raum verschaffen dürfen, um dir zu zeigen, worauf es dir über das Erstrebenswerte hinaus ankommt und wo deine tief versteckten Ressourcen für neue Lebenserfahrungen stecken, was dir glückliche Momente beschert und was dich begeistert oder befriedigt. Das sind die wesentlichen Dinge, die kannst nur du selbst heraus finden und für gut befinden. Das dürfen auch ganz eigennützige Dinge sein, man muss nicht zwangsläufig andere beglücken um sich gut fühlen zu dürfen. Außerdem ist ein zufrieden und glücklich wirkender Mensch ein Segen für sein Umfeld. Ich bin schon aufgemuntert worden, nur weil mich ein wildfremder Mensch im Vorbeigehen angelächelt hat.

Lieber Geri, was du über die Vielfältigkeit der Menschen und ihre Bedeutsamkeit schreibst, das empfinde ich genauso. Nicht nur im Beruf sondern auch prinzipiell. Ich gehe auch noch so weit, dass ich sage, wir Menschen sind alle gleichwertig, völlig unabhängig von unseren Charakteren und Lebensläufen, sogar unabhängig von unseren Fähigkeiten und unserer sozialen Kompetenz, von unserer Kultur und unserer Stellung oder dem Nutzen in einer Gesellschaft. Da denke und fühle ich ganz christlich, aber auch eigennützig: auch ich fühle mich gleichwertig, unabhängig von dem was ich erreicht oder nicht erreicht habe. Ich habe gelernt, Menschen aller Couleur zu achten und ernst zu nehmen, selbst wenn ich sie mit Wahnvorstellungen in einer psychiatrischen Klinik antreffe. Das erweitert den eigenen Horizont um einiges.

Das bedeutet nicht, dass ich offen für alles bin indem ich mich von allem einnehmen lasse. Manchmal vertragen sich ja die Eigenheiten und Bestrebungen anderer mit den eigenen Interessen nicht. Es geht dabei nicht darum, andere gewähren zu lassen wie es ihnen gerade beliebt sondern sich von einer Sache abzugrenzen, und auch notfalls sich zu verteidigen, jedoch nicht das andere Anliegen per se für unrichtig, minderwertig oder ungültig erklären.
Zeitgenossen, die sich über andere stellen und dominieren wollen haben es allerdings nicht leicht mit mir. Ich bin jedoch nicht gnadenlos, ich grenze mich nur ab und kusche nicht.

Im Gegensatz zu dir habe ich rückblickend kein sonderlich gutes, aber immerhin auch kein langweiliges Leben gehabt bis jetzt. Leider oft auch ein angespanntes. Deswegen bin ich jetzt schon dankbar für etwas Entspannung und für die Verschnaufpausen. Ich hatte Phasen wo ich auch jederzeit abtreten hätte können und gerne wollen, wären da nicht meine Kinder gewesen, auch wenn sie schon groß waren. Der Gedanke, ich müsste bis ich 70 und älter bin noch aushalten erschien mir geraume Zeit fast als Strafe. Ich hatte das Gefühl, an meinem Prüfungsort überhaupt nicht erst anzukommen, sondern dass ich von einem Hinterhalt in den anderen gerate und Heckenschützen meinen Weg pflastern. Ich fühlte mich in einen ungewollten Krieg mit dem Leben verwickelt und hätte fast die weiße Fahne geschwenkt und kapituliert. Suizidgefährdet war ich nie, denn ich hätte echt Angst gehabt, dass ich dann noch mal herkommen und meinen Film abdrehen muss, egal an welchem Punkt ich die Bremse reinhaue.

Noch viel dankbarer aber bin ich für die Entwicklung, die ich den Stressoren und ihrer Bewältigung in meinem Leben verdanke, und für den Erkenntnisgewinn. Heute ordne ich vieles ganz anders ein und ich weiß, was mir wirklich wichtig ist. Gleichzeitig bin ich offener für neue Erfahrungen. Ich freue mich an kleinen Dingen, meine Glücksfähigkeit ist erheblich gestiegen. Und ich habe eine Aufgabe, wenn nicht sogar mehrere. Eine davon lautet: tue was dir gut tut solange du kannst und folge deinen Impulsen..

Just do it – but do it.

Lange Zeit wusste ich weder was mir wichtig ist, noch wofür das alles gut sein soll. Ich konnte allenfalls definieren was ich NICHT wollte, aber nicht was ich wollte. Mir ist erst sehr viel später klar geworden, nachdem ich immer mehr in die Defensive geraten und von den Ereignissen fast erschlagen war, dass es Zeit ist, sich innerlich auszurichten und zu justieren , und die Ereignisse erst einmal außen vor zu lassen soweit sich das machen ließ. Ich ließ es einfach zu und begann zu definieren wie ich mich fühlen wollte und nicht wie ich mich NICHT fühlen wollte. Ich versuchte nicht das Ereignis zu beeinflussen sondern wie es mir damit geht. Ich bat um Kraft und um Informationen, um die richtige Weichenstellung, um Hilfe und Unterstützung. Ich setzte mir kleine Ziele und fahndete nach Lösungen. Zuerst mit dem Kopf, das hat nicht so gut funktioniert. Einige Watschen später mit Loslassen und mit Intuition, das hat dann schon besser funktioniert, um nicht zu sagen grandios.

Da war ich platt. Erst nachdem ich die Ratio ausschaltete und aufhörte, das was passiert war abwenden und beeinflussen zu wollen wurde ich allmählich Herr der Lage. Ein vermeintlicher Widerspruch. Doch wenn man mit dem Kanu in eine starke Strömung kommt, regt man sich ja auch nicht darüber auf, dass es holprig wird und versucht die Strömung zu bekämpfen. Sondern man sucht die Ideallinie in der Strömung und weicht allenfalls Kollisionen mit Hindernissen aus. Sobald man sich quer stellt, kentert man.

In allzu ruhigen Gewässern hingegen kommt man nicht vorwärts ohne selber aktiv zu werden. Bemüht man sich nicht um ein Vorankommen, verweilt man immer auf demselben Fleck und in derselben Landschaft, und es wird langweilig. Auf einem Fluss ist es einfach, da hat man links und rechts ein Ufer und die Richtung ist klar: vorwärts bei starker Strömung, vorwärts oder rückwärts bei strömungsarmen Gewässern. Schwieriger ist es auf einem großen, ruhigen See. Da ist keine Strömung, man muss sich mühen, um voranzukommen und auch noch selbst eine Richtung finden. Man ist nicht gezwungen, in Bewegung zu bleiben, die Sinne erschlaffen, man scheitert vielleicht an den fehlenden Begrenzungen, die dem Auge ein Ziel und eine Orientierung geben.

So gesehen hatte ich es auf den zweiten Blick fast einfacher, auch wenn es meist stürmisch und unbequem war, und streckenweise höchst frustrierend und beängstigend. Ich wurde getragen von den Ereignissen, oder besser gesagt schon eher mitgerissen. Dafür musste ich mir nie Gedanken machen, was ich noch erreichen könnte. Erst mal ans rettende Ufer, das ist ein klares und einfach zu fokussierendes Ziel. Hat man es erreicht, ist man umso glücklicher.

Ich bin sicher: auch für dich gibt es noch etwas, das dir wirklich wichtig ist, nur dass du es offensichtlich noch nicht kennst. Vielleicht quält dich viel weniger die Frage nach dem "ob" als die nach dem "was". Gäbe es da nichts mehr, dann wärst du vermutlich nicht hier in diesem Forum. Du wärst vielleicht nicht unmotiviert sondern in etwa zufrieden. Du würdest dir solche Fragen nicht stellen.

Oder verhält es sich so wie Paul Watzlawick in seiner "Anleitung zum Unglücklichsein" beschreibt: es sei Zeit, mit dem Jahrtausende alten Ammenmärchen aufzuräumen, wonach Glück, Glücklichkeit und Glücklichsein erstrebenswerte Lebensziele sind, zumal sich Glück nicht einmal richtig definieren lässt. Und den Volksmund bemüht mit der Feststellung: Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen.

Man könnte meinen, den Menschen würde dann langweilig werden. Vielleicht sind es aber auch die diffusen Ängste für die man dann plötzlich ein offenes Ohr hat. Die sich dann einnisten in die unterbeschäftigten Regionen unseres wachsamen Warnsystems, sich aufblähen und uns einreden, das was wir erreicht haben könnte bedroht und nicht von Dauer sein, oder es könnte nicht genug sein. Oder es könnte sich was ändern, oder jemand könnte es uns nicht gönnen, oder wir würden es nicht verdient haben und die Strafe folgt auf dem Fuß.

Was uns wirklich anspornt ist doch die Aussicht auf bessere Tage.

Wir sind auf Entwicklung gepolt und nicht auf Ausruhen. Die Evolution duldet keine Stagnation, sie treibt uns immer weiter voran. Sonst würden wir nicht aufrecht gehen und stünden viel weiter unten in der Nahrungskette, falls es uns noch gäbe.

Und dann wäre da noch unsere eigentliche Aufgabe, nämlich uns zu erfahren und unserer Seele ihre Entwicklung zu ermöglichen. Überleben alleine reicht m. E. nicht; das würde für meinen Geschmack auch überhaupt keinen Sinn ergeben. Schon gar nicht, wenn Mensch intellektuell und seelisch dazu in der Lage ist, sich die Sinnfrage überhaupt erst zu stellen.

Das Paradies wäre kein guter Ort ohne die Harmonie der Seele, die aus sich heraus glücklich und zufrieden ist und keine offenen Bedürfnisse mehr hat.

Deine Angst vor Einengung und Fremdbestimmung kann ich gut verstehen, weil auch ich beides verabscheue. Ich fürchte mich aber nicht davor, denn meine Integrität ist nicht mehr bedroht von den Ansprüchen anderer Menschen. Sie können sie stellen, aber ich fühle mich nicht verpflichtet sie unbedingt zu erfüllen. So viel Egoismus gestehe ich mir zu, nachdem ich oft genug in die Röhre geschaut habe solange ich mich noch nicht genug abgrenzen konnte. Das mündet nicht automatisch in Konfrontation, denn seltsamerweise führt ausgerechnet diese innere Haltung dazu, dass man viel weniger mit solchen Situationen konfrontiert wird. Und wenn, dann reicht meist schon ein freundliches "das tut mir jetzt leid, aber..." Ich habe noch mehr Strategien im Repertoire, die mir helfen, spielend meine Freiräume zu wahren oder mir welche zu verschaffen. Lächeln ist die eleganteste Art, die Zähne zu zeigen.

Ängste kann man aber nicht einfach so wegwischen. Auch sie haben ihren Grund und ihre Ursache. Vielleicht in einer autoritären Erziehung und in einer als willkürlich erlebten Steuerung, was ja eher einer schlechten Erfahrung entspräche als einer echten Angst. Man könnte den Ängsten höchstens auf den Zahn fühlen und ihr wahres Bedrohungspotential erkunden. Mal unter die zwanzig Matratzen sehen durch die sie hindurchpieksen und erkennen, dass sich ein kleines, zittriges Ängstchen dort verbirgt und keine echte Bedrohung.

:schock:

Tu mir bitte nichts, ich tu dir auch nichts, würde sie vielleicht sagen, könnte sie sich artikulieren und würden wir sie lassen. Vermutlich möchte sie nur anerkannt werden. Die Angst ist ja nicht unser Feind sondern unser Retter. Sie bewahrt uns vor falschen Schritten, die uns das Leben kosten könnten. Oder vor der Wiederholung unerfreulicher Erfahrungen. Zumindest sind wir aufgefordert es zu überprüfen anstatt sie unterdrücken zu wollen. Man könnte einen Deal mit ihr machen: ich lasse dich da sein und überprüfe das, und du bläst dich dafür nicht so auf. Dann könnte man darlegen, wie viel Fremdbestimmung und Einengung einem tatsächlich droht mit einer Frau, die über Jahrzehnte eine offene Beziehung nicht nur duldet sondern lebt. Wie die Bedrohung real aussehen könnte, und wie man dem vorbeugen könnte. Wie viel Macht jemand anderes über einen überhaupt noch erlangen könnte, falls er es wollte. Oder ungewollt, wegen notwendiger Kompromisse. Oder wie du dich wieder aus dem Schlamassel befreien könntest, sollte sich deine Angst bewahrheiten. Quasi sich den Notausgang ansehen, einen Plan B schmieden, nur um die Angst nicht Lügen zu strafen und ihr einen Halt zu geben.

Man könnte die Angst fragen, ob es nur das Zusammenleben ist, das sie beschäftigt. Oder ob nicht auch der drohende Abschluss eines Lebensabschnitts dabei eine Rolle spielen könnte. Und der Einstieg in einen neuen, das Altern etwa. Das endgültige Ende der Expansion. Das Ende des Beschäftigtseins. Das Ende der Eigenständigkeit. Drinstecken und nicht mehr drauf schauen, oder so ähnlich. Das ist ja alles nicht zutreffend, aber Ängste können einem so was durchaus glaubhaft machen.

Oder etwa die Befürchtung, am Ende wieder alleine zu sein, sollte es doch nicht klappen mit dem Zusammenleben. Nach dem Motto: never change a running system.

Oder konfrontiert zu werden mit alten und gut verstauten, aber nicht entsorgten emotionalen Belastungen und Frustration?

Wenn ich in einer Lage bin in der ich mich mit Entscheidungen schwer tue oder die mir ausweglos erscheint, dann gebe ich die Kontrolle ab und lasse sich die Angelegenheit entwickeln. Das tue ich ganz bewusst, mit dem Auftrag "zu meinem Besten", und anschließend kümmere ich mich nicht mehr darum. Sobald sich darin etwas tut, macht es sich bemerkbar und ich nehme den Faden wieder auf. Das funktioniert immer. So nimmt man die eigenen Begrenzungen durch Denkmuster, Ängste oder fehlende Weitsicht aus der Angelegenheit heraus und lässt es in Fluss kommen.

Vielleicht kennst du den flow vom Motorradfahren, wenn man scheinbar eins ist mit dem Untergrund und nicht mehr denken muss sondern in einer Art mentaler Zwischenebene alles einfach nur fließt. Sobald sich der Verstand zurück nimmt tut man automatisch was richtig ist. Als Sozia kann man sich dem flow sogar soweit überlassen, dass aus tiefen Ebenen Ideen und Lösungen zu sprudeln beginnen, die man bewusst nicht hätte generieren können.

Überhaupt ist loslassen von Kontrolle oft eine gute Voraussetzung für gutes Gelingen in einer Angelegenheit, die unsere Gefühlswelt betrifft. Dazu gehört aber ein gewisser Vertrauensvorschuss, den man dem Leben an sich erst einmal erteilen muss. Ich will ja nicht angeben, aber mir ist das sogar gelungen mit einer Vita, die mich verzweifeln lassen hätte, hätte man es mir vorher weisgesagt. Allerdings muss ich zugeben, vom sicheren Ufer aus erfordert es viel mehr Mut, sich den Fluten anzuvertrauen als wenn man schon hineingefallen ist und dann die Erfahrung macht, dass trotzdem alles immer wieder irgendwie gut wird; und dass der Fluss des Lebens nicht etwa uferlos ist und vorwärts, nicht rückwärts strebt. Neue Ufer hingegen können durchaus ihren Reiz haben, wenn man nicht gerade auf dem begradigten und einbetonierten Isarkanal unterwegs ist. Man könnte sie ja auch gemeinsam entdecken, du mit deiner Partnerin in einem neuen Schiff, das ihr zusammen steuert.

Das mit dem Abgeben funktioniert übrigens auch sehr gut mit Belangen in denen man völlig ratlos oder vorübergehend blind ist. Deine frustierende Feststellung, dass da NICHTS ist was dir noch wichtig ist sollte dich nicht beunruhigen. Vielmehr könntest du auch hier einfach darum bitten, dass dir begegnet was dir wichtig ist oder was dich aus deiner Motivationslosigkeit heraus führt, ohne es näher zu definieren, einzuschränken oder an Bedingungen zu knüpfen. Abwarten und Tee trinken, sich anderen Dingen widmen und nicht mehr darum kümmern. Eines Tages kommt es und du staunst über die zuverlässige Wirkung scheinbar irrationaler Methoden.

Ich habe sogar einmal um Lebensfreude gebeten nachdem sie viele Jahre fortgeblieben war, und - schwupp – nach einem Vierteljahr war sie da. Einfach so. Nur mit all zu materiellen Wünschen funktioniert es bei mir nicht, da habe ich wohl eine kleingedruckte Ausschlussklausel in meinem Reisevertrag mit dem Universum übersehen. Das Universum ist eben kein Konsumtempel, wie manche gerne glauben möchten.

Nein, ich bin keine Esoterikerin. Aber rationales Denken schließt irrationale Erfahrungen und die Integration derselben nicht aus. Die innere Ausrichtung erledigt vielleicht ihren Job besser ohne die Einmischung unserer Ratio. So wie ein Kompass nur funktioniert solange wir den Bewegungsspielraum der Nadel nicht manipulieren. Außerdem wäre die vollkommen rationale Betrachtung der Lebenszusammenhänge völlig ohne Überraschungen, oder?

Ganz liebe Grüße
Lealee
 
Liebe Lealee

Vielleicht müsstest Du das mit Aktivitäten in psychologischer Richtung doch nocmals überdenken, würde ich jeweils die Treffer zählen die Du landest, wäre ich wohl längst tot ; -).

Ja das mit den Personen in einer Firma war natürlich nur ein Beispiel, weil es sich dort gut darstellen lässt. Es ist auch nicht so, dass man alle mögen muss, ich sage bloss, dass es alle braucht, auch die die man auf den Mond schiessen möchte. Das mit der Gleichwertigkeit hatte ich schon mal kurz thematisiert, als ich sagte, wir könnten genau so gut im Körper unseres Feindes stecken, denn auf welchem Planeten wir geboren sind, als welches Wesen, in welcher Zeit, mit wie viel Intelligenz, Gesundheit, bei welchen Eltern, reich oder arm, welche Charaktereigenschaften etc. etc. da können wir überhaupt nichts dafür, das ist alles gegeben. Es ist wie in einem reality Computer-Game. Das Spiel, die Welt, die Regeln, die Spieler, ist alles vorgegeben, daher bin ich mir oft nicht sicher, ob wir nicht in einer Zeit nach uns leben und hier ein Reality Game spielen und am Schluss kommt: Game over, please try again. Und weil das Game von Menschen erschaffen wurde, ist es logischerweise fehlerbehaftet, so dass man im Notfall zu seinem Gamer sprechen und ihn bitten kann, dass er einem wieder aus der misslichen Situation raus holt. Die einen sagen dem Beten: bittet so wird Euch gegeben. Wir sind in dieser Welt gefangen und um uns und unser Wissen wird es ziemlich schnell dunkel, das lässt sich ebenfalls nicht schnell ändern, also muss es uns eigentlich auch nicht weiter kümmern.

Dann sage ich, wenn es gewollt gewesen wäre, hätte man in unser Betriebssystem auch einen Sinn des Lebens einpflegt. Ich vergleiche die Wesen auf der Erde in diesem Beispiel mit Computern, die werden mit einem Betriebssystem ausgeliefert, das kann DOS von Microsoft, Android, Unix oder sonst was sein. Das ist die Grundsoftware. Auch der Mensch kann von Geburt weg schon mal riechen, schmecken, sehen, physisch und psychisch fühlen. Erst das Leben macht die Wesen zu richtigen Individuen, so, wie jeder Computer einen etwas anderen Einsatzzweck hat und mit andernen Informationen gefüttert wurde. Sicher der Vergleich mag da oder dort hinken, aber ich denke er ist auch nicht 100% falsch. Wenn also jemand gewünscht hätte, dass wir einem Sinn nachrennen, wäre dies fix im Grundprogramm schon installiert gewesen. Daher folgere ich, das Leben hat gar keinen Sinn! Das muss nicht zwingend schlecht sein, es macht uns lediglich frei, ständig Dingen hinterher zu rennen von denen uns einzelne Menschen weis machen wollen, dass man sie erreichen oder haben muss. Also eine gute Nachricht!

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob es wirklich so schlecht ist still zu stehen. Nehmen wir mal an, wir sind in einem Stück Natur, wir haben Nahrung, Sonne, Wald, Wasser ein Heim, Freunde und wir fühlen uns glücklich und geborgen. Nehmen wir weiter an, dieses Stück Natur hat Grenzen und eine Strasse, die nach draussen führt. Ja, ich weiss, unsere Gene wollen und werden um jeden Preis da hinaus gehen. Wenn wir wissen, dass dieser Weg ins Ungewisse führt, dann kann doch Stillstand auch gut sein, vielleicht nicht so spannend, nicht so motivierend, aber auch nicht schlecht. Ich habe gerade meine eigene Situation bildlich beschrieben. Aber irgendwann kennt man dieses Stück Welt und es wird langweilig, wie auf einem Spielplatz, wo man alle vorhandenen Spielzeuge schon tausendfach durchprobiert hat. Also doch die dunkle Strasse nehmen?

Du hast einen grossen Teil Deines letzten Beitrags dazu verwendet, mir eine Art Gottvertrauen schmackhaft zu machen, einfach Dinge sich selbst überlassen in der Hoffnung, dass es gut kommt. Ich persönlich bin gut gefahren, wenn ich kalkulierbare Risiken eingegangen bin. Ich habe auch gerne einen Plan B oder C, das gibt mir innerliche Freiheit, indem ich dann jeweils weiss, wenn es nicht klappt, dann kann ich entweder wieder ein Feld zurück oder auf ein Benachbartes. Wenn ich früher mit Leuten aus Freikirchen diskutiert habe, kam dieses Gottvertrauen oft zum Vorschein. Wäre mein Leben ein Chaos, dann hätte ich auch gesagt, ob dieses oder jenes Chaos, spielt eigentlich keine Rolle, in der Schweiz lässt man niemanden verhungern, also wo ist das Problem. Die Probleme kommen erst, wenn der Rucksack sich mit Dingen zu füllen beginnt im Leben, die man mit sich herum schleppt, wenn man Reserven im Rucksack drin hat, hat man plötzlich etwas zu verlieren. Ich denke es oft bei Sozialfällen, die können machen was sie wollen, es geschieht ihnen nichts, sie können keine Bussen bezahlen, sie können sich einen Anwalt nehmen, gegen den Staat klagen, letzterer muss ihnen noch den Anwalt gegen sich selbst bezahlen, da ist nichts zu holen und nichts zu verlieren. Ist man im Tal, geht jede Richtung entweder gerade aus oder bergauf. Aber da möchte ich im Moment nicht hin, da ich mir Freiheitsgrade nehmen würde, die ich heute zu haben meine. Nein, ich glaube das "Abgeben" von Dingen, dessen Kontrolle ich habe, ist nicht mein Ding. Aber wer weiss, die Welt dreht sich, plötzlich ist der Rucksack weg, oder der Inhalt verdorben und dann sieht die Sache plötzlich wieder anders aus. Aber hier begibt man sich sehr rasch in Fremdbestimmung. Ich kenne einen "Sozialfall" und der muss für jeden Mist Rechenschaft ablegen oder fragen gehen, dafür hat er jeden Tag frei.

So wie Du schreibst, warst Du ganz unten, gesundheitlich, wie familiär und finanziell. Du hattest ein extrem hartes Leben, sassest im Boot und Du hattest kaum einen Einfluss auf Richtung und Geschwindigkeit. Da hat man in der Regel auch keine Wahlmöglichkeiten, man sinniert nicht über Gott und die Welt, sondern ist 100%ig damit absorbiert, das nackte Überleben von Sekunde zu Sekunde zu retten. Ich möchte es jetzt nicht direkt mit Deiner Situation vergleichen, aber es gibt viele Menschen, die fürchten sich vor der Leere, die nach einer Hektischen Zeit kommen könnte, ja man muss doch etwas machen, kann doch nicht einfach nur rum sitzen. Ich sage, doch, man kann! Wenn man in ständiger Bewegung ist, wird es zwar nie langweilig, aber man kommt letztlich auch nicht weiter, es sei denn, man verdient gut mit den Aktivitäten.

Liebe Lealee, wenn wir hier weiter unseren "halbprivaten" Gedankenaustausch weiter pflegen, sollten wir dann nicht zur Mailbox hier bei "Symptome" wechseln, da habe ich aber keinerlei Erfahrung mit?

Ganz herzliche Grüsse
Geri
 
Hallo:),
ich lese immer noch treu mit und es wäre schade,wenn der Austausch nun hinter verschlossener Tür stattfinden würde.
Gerri ,es ist ein interessanter Gedankenaustausch und vielleicht findest du mit Hilfe von lealee deine Motivation wieder.
Ich wünsche es dir!

Liebe Eshita :kiss:,wie geht es dir?Ich hoffe,dass es dir etwas besser geht und schicke dir liebe Grüße:):kraft::wave:.

Herzliche Grüße
Wildaster
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Wildaster

Oh sorry, ich dachte schon, wir würden so langsam die Leute langweilen mit unseren ellenlangen Gedankenspielen.

Freut mich!

Liebe Grüsse
Geri
 
... wenn es gewollt gewesen wäre, hätte man in unser Betriebssystem auch einen Sinn des Lebens eingepflegt.

Wenn also jemand gewünscht hätte, dass wir einem Sinn nachrennen, wäre dies fix im Grundprogramm schon installiert gewesen.
... schade, wenn der Austausch nun hinter verschlossener Tür stattfinden würde.

. . . und ich könnte mich jetzt und hier auch nicht mehr mit 'reinmischen . . .

Die Frage nach einem Sinn stellen Menschen schon seit Jahrtausenden in unterschiedlich(st)en Formen. Von daher gesehen könnte man eigentlich schon den Eindruck haben, dass sowas "serienmäßig mit eingebaut ist", oder? Manchmal entdeckt man an seinem Computer manche Funktionen auch erst sehr spät !?

Beim Menschen gibt es - zum Beispiel - solche überraschende "Funktionen" wie das Erleben von Nahtoderfahrungen oder auch außerkörperlichen Erfahrungen. Wenn man dann liest, dass es auch sowas immer wieder schon gegeben hat, fragt man sich schon, wie "normal" das sein mag.
Und es ist wohl mehr oder weniger (für den Menschen) normal, auch wenn moderne Naturwissenschaft sowas eher weg-erklären möchte. Die, die es selber erlebt haben, lassen es sich oft nur ungern weg-erklären. Für mich war es ein Sekundenerlebnis von Außerkörperlichkeit. Ohne etwas Besonderes dafür getan zu haben. Es hat mir im Laufe der Zeit, im Laufe einiger Jahre danach immer deutlicher gemacht, dass es "anderes" gibt außer Natur-Wissenschaft und außer Schul-Wissen.
Das nur als Beispiel, dass es "eingebaute" Funktionen geben mag, die wir im allgemeinen nicht unbedingt kennen.
Und westliche Wissenschaftler machen sich auch eher selten auf den Weg zu überprüfen, was man so erleben mag, wenn man z.B. zwanzig Jahre lang meditiert. Vielleicht würden wir dann mit der Zeit die Aussagen von manchem Yogi ganz anders sehen und verstehen können.

Noch etwas allgemein zu "Sinn des Lebens". Mir ging einmal auf, dass man Sinn einmal im Sinne (?) von sinnvoll verstehen kann - also etwas macht Sinn oder hat einen Sinn - aber auch Sinn im Sinne von Seh-Sinn, Geruchs-Sinn - also als Wahrnehmungs-Sinn.
Und dann dachte ich, dass es vielleicht auch einen Wahrnehmungs-Sinn für das Leben gibt, mit dem wir also "das Leben" wahrnehmen und empfinden, spüren. Und dass wir das Leben manchmal als sinn-los empfinden, wenn vielleicht unsere Lebens-Wahrnehmung, dieser Lebens-Wahrnehmungs-Sinn gestört ist.

Vielleicht ist das (dazu) ein wenig verständlich.

Herzliche Grüße

Gerd
 
Hallo Gerd

Schön, dass Du auch noch dabei bist! Ich finde Du machst einen interessanten Ansatz. Ich hatte schon mal gelsesen, dass man offenbar ein Gen gefunden habe, welches die Suche nach einem Glauben oder etwas in der Richtung begünstige. Für mich würde das durchaus Sinn machen, denn bevor wir Berge von Gesetzesbüchern hatten, wurde das Zusammenleben mit Religionen geregelt. Eine gut organisierte Gruppe ist einer schlecht organisierten oder einem Einzelnen immer überlegen und hat sich in der Evolution durchgesetzt. Ich kann mir daher auch gut vorstellen, dass Deine Theorie mit einer "programmierten" Sinnessuche durchaus Realität sein könnte. Ich müsste hier meine vorherige Aussage trotzdem noch etwas präzisieren, ich meinte, wenn es einen ganz konkreten Sinn gäbe, eine ganz konkrete Lebensaufgabe, nebst einen Haufen Kinder zeugen natürlich, dann wäre dieser ganz klar als Aufgabe definiert und nicht nur die Suche danach.

Ich bin übrigens auch der festen Überzeugung oder im festen Glauben, dass nach dem Tod noch etwas kommt. Ich masse mir lediglich nicht an, wie viele Gruppen das tun, zu sagen, was und wie es sein wird. Die Wissenschaft kann man ein stückweit auch als Religion bezeichnen, auch sie sucht nach Erklärungen. Ich habe mich für den wissenschaftlichen "Glauben" entschieden, weil hier Diskussionen offen und im Diskurs geführt werden können, ohne dass für eine Seite gleich das gesamte Weltbild zusammen bricht, ich bin aber weit weg davon zu behaupten, dass die Wissenschaft näher an der Realität ist als irgend eine Religion. Ich sage, so lange man weiss, dass es über 90% dunkle Materie gibt, von der wir lediglich stark annehmen, dass sie existiert, so lange ist vieles möglich, sogar dass wir ein Gedanke eines höheren Wesens sind.

Kannst Du noch etwas mehr erzählen von der Nahtoderfahrung? Ich hatte mal eine Sendung über Frau Kübler-Ross gesehen und das sind schon erstaunliche Dinge, die sie da erlebt hatte und wie es scheint, gibt es viele Menschen mit derartigen Erfahrungen. Ich hatte einmal bei eine Entspannungsübung für einen Bruchteil einer Sekunde das Gefühl, jetzt kommt das weisse Licht und ich hatte hinterher irgendwie ein sehr gutes Gefühl. Es war wie eine Blende, die für eine Hunderstelssekunde auf und gleich wieder zu ging, mehr war es nicht.

Liebe Grüsse
Geri
 
Hallo Geri ,
in einer sehr schweren Zeit,wo ich den Sinn des Lebens verloren dachte,verschlang ich die Bücher von Frau Kübler - Ross.
Ich fand Trost und Hoffnung.
Selten las ich solche Worte voller Wärme und Liebe über den Tod und das Sterben.
Durch ihre Bücher und die Begleitung Sterbender veränderte sich meine Sichtweise.Ich weiß etwas,was man nur fühlen kann und oft hilft,den Alltag zu meistern,auch wenn es nicht immer einfach ist.

Liebe Grüße
Wildaster
 
... ich meinte, wenn es einen ganz konkreten Sinn gäbe, eine ganz konkrete Lebensaufgabe, nebst einen Haufen Kinder zeugen natürlich, dann wäre dieser ganz klar als Aufgabe definiert und nicht nur die Suche danach.
Ja, das hast Du gleich und klar gesehen, Geri, dass ich da erstmal von den Fragen und der Suche nach Sinn gesprochen habe, und nicht von einem konkreten Sinn selber.
Wobei eben viele Menschen mit Nahtod-Erfahrungen sehr konkret Sinn spüren, in diesem Moment gespürt haben, oftmals so stark und unanzweifelbar, dass sich ihre Lebenssicht oder auch Lebensweise verändert. Das hat dann auch nicht mehr unbedingt mit Glauben zu tun, sie haben e(twa)s erlebt. Und sagen wohl ziemlich einstimmig, dass das anders ist als Träumen, Phantasie oder Vorstellungen.

Eine außerkörperliche Erfahrung (AKE) unterscheidet sich generell von einer Nahtoderfahrung (NTE). Ich selber habe also keine Licht-, Tunnel- oder "Jenseits"-Bilder gesehen, ich habe "nur" mich, meinen Körper von außen gesehen. Aber Ich, mein Ich als Persönlichkeit war in dem Moment nicht mit diesem Körper verbunden. Das war eine Sekunde so ziemlich mitten im Alltag.

Lichterscheinungen wie Du sie beschreibst, sind sicher auch nicht selten. Bei Entspannung, Meditation oder auch spontan, oder auch vielleicht im Halbschlaf, beim Einschlafen.

Soviel erstmal dazu.

Gerd
 
Hallo lieber Geri und ihr Lieben,

ist es nicht interessant, dass wir alle irgendwie mit den Forschungen von Frau Kübler-Ross vertraut sind? Ich gehöre auch dazu. Bereits als Jugendliche war ich nach dem Buch von Raymond Moody auf eines ihrer ersten Bücher gestoßen und fand es faszinierend, wie sehr sich Nahtodeserfahrungen von Menschen verschiedener Glaubensrichtungen und Atheisten gleichen, auch wenn sie unterschiedlich interpretiert werden. Als mir Jahre später jemand sehr Vertrautes von ihrer ersten Psychoseerfahrung erzählte, war ich verblüfft von der Übereinstimmung dieser Erfahrung mit den Beschreibungen der Nahtodeserfahrenen. Sie sprach auch von dem Frieden, der Einheit der Seelen, dem völligen Verbundensein untereinander und von der Richtigkeit von allem wie es ist. Dass sie wusste wie alles zusammenhängt, und dass wir uns alle auf einer sehr hohen Ebene auch gemeinsam weiter entwickeln. Sie selbst hatte keine Kenntnis von Nahtodeserfahrungen und deren Erforschung.

Nun könnte man ja spekulieren, dass Nahtodeserfahrungen psychotische Hirngespinste wären, die uns vielleicht das Sterben leichter machen sollen. Wobei sich mir da die Frage aufdrängt: wozu, wenn wir im Leben schon nicht von Schmerz und Leiden verschont werden? Abgesehen davon würde man nicht leiden, wenn unser System einfach nur abschaltet, es wäre dann ja aus.

Später kam es zu weiteren Psychosen, die sich gänzlich ins Gegenteil verkehrt hatten und von finster bedrohlichem und sehr erschreckendem Inhalt waren. Nun gibt es, wenn auch nicht viele, ebenso Nahtodbeschreibungen mit ähnlich unschönen Erfahrungen, die von den Betroffenen als erschreckend und alles andere als tröstlich erfahren wurden. Barbara Rommer befasst sich damit in ihrem Buch mit dem Titel "Der verkleidete Segen - Erschreckende Nahtodeserfahrungen und ihre Verwandlung".

Also doch nur Psychosen am Ende unseres Lebens?

Hirnforscher vermuteten lange etwas in der Richtung. Ein renommierter Harvard-Hirnexperte, der selbst im Koma lag und dabei Nahtodeserfahrungen machte ist jedoch seither überzeugt, dass unser Bewusstsein weiter existiert und erläutert dies überaus plausibel. Dazu erschien ein Artikel in der Welt von Ansgar Graw, in dem er schreibt, dass Eben Alexanders Botschaft der „Bedingungslosen Liebe“, die er während seiner Nahtoderfahrung erhalten hatte seine vorherigen Zweifel gegenüber religiösen Offenbarungen veränderte, ohne aus seiner Sicht die Wissenschaft zu entkräften.

Zitat:

Alexander führt Heisenberg an, der in der Quantenphysik die Theorie aufstellte, auf einer Ebene unterhalb der Atome sei alles mit allem verbunden, der Beobachtende mit dem Projekt der Beobachtung. Und der Mensch mit dem allgegenwärtigen Gott, so Alexander.
"Denken Sie an jede Enttäuschung, die Sie jemals erlebten", schreibt Alexander. "Ich spüre, dass alle Verluste, die wir hier auf Erden erdulden müssen, in Wahrheiten Varianten eines sehr zentralen Verlustes sind; dem Verlust des Himmels."

Sieben Tage im Koma : Die betörende Nahtoderfahrung eines Hirnexperten - Nachrichten Panorama - DIE WELT

Ich hatte viel früher bereits von einem Mann gelesen, der berichtete, während seiner Nahtodeserfahrungen vollkommen verstanden zu haben wie alles zusammenhängt. Später konnte er es nicht mehr nachvollziehen, weil unser Verstand dafür zu begrenzt ist. Er wisse jedoch noch, dass die Antwort in der Quantenphysik liegt. Das war lange vor den heutigen Erkenntnissen zum Thema Quantenphysik.

Wenn ich all diese Informationen vergleiche mit eigenen tröstlichen Erlebnissen in Träumen und auch in wachem Zustand, sogar in einer Situation der höchsten Verzweiflung, dann erscheint mir das alles sehr wahr. Es kommt außerordentlich nah an meine eigenen Erfahrungen und Vorstellungen, und auch den letzten Satz im Zitat kann ich voll unterschreiben.

Wer einmal das Verbundenheitsgefühl, die vollkommene Geborgenheit darin und die bedingungslose Liebe gespürt hat, der weiß was wir verloren haben und warum wir auf der Suche nach etwas Fehlendem sind. Dabei spielt es für mich gar keine Rolle, ob dies im Traum oder wach geschieht, denn die Empfindungen sind so kraftvoll und nachhaltig, so real empfunden, so viel hochwertiger als alles Bekannte, aber auch gleichzeitig als natürlich empfunden, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sie allein dem Vorstellungsvermögen entspringen können. Eher gleichen sie etwas Wiedergefundenem, von dem man nicht einmal ahnte, dass es DAS war wonach man sich unbewusst gesehnt hatte. Hat man es gefunden, vermisst man es nicht mehr länger, denn man weiß, dass es da ist, dass wir dazu fähig sind und dass dies unser Urzustand ist, zu dem wir einst zurück kehren.

Das diffuse Gefühl des Getrenntseins ist aufgehoben und man fühlt sich nicht mehr allein gelassen. Dafür gibt es keine Beweise; man weiß es einfach.

Ich bin mir persönlich ziemlich sicher, wir sind Teil eines großen Ganzen, und unser irdisches Dasein mit seinen Begrenzungen lässt uns das höchstens erahnen, und in besonderen Situationen sind wir dazu in der Lage, dies zu erkennen. Das würde auch viel besser erklären, warum wir soziale Wesen sind und uns nicht nur um unsere Kinder sondern auch um unsere Schwachen und Kranken kümmern. Die Evolution kann das für mich nicht erklären, denn würde nicht Selektion dem reinen Ziel der Arterhaltung viel mehr dienen als das Durchfüttern und die Pflege von schwachen und ausgedienten Mitgliedern, was noch dazu zur Überbevölkerung führt? Zudem beschränkt sich unser Mitgefühl nicht nur auf die eigene Sippe, und nicht mal auf die eigene Spezies. Vielleicht ist auch die befriedigende Erfahrung eines Wir-Gefühls Ausdruck dieser Ahnung von Zusammengehörigkeit, und das ist es auch, was viele Menschen dazu antreibt, sich zusammen zu tun, sich zu engagieren oder in Vereinen tätig zu sein, und was ein Teil dessen ist was sie glücklich macht. Auf uns selbst zurück geworfen, läuft dieses Bedürfnis vielleicht ins Leere, wenn wir dem unbewussten Sehnen, dem diffus wahrgenommenen Fehlen keine Ursache und keinen Sinn zuordnen können.

Das sind aber nur meine ganz persönlichen Ansichten.
Man kann es vermutlich nur erfahren und nicht sich intellektuell erarbeiten.

Lieber Geri, so schön es für mich ist, solche Erfahrungen und meine Erfahrungen mit Loslassen gemacht zu haben und zu einem größeren Vertrauen zu finden, so fern liegt es mir, dir oder jemandem anderen dies schmackhaft zu machen. Wir haben ja jeder seine eigenen Erfahrungen und Empfindungen, und die sind völlig individuell und m. E. völlig richtig, egal welcher Natur sie sind und wo sie hin führen. Ich erzähle nur von meinen Erfahrungen und Gedanken, weder um zu belehren noch um therapieren oder überzeugen zu wollen, sondern nur für den inspirierenden Austausch, den ich sehr schätze.

Ich hoffe meine „Treffer“ treffen dich nicht wie Geschosse sondern meine Gedanken treffen nur auf etwas in dir, das sich angesprochen fühlt. Zwar bin ich Schütze im Sternzeichen, aber es liegt mir fern zu zielen und andere abzuschießen oder sonst wie zu treffen, außer zum Beieinandersein oder zum Kaffee trinken.

Ich glaube ja nicht, dass alles vorbestimmt ist und wir zu interaktiven Spielfiguren degradiert sein könnten, die von einem menschenähnlich motivierten Zocker zu allerhand irrsinnigen Handlungen getrieben werden, welche er selbst in seiner Existenz vllt. nie vollbringen könnte. Wir haben einen eigenen Willen und können, außer zu handeln auch über unser Handeln, seine Folgen und den Sinn dahinter nachdenken und philosophieren. Nicht nur unser Handeln sondern sogar unser Denken beeinflusst den Verlauf einer Sache. Am Joystick sitzen, wenn es schon einen geben sollte, letztlich wir selbst. Und wir können es ändern, wenn wir eine Notwendigkeit dafür sehen.

Uns holt der Gamer nirgends heraus, da können wir noch so viel bitten. Er oder Es hilft uns vielmehr eine Sache durchzustehen, ihren Sinn zu erkennen oder den Ausweg selbst zu finden und gibt uns was wir brauchen. Wobei dieser eindrucksvoll schlichte und doch so wahre Satz: „Bittet und euch wird gegeben werden“, den Jesus gesagt hat dennoch voll zutrifft. Entscheidend ist, dass wir in unserem Innersten wirklich wollen worum wir bitten und es nicht nur dem Wunsch nach Fahnenflucht oder oberflächlicher Bedürfnisbefriedigung entspricht. Was wir wirklich wollen haben wir vielleicht in unserem Briefing für das Erdendasein festgelegt, wohl wissend, dass wir hier unten mit unserem begrenzten Denken möglicherweise anders über die Sache denken und uns aus dem Staub machen wollen oder uns von schöneren Dingen von unserem Plan abbringen lassen.

Er selber hat ja auch nicht gekniffen.

Ob man sich nun aus einem unerfreulichen oder sonst wie unbefriedigenden Spielverlauf heraus manövriert oder diesen zu seinen Gunsten beeinflusst liegt an uns. Kontrolle abgeben bedeutet dabei nicht, sie jemand anderem zu überlassen oder das Handtuch zu werfen sondern lediglich die Zügel zu lockern und einer Sache zu erlauben ein Stück weit in die Richtung zu wachsen wo es sie hinzieht, während wir sonst tendenziell in die falsche Richtung zerren. Mit Hoffnung hat das wenig zu tun, eher schon mit der Einsicht, einen Knoten erst dann aufzudröseln wenn man einen Anfang dafür gefunden hat, den man manchmal nicht sieht solange man immer drauf starrt oder daran herum zerrt. Und mit der Einsicht, dass auch der liebe Gott ein bisschen Zeit braucht um uns zu geben was wir gerade brauchen.

Und weil in Angelegenheiten, die uns unser Unterbewusstsein meldet meist vorher schon unser Bewusstsein Strategien zur Unterdrückung eben dieser Sache entwickelt hat und demnach befangen oder überfordert ist. Das führt dann unter Umständen zu Inneren Konflikten, zu Ratlosigkeit oder Stagnation, wobei ich das Verweilen an einem Ort oder bei einer Sache nicht gleich als solche bezeichnen würde, auch nicht wenn es Zeit braucht um etwas zu etablieren oder zu regenerieren. Wo Genuss im Verweilen ist, ist sowieso keine Stagnation. Stagnation ist, wenn nichts weitergeht obwohl man sich da wo man ist überhaupt nicht mehr wohl fühlt und es einen weiter zieht, oder wenn der Stillstand destruktiv und als Mangel empfunden wird. Wenn man das Gefühl hat, festzustecken. Insofern erweckt Stagnation für mich viel eher das Gefühl von Fremdbestimmung als etwas mal dem Zufall zu überlassen.

Die gerne zitierten Sozialfälle, die nicht verhungern müssen erleiden meist viel mehr die belastende Situation einer Stagnation als Menschen mit Wahlmöglichkeiten, die ja im Prinzip ihre Verlustängste auf materielle Errungenschaften verlagert haben und in eine Art Angststarre vor dem Verlust verfallen und das Risiko der Veränderung fürchten. Das ist jetzt in keinster Weise auf dich gemünzt und soll auch nicht verallgemeinernd sein. Ein Sozialfall hingegen kann sich gar nichts erlauben ohne den Verlust des Wenigen befürchten zu müssen, das er hat. Mir würde es nicht reichen nicht zu verhungern. Für nährstoffreiches und gesundes Essen reichen die Sozialleistungen in D sowieso nicht. Oft nicht einmal für die Wohnnebenkosten, und es gibt noch eine Menge anderer Verluste und materieller Sorgen, die nicht über die Sozialleistungen abgedeckt sind. Menschen können aber auch auf ganz andere Weise hungern und dursten, obwohl sie physisch satt sind. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Dazu kommt, dass Hunger leichter zu ertragen ist, wenn es alle betrifft anstatt wenn man auf den vollen Teller der anderen schaut und weiß: mir ist das nicht gegönnt. Oder: ich gehöre nicht dazu. Trotzdem hängt Glücksempfinden und Zufriedenheit offensichtlich nicht vom Wohlstand ab.

Es geht im Leben wahrscheinlich nicht nur um Sattsein, Durchsetzung und Fortpflanzung; unser Dasein findet auf mehreren Ebenen seinen Ausdruck, und eine davon dürfte diejenige sein, die uns dazu treibt uns die Sinnfrage hinter den Notwendigkeiten des Überlebens zu stellen.

Ob jemand einen Sinn in seinem Leben sieht, kann wohl jeder nur für sich selber beantworten. Ob es prinzipiell einen gibt, werden wir wohl erst erfahren, wenn wir hinter die Kulissen blicken dürfen. Aber mal ehrlich, was ist der Sinn im Spiel von Kindern, was ist der Sinn in all den sinnfreien Beschäftigungen und Hobbies, denen wir aus reinem Zeitvertreib und vollkommen ohne Notwendigkeit frönen, was ist der Sinn an Threads wie diesem? Will heißen, warum täten wir es, wenn es sinnlos wäre? Wohl weil es uns Freude macht, weil wir etwas oder uns erfahren wollen, Erfahrungen austauschen, uns mitteilen, etwas erleben oder ausleben möchten, Ist das nicht Sinn genug? Ich finde schon.

Für diese Erfahrungen, die über unsere Grundbedürfnisse hinausgehen hat unser System ein fein ausgeklügeltes Belohnungssystem installiert.

Wenn wir freudlos werden hat das Gründe, und damit wären wir wieder beim Thema, was es alles zu erreichen gilt. Man könnte sich an dieser Stelle wieder einmal die Frage stellen, ob man wirklich schon alles erreicht hat oder ob nicht das Gefühl des Fehlenden ein Hinweis darauf sein könnte, dass die Reise noch nicht zu Ende ist. Nicht für alle Gebiete gibt es eine Landkarte und einen Fahrplan, und man kann sie nur auf eigene Faust und ohne Gewähr erkunden. Interessanterweise gelingt das Menschen in außergewöhnlichen Lebenslagen oft besser. Oft auch Menschen in außergewöhnlich bedrohlichen Lebenslagen.

Zu mir muss ich sagen, dass ich ausgerechnet in der Situation als ich keine Wahlmöglichkeit hatte und mit dem Donner diverser Schläge konfrontiert wurde, zwar momentan davon mitgerissen und beinahe handlungsunfähig war, sich dies später gerade deswegen aber änderte. Weil ich gezwungen war, anstatt der Ereignisse, die übermächtig und sehr absolut waren meine Sichtweise zu verändern. Mit dieser Veränderung und der Anerkennung der Unmöglichkeit, die Dinge aus dem Status Quo heraus zu verändern bat ich um die richtigen Impulse und die Unterstützung zur Lösung, obwohl ich nicht einmal dran glaubte dass es einen Ausweg gibt und dass einfaches Bitten helfen könnte. Ich tat es aus reiner Not, aber aus tiefstem Herzen. Mein Ziel war klar, der Weg jedoch war offen und ich legte nicht die Bedingungen für die Lösung fest. Und dann kamen die Informationen, die Erkenntnisse, die Begegnungen, die das scheinbar Unmögliche möglich machten, und zwar sehr prompt und deutlich. Ein wesentlicher Anteil am Gelingen lag darin, dass ich nun offen war für die wirklich zielführenden Wege die mir aufgezeigt wurden und ich diese angeschaut und beschritten habe, anstatt den Autobahnen zu folgen, die mir von den Experten als einzig gangbare Wege präsentiert wurden. Man wird dann durchaus zum Freak, denn nichtbetroffene Freunde und Angehörige halten oft auch die Autobahnen für den einzigen Weg und erklären einen gerne für verirrt, naiv und dumm wenn man es anders macht. Etwas anders ist es mit den chronischen Widrigkeiten, wenn man latent mit echten Geldsorgen und anderen Einschränkungen zu kämpfen hat und manche Möglichkeiten deswegen nicht nutzen kann. Das Licht am Ende des Tunnels, und man kann sich kein Pickerl leisten. Das muss man erst einmal verdauen. Manch einer wird wissen was ich meine. Dennoch liegt auch hierin ein Sinn, zumindest habe ich das so empfunden in der Rückschau.

Meine frühere Nachbarin, eine alte Dame vom Land mit streckenweise ungeradem Lebensverlauf drückte sich da leicht verständlich aus. Sie sagte bei allem was daher kam: Wer weiß wofür es gut ist…

Und außerdem gibt es für alles eine Zeit.

Für mich ist es jetzt Zeit, mich aufs Rad zu schwingen, denn darauf freue ich mich schon zwei lange Arbeitswochen lang, und jetzt ist es so weit. Für heute reicht mir das als Lebenssinn, zusammen mit dem regen Gedankenaustausch hier und dem Schweinebraten, der gerade fertig ist, ist das schon einiges, wie ich finde.

Viele liebe Grüße an euch alle
Lealee
 
Liebe Lealee

Natürlich beneide ich Dich um Deine Radtour, bei uns war es saukalt, und den Schweinebraten als Belohnung hinterher (natürlich hätte ich eine Kerze angezündet und dazu ein Glas wärmenden Rotwein getrunken).

Mir ist bei meinem letzten Beitrag nachträglich aufgefallen, dass man meine Bemerkung mit den "Treffern" auch hätte negativ auslegen können, war aber definitiv positiv gemeint, weil ... irgendwie mag ich Dich einfach.

Ich bin ebenfalls der festen Überzeugung, dass danach noch etwas kommt. Ich kann es nicht wirklich begründen, ausser, dass wir ja auch von irgendwoher gekommen sein müssen. Sollte es anschliessend lediglich ein Lichterlöschen geben, ist es auch egal, dann wissen wir gar nicht mehr, dass wir je existiert haben. Also ich bin neugierig.

Einige Deiner Statements könnte ich jetzt wieder mit der Evolution begründen, auch die Nächstenliebe, aber ich meine da würde ich mich eh nur wiederholen. Das Durchfüttern der Alten hat bei Arten, die über 10 Jahre benötigen, bis sie einigermassen heran gereift sind schon auch Vorteile, denn wenn die Väter auf die Jagd gehen oder in den Krieg ziehen und nicht mehr nach Hause kommen, dann sind die Grosseltern immer noch in der Lage, die Jungen gross zu ziehen, früher waren Grosseltern vielleicht 30-40 Jahre alt und immer noch geistig und körperlich fit, um das zu leisten. Kranke zu pflegen, die dann wieder gesund und stark genug werden, um einen Stamm zu dienen macht ebenfalls Sinn. Die Evolution hat 3-4 Milliarden Jahre gedauert, da hat sich schon etwas mehr als nur schwarz-weiss heraus gebildet, da gibt es auch jede Menge Graustufen.

Zu Deinen doch offenbar recht harten Lebenserfahrungen, kann ich ebenfalls nur sagen, eine Erfahrung ist immer sehr viel mehr als jede Theorie.

Auch bin ich weit entfernt davor, Sozialfälle abzuwerten oder zu verunglimpflichen, sollte das so rüber gekommen sein, würde ich mich hier öffentlich entschuldigen. Ich möchte mit keinem tauschen. Mich würde die Abhängigkeit von den Behörden wohl regelrecht fertig machen.

Was ich zugeben muss, ist, dass es mit meinem Glauben an Gott nicht sehr weit her ist. Ich glaube an ein Jenseits aber ich glaube auch daran, dass Gott vom Menschen erschaffen wurde und nicht umgekehrt (hatte ich hier auch schon irgendwo gepostet). Was nicht ausschliessen soll, dass wir Hilfe aus dem Jenseits erhalten können, nur da weiss man schlicht und ergreifend nicht sehr viel drüber. Und damit möchte ich einen Denkansatz in die Runde werfen. Ich hatte vor einigen Jahren ein Gespräch mit einem Pfarrer. Dann habe ich die Bemerkung fallen lassen, dass die Wissenschaft vielleicht eines Tages an den Punkt kommen werde, wo alle Geheimnisse gelüftet würden, wo es technisch möglich sein werde, mit dem Jenseits zu kommunizieren, so dass man alles über das Jenseit weiss. Alle Geheimnisse sind gelüftet, wie immer sie geartet sein mögen. Diese Vorstellung hatte den Pfarrer sichtlich erschreckt. Letztlich leben die Religionen und damit alle darin bezahlten Stellen von diesen Geheimnissen. Für eine Vielzahl von Menschen würde eine Welt, ihr Weltbild zusammen brechen. Es gibt eine Vielzahl von Religionen auf dieser Erde, weshalb soll eine besser sein, wie die andere? Vielleicht gelingt es uns in einem ersten Schritt, unsere Gehirnlesitung gentechnisch zu vervielfachen, so dass unser beschränkter Verstand sich öffnet und wir Zugang zu den verborgenen Dingen erhalten. Es ist alles möglich.
Ich habe auch so meine Mühe mit einer Religion, die Liebe verkündet und andere Völker praktisch ausgerottet oder an den Rand gedrängt hatte, dessen Symbol ein Folterinstument ist und dessen Schreie aus rund 700 Jahre inquisitorischen Folterkammern europaweit noch nicht richtig verstummt sind, eine Religion, welche andere Religionen über Menschenrechte belehren will und sich durch das Schwert verbreitet hat. Nein, Religionen waren, sind und werden immer Machtinstrumente sein. Es ist wie in der Politik, ein Politiker verspricht, die Steuern zu senken, die Ausgaben zu erhöhen und den Wohlstand zu vergrössern, ohne konkrete Lösungen anzubieten und was machen die kleinen Leute, sie glauben es, gehen wählen und wundern sich hinterher über eine korrupte Regierung. So ähnlich funktionieren Religionen, man verspricht Liebe, sagt, dass man die Liebe mit dem Schwert verteidigen muss und das Resultat ist immerhin beeindruckend, wir sprechen von der weltweit grössten Religionsgemeinschaft, die definitiv nicht nur durch Liebe gewachsen ist. Da ich selber dieser Religionsgemeinschft angehöre, fürchte ich mich nicht vor ihr, aber ich fürchte mich vor der Rache der Gegener, sollten diese jemals wieder erstarken und einige sind bereits dabei... So, jetzt habe ich mich auf's Tablett gesetzt und mich zum Abschuss frei gegeben.

Ich wollte zuerst etwas über Kommunikation und Suggestion sprechen, aber dann wird dieses Posting dann doch etwas zu lang.

Liebe Lealee, wie siehst Du diese Dinge?
Geri
 
Eine Kollegin hatte mir einmal ein Buch "Briefe an Vanessa" zum Lesen gegeben. Ein Physiker, der die komplexe Welt der Atomphysik seiner Tochter in Briefen in ein für ein Kind verständlichen Form erklärte. Irgendwo hatte ich mal gehört, es gäbe jeweils lediglich ca. fünf lebende Menschen, die in der Lage seien, die Theorien Einsteins überhaupt zu verstehen. Nach meinem Ingenieuersstdium konnte ich viele Theorien anwenden, was noch lange nicht heisst, dass ich sie so weit verstanden hätte, dass ich sie selber hätte herleiten können oder sie 100%ig verstanden hätte, ist aber oft auch gar nicht notwendig.

Ich behaupte mal, es gibt viele Menschen, die eine Chance sehen Geld zu verdienen, indem sie Leuten ein bisschen Esoterik in Form von Büchern verkaufen. Wenn jemand einen Physikertitel in der Tasche hat, werden ihm seine Theorien über Quantenphysik natürlich viel eher geglaubt, als einem titellosen Irgendwer. Ein esoterischer Physiker trägt aber ein grosses Risiko, dass er, wenn er etwas abwegige Theorien zum Besten gibt, in seinen Kreisen nicht mehr ernst genommen wird. Ich behaupte weiter, dass es oft derartige Fachleute sind, die in ihrem Beruf bereits etwas Mühe haben, die versuchen ihre Geld auf anderen Ebenen zu verdienen und teilweise auch recht erfogreich darin sind.

Ich habe ein Hypnoseseminar absolviert. Nein, keine Showhypnose, ganz normale Hypnose, wo man sein Gegenüber in einen tiefen Entspannungszustand versetzt. Wie bringt man nun einen Menschen dazu, sich zu entspannen. Man muss ihm ein geborgenes Sicherheitsgefühl vermitteln. Wie geht das? Ein stückweit, indem man glaubwürdig und überzeugend rüber kommt. Wie wird man glaubwürdig? Indem man ruhig zu Sprechen beginnt und mit banalen Dingen beginnt, wie z.B. "vielleicht fühlt sich ein Arm schon etwas schwerer an wie der andere" oder "sie spüren die wie ihre Oberschenkel auf der Unterlage aufliegen", lauter Dinge, zu denen der Klient im Grunde gefahrlos Ja sagen kann, das schafft erst mal Vertrauen. Das macht man einige Minuten. Wenn diese Dinge etwas vertieft sind, kann man ihn in seinen Körper hinein fühlen lassen, Wärme spüren lassen, die vielleicht gar nicht vorhanden ist, aber er wird sie spüren. Zum Schluss kann man dann noch Suggestionen hinzu fügen, wie "Ihr Selbstvetrauen und Ihr Selbstwertgefühl werden von Tag zu Tag stärker und immer stärker" etc. Parallel dazu geschieht noch etwas anderes mit dem Klienten, er wird vom Hypnotiseur vollkommen eingenommen, vergisst die Welt um sich herum und ist das Vertrauen erst einmal aufgebaut, werden Aussagen sehr viel leichter akzeptiert.

Solche angeblichen Fachspezialisten, die esoterische Bücher schreiben, lösen bei mir immer eine grosse Skepsis aus. Wenn ein Physiker oder Hirnforscher zu solchen Themen schreiben, beginnen sie oft mit Dingen, die alle schon irgend einmal im Leben über Physik (z.B. Quantentheorie) oder das Hirn (z.B. Synapsen) gehört haben, das schafft Vertrauen und irgend wann verlassen sie den Pfad der gängigen Theorien und durch ihren Titel und die anfänglich gut nachvollziehbaren Aussagen wird ihnen letztlich jegliche Abstrusität geglaubt.

Ich weiss nicht, wer von Ihnen schon mal an einer Fachtagung zu irgendeienem Thema teilgenommen hat. Da werden dann die Redner immer zuerst mit allen Titeln, Veröffentlichungen, Verdiensten zur Koryphäe hochstylisiert, damit seine Aussagen auch Gewicht kriegen. In diesen Kreisen ist das in der Regel ja auch der Fall.

Dies ist ein Weg, wie man Menschen beeinflussen kann. Ich hatte in einem anderen Sminar, es ging um Psychologie, auch mal gelernt, wie Patienten reagieren, wenn man zu ihnen sagt, du bist so oder so und sie versucht in eine Schublade zu kategorisieren. Sie wehren sich vehement. Egal wer was zu wem sagt, es hört immer ein kleiner Kritiker in unserem Gehirn mit, der die Aussagen prüft. Sagt ein guter Freund etwas zu uns ist der Kritiker etwas ruhiger, sagt jedoch unser Parteigegener etwas, dann muss doch ein Haken bei der Sache sein und unser Kritiker im Hinterkopf kann dann richtig Kreativ werden und Gegenargumente entwickeln. Ich war in meiner F&E-Zeit stets sehr recht erfolgreich, Ideen zu "verkaufen". Wehe die Kunden merken, dass man ihnen etwas aufschwatzen will, dann hat man fast immer verloren, dann tritt sofort der kleine Kritiker im Hinterkopf in Aktion und sucht Gegenargumente. Das kann so weit gehen, dass ich zu einer Idee oder einem Produkt bereits Gegenargumente anbrachte, damit der kleine Kritiker meiner Zuhörer diese entkräften konnte, was, probieren Sie es aus, sehr effektiv sein kann.

Ich möchte noch betonen, die obigen Theorien stammen nicht von mir, ich habe sie lediglich in meine Worte gepackt, und es sind mittlerweile angewandte Erfahrungen.

Worauf will ich hinaus? Mit all diesen göttlichen und esoterischen Dingen muss man extrem aufpassen, damit man nicht eingelullt wird und von Wahrheiten via Halbwahrheiten zu Unwahrheiten gelangt. In den letzten Postings hier sind einige Thesen dabei, wo man nüchtern betrachtet einfach sagen muss: Wir wissen es nicht. Punkt!

Geri
 
Worauf will ich hinaus? Mit all diesen göttlichen und esoterischen Dingen muss man extrem aufpassen, damit man nicht eingelullt wird und von Wahrheiten via Halbwahrheiten zu Unwahrheiten gelangt. In den letzten Postings hier sind einige Thesen dabei, wo man nüchtern betrachtet einfach sagen muss: Wir wissen es nicht. Punkt!

Geri

Ja ,Gerr1,du hast einen Punkt gesetzt.
Nein,wir wissen vieles nicht und doch spüren wir ALLE oft Dinge,die sich nicht erklären lassen.
Es ist von dir wie eine kleine Ohrfeige,denn wie können wir nur hier, in deinem Thread,wo es doch um Motivationslosigkeitgeht, mit solchen göttlichen und esoterischen Dingen kommen!
Oft verstehe ich etwas deine Motivationslosigkeit,denn du führst ein sehr schönes und glattes Leben und da bleibt man vielleicht irgendwann stehen,mit seinen Gefühlen und Empfindungen.
Nein,Geri ,wir sind nicht dumm und lassen uns auch nicht einlullen.
Ich bin nicht so wortgewandt wie du und auch denke ich in vielem anders als du,es war mein Leben was mich prägte und doch bin ich im Innern glücklicher und zufriedener und wende mich meinem Gegenüber offen und herzlich zu.
Ich wünsche dir alles Gute und komme nun nicht mehr hier vorbei.

Die Wildaster
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Wildaster

Du hast natürlich vollkommen recht, wir sind total vom Thema abgeschweift. Es liegt mir jedoch fern, hier jemanden mit meinem "Punkt" zu vertreiben! Manchmal hilft es einem selber, indem man seine Gedankengänge aufschreibt. Dass wir abgeschweift sind, lag natürlich an mir, das geht mir auch oft in Diskussionen so, dass ich mich plötzlich neben dem eigentlichen Thema befinde.

Ich wollte eigentlich nur sagen, dass man bei gewissen Thesen manchmal etwas Vorsicht walten lassen sollte, weil es gibt einfach auch viele Scharlatane, die es verstehen, aus Grenzwissenschaften gutes Geld zu verdienen.

Was ich aber bemerke, ist, dass mich diese Themen stark motivierten. Vielleicht fehlen mir im realen Leben auch einfach Gesprächspartner und ich bin Euch daher sehr dankbar, dass Ihr hier mit mir rumdiskutiert und Eure Zeit investiert habt. Ich wollte auch niemenden brüskieren oder seine Meinung zurück weisen, ich stelle hin und wieder andere Denkansätze in den Raum, was nicht heissen, soll, dass sie letztlich einen höheren Wahrheitsgehalt haben wie die Eurigen.

Herzlicher Grüsse
Geri
 
Guten Abend Geri,

also mir geht es ganz anders als Wildaster mit der Entwicklung dieses threads....ich stellte mir irgendwann die Frage: Wo ist denn die anfängliche Motivationslosigkeit geblieben?

Und bei diesem klaren Punkt, dachte ich eher: Wow! Da ist was ganz klar und überhaupt nicht wischiwaschi; es klingt überzeugt und irgendwie auch motiviert - vielleicht nur motiviert, die eigene Meinung kundzutun...aber immerhin.

Vielleicht müsste der thread langsam einen anderen Namen bekommen? (Diskussionslust oder ähnlich ;))

So sehen wir alle die verschiedenen DInge anders, und das macht es interessant; auch wenn einen nicht alles interessiert, den einen halt dies, die andere das....

einen schönen Abend, mondvogel
 
Und das zeigt unsere Verschiedenheit und macht es wirklich interessant.
Die Kritik ist angekommen,Mondvogel und du sagst Wow und ich bleibe beim Oh.
Geri,danke für deine Antwort.

Guten Abend
Wildaster
 
Hallo ihr Lieben,

Wildaster und Mondvogel, ich kann mich euch beiden anschließen. Mit einer kleinen Einschränkung: ich denke die Entwicklung passt gut zum Thread, wir befinden uns ja in der Rubrik Gefühlswelt.

Und den Punkt von Geri habe ich nicht als Ohrfeige empfunden sondern als klare Abgrenzung, die mir völlig verständlich ist. Und warum sollte man nicht vom Thema abschweifen, Geri? Es geht ja um Motivationslosigkeit und Sinnkrise, im weiteren Sinne um eine Suche. Der Austausch bezieht alles ein was einen bewegt, da stellt sich auch die Gretchenfrage, und das darf auch betrachtet werden und sich entwickeln. Wir hatten ja schon davon gesprochen, dass sich Dinge ENT-wickeln und damit Verborgenes nach und nach zum Vorschein kommen kann. Das geht ja nicht wenn man sich beim Auswickeln nun selbst zensiert.

Woher wissen wir denn, ob die Motivationslosigkeit nicht hinter den Grenzen verborgen ist, vor denen Geri nun steht und die er hier erst einmal definiert.
Und nehmen wir nicht auch etwas mit von den diskutierten Aspekten, von der Gelegenheit, Dingen auf den Grund zu gehen, sie auszuleuchten, sich damit zu befassen? Ich schon, wenn ich ehrlich bin. Danke dafür, Geri.

Zum einen hast du damit natürlich völlig Recht, lieber Geri: all diese Dinge über das Universum und was nach dem Leben kommt - wir wissen es nicht. Deswegen heißt es ja auch Glauben.

Zum anderen kann ich mich sehr genau daran erinnern wie innerlich abwehrend ich selbst auf Esoterik reagierte. Bis ich mich endlich dazu entschloss, mich nicht länger ausschließlich an meine Ratio zu klammern und mich traute, mir solche Sachen mal genauer anzuschauen. Zugegeben: die Ereignisse zwangen mich mehr dazu als dass ich es freiwillig tat, allerdings würde ich da Spiritualität und Esoterik eindeutig trennen. Einerseits interessierte es mich also irgendwie, andererseits war das Feld neblig und weit, also gute Bedingungen für Blender und Scharlatane. Es machte mir nicht wenig Angst, die sich zunächst als Skepsis tarnte. Welche jedoch sicher mehr als angebracht ist, umso mehr falls man gefährdet ist sich etwas weis machen zu lassen und nicht mehr selbst denkt. Da gebe ich dir völlig Recht, es ist ein weites Feld mit vielen Irrtümern und mit viel Missbrauch und Abzocke. Dieses Feld ist aber, so meine ich, nicht jenes, von dem in unseren Beiträgen erzählt wurde.

Meine Angst war diffus und ging wohl eher in die Richtung, dass man in einen Sog geraten könnte, in einen Strudel der einen hineinzieht wo man nicht sein möchte oder außer Kontrolle gerät. Ich hatte keine Lust auf spirituelle Erfahrungen, die Weiten des unbegrenzten Raums, und dass es mir möglicherweise den Boden unter den Füßen wegzieht. Ich hatte schon genug zu tun mit den irdischen Unebenheiten, die gerade dabei waren das Ausmaß einer Kraterlandschaft anzunehmen. Also genau genommen wollte ich nicht meine Bodenhaftung riskieren, aber auch nicht hinschauen ob der möglichen Gefahr, da könnte vllt. doch etwas dunkles und böses lauern. Ich hatte aber beruflich mit esoterisch arbeitenden Menschen zu tun, und da hatte ich Gelegenheit, mir die Sache aus der professionellen Distanz zu betrachten und dennoch viel darüber zu erfahren. Manches wirkte auch und hörte sich vorläufig richtig an, oft handelten die Leute aber selber nicht nach ihren Behauptungen, und dann traf ich sogar einen esoterischen Kreis wo ich mir nur noch erstaunt die Augen rieb wegen der Plattitüden die da von sich gegeben wurden.

Plötzlich wollten alle Göttinnen gewesen sein oder zumindest Kleopatra, oder auch die Mutter Maria. Die Männer vorzugsweise Jesus. Man sah nur lauter aufgeblasene Egos, die sich mit monumentaler Vorstellungsgewalt aus ihrer vormaligen Vorstellung eines lange gepflegten Gefühls von Kleinheit befreien wollten. Es wurde behauptet, dass wir alle (besonders man selber) ganz toll sind und Anspruch auf alles was wir uns wünschen haben. Entsprechend wurde munter im Universum bestellt als wäre es ein Warenhaus, schließlich wollte man sich ja nicht auf die verabscheuenswürdigen materiellen Methoden herab lassen - und trotzdem alles haben. Die Beweggründe indes waren höchst materiell. Man wollte sich besser stellen, mehr gelten, mehr haben, sogar den besseren Parkplatz als die anderen. Größer, höher, schneller, besser, einfacher und mit dem Gefühl, es stünde einem alles zu. Man wollte dem irdisch materiellen Prinzip entfliehen und nehmen ohne jemand anderem was weg zu nehmen, und natürlich auch nehmen ohne was investieren zu müssen - Mühe, Geld oder eine Gegenleistung. Was allen gemeinsam war: sie wollten fortan in der Fülle leben. Moderne Füllhörner enthalten jedoch keine Früchte und Trauben oder andere Reichtümer der Natur. Nein, sie enthalten Konsumgüter. Und Gewinnaussichten.

Dazu kamen die fraglichen Methoden, andere Menschen davon zu überzeugen, dass sie auch dazu gehören. Mit Horoskopen, Kartenlegen und allem möglichen Kram wurde alles so hingedeutelt wie man es gerade brauchen konnte: Hier, die wichtige Bedeutung der Familie im Pluto, sehr starker Impuls, dem du unbedingt nachgeben musst, weil es dein Glückspunkt ist. Und, ja, deine Familie, das sind natürlich wir, der esoterische Kreis, denn das ist ja nur symbolisch gemeint. Da hatte ich aber schon die Richtigkeit meiner eigenen Impulse und Intuition integriert, und die schlugen aus wie ein wild gewordenes Pendel. Nein, danke - wer meine Familie ist, das weiß ich schon selber. Dass sie mein Glückspunkt ist, mochte sicher zutreffen. Mir erschien das geradezu perfide, zumal sich tatsächlich auch Leute da befunden hatten, die mental und psychisch sehr angeschlagen waren und nach einem rettenden Strohhalm suchten. Aber eins ist anzunehmen: man trifft auf das was man gerade braucht. Niemand wird gezwungen, seinen Verstand auszuschalten, und man lernt auch am negativen Beispiel und an Irrtümern.

Ich erlaubte meinem kleinen inneren Kritiker, ganz nah an meinem Ohr zu wohnen, bat ihn aber, mich nicht zu terrorisieren jedoch wachsam zu sein. Ziemlich flott beschlossen wir beide, das Weite zu suchen. Ich erlebte, wieder meist beruflich noch viele weitere esoterische Menschen, und auch spirituelle, die mit Esoterik wenig am Hut haben. Es ist alles vertreten, und man täte vielen Unrecht, würde man sie alle miteinander in einen Topf werfen.

Allerdings sind die werbe- und marketingstrategischen Psychotricks, um potentielle Kunden zu seinen Gunsten zu manipulieren für meinen Geschmack nicht so viel besser als o.g., außer dass man bei einem Verkäufer weiß, dass er einem was verkaufen will. Ich wäre kein guter Verkäufer, denn ich möchte niemandes inneren Kritiker überlisten, wenn mein Produkt nicht wirklich gewollt oder gebraucht wird. Abstoßend wird es aber dann, wenn Menschen sich dabei auch noch auf höhere Eingebungen und das Universum, oder gar auf Gott berufen.

Du fragtest mich, wie ich die Dinge sehe. Nun, ich denke, dass es relative Zeitverschwendung ist, die Wahrheit über das Universum und seinen Ursprung ernsthaft definieren zu wollen. Für solche Antworten fehlt uns einfach mindestens eine Dimension in unserem begrenzten Vorstellungsvermögen. Ich habe diesen Versuch während meiner Schulzeit aufgegeben, als wir im Deutschen Museum ein Modell unseres Planetensystems bestaunen durften. Das Planetensystem befand sich in einem Raum, den ich logischerweise als symbolischen Weltraum betrachten musste. Nur: ich befand mich ebenfalls in dem "Weltraum" und hätte mich bei entsprechender Verkleinerung ebenso gut auch realitätsgetreu auf der Erde aufhalten können. Von wo aus mir sicher entgangen wäre, dass dieses verkleinerte Universum vier Wände und eine Tür hatte, durch die ich jetzt einfach hinaus spazieren konnte in die Halle. Die Halle befand sich in einem Gebäude, das Gebäude auf der Erde, die Erde in unserem Sonnensystem, jenes im Universum, äh.... und weiter? Wie auch immer man es drehte und wendete, ob man sich das Universum nun als Kugel oder als Endlosschleife vorstellte, am Ende stand immer die Frage: und was ist außerhalb? Wo ist es drin? Im Wohnzimmer vom lieben Gott? In einem anderen Universum? Wir denken nun mal räumlich, und Räume sind begrenzt. Sie sind immer umgeben von einem anderen Raum.

Wir hatten dann unseren Spaß damit, uns vorzustellen wo das Universum überall drin sein könnte: in einem Gurkenglas, in einem Wüstensandkorn, in einer Art Aquarium, als unbedeutender Teil einer gigantomanischen anderen Welt, oder vielleicht einfach nur eine Staubmulle in einer solchen.

Über den Ursprung des Urknalls haben wir auch viel philosophiert und gekichert. Immerhin kamen wir zu dem Schluss, dass es ein Versehen gewesen sein muss, weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass jemand absichtlich ein ganzes Universum explodieren lässt. Bloß wer? Und wo hält er sich auf, also wo ist er drin?

Womit wir wieder am Anfang wären.

So wie die Frage nach dem Ursprung des Universums in absehbarer Zeit wohl nicht geklärt werden wird, dürfte es sich auch mit der Frage nach Gott verhalten. Es ist eine Frage des Glaubens und oft des persönlichen Empfindens. Man wird solche Fragen nicht auf der intellektuellen Ebene klären können, noch weniger wird man sie von sich auf andere übertragen können. Es gibt Zeiten, da fühlt man sich dem näher, und dann wieder weiter entfernt oder umgekehrt. Die Frage, ob man es nun Gott oder anders nennt was über uns steht dürfte eh müßig sein.

Mich fasziniert nur immer wieder, dass Menschen, die wirklich viel mitgemacht haben oft umso fester in ihrem persönlichen Glauben bestärkt sind oder überhaupt erst dazu kommen und die Empfindung haben, in den schweren Zeiten durchaus begleitet gewesen zu sein, anstatt zu hadern und zu fragen: und, Gott, wo warst du?

Dass Wissenschaftler, je mehr sie die Komplexität des Universums und von Raum und Zeit erforschen, umso mehr zu der Erkenntnis kommen, dass dies nicht zufällig geschehen sein kann und hinter diesem auf wunderbare Weise geordneten Chaos die Existenz von etwas wie Gott anerkennen.

Dass Menschen mit Nahtoderfahrung berichten, dass sie für einen Augenblick ALLES verstanden haben und im völligen Vertrauen auf ein Weiterexistieren nach dem physischen Tod diesen nicht mehr fürchten und ihre weitere Lebenszeit gehaltvoller nutzen.

Dass sie zwar etwas göttliches darin erkennen, das jedoch nichts mit Religion zu tun hat. Dass sie wissen, sie haben hier eine Aufgabe, auch wenn es keine besondere ist.

Religion, das ist ein zweischneidiges Schwert. Im Namen der Religion wurde und wird gekämpft, unterdrückt, getötet, geschachert, sich bereichert. Aber auch geholfen, gerettet, soziale Strukturen erschaffen, die Wohlhabende und Starke gegenüber den Armen und Schwachen verpflichten, lange bevor es den Sozialstaat gab. Auch der Gedanke der Nächstenliebe liegt der Menschheit wohl nicht allein im Blut sondern wurde und wird durch Kirchen und religiöse Menschen angemahnt, wenn auch ihre Vertreter auch nur Menschen sind und oft genug Wasser predigen und Wein trinken. Im Wesentlichen sah ich es genauso wie du, nur dass es mir heute völlig egal ist. Ich gehöre keiner an.

Mich wundert nur manchmal, dass selbst heute in unserer aufgeklärten Zeit, in der Kritik und Distanz zur Religion ohne soziale Nachteile möglich und erlaubt ist, viele Menschen zwar nicht ihrer traditionellen Kirche angehören wollen, aber dennoch religiöse Strukturen suchen und sich allerhand spirituellen Ideologien unterwerfen, teils bis zur Selbstaufgabe. Menschen, die ihre eigene Konfession ablehnen suchen Antworten in anderen Religionen, in Sekten und in esoterischen Kreisen.

Offensichtlich ist es den Menschen ein tiefes Bedürfnis, einerseits hinter die Kulissen zu sehen und Erklärungen für seine Daseinsnöte zu finden, andererseits aber auch die Verantwortung abzugeben und sich einen Vorteil durch "gute Führung" oder mit allerhand spirituellen Manipulationstechniken zu verschaffen. Mal abgesehen von den bewussten Täuschern, die solche Bedürfnisse für sich ausnutzen.

Da wir unserer inneren Ausrichtung entsprechend meistens vornehmlich das sehen, was wir erwarten oder was uns bestätigt, funktionieren solche harmlosen Sachen wie Parkplatz bestellen im Universum so hervorragend. Zwar ändert das nichts an der Parkplatzsituation, aber die Erfüllung der Erwartungshaltung suggeriert den Erfolg der Anwendung. Natürlich, wenn man oft genug um den Block fährt findet man sogar irgendwann den bestellten Parkplatz. Die Wahrheit bei meinen Touren, die immer gleiche Ziele haben ist: wenn Montag ist, keine Urlaubszeit ist und es regnet, findet man vormittags in der Nähe von Geschäften, Arztpraxen und Schulen selten auf Anhieb eine Parklücke, anders als in der Ferienzeit bei fußgängerfreundlichem Wetter. Mit oder ohne Bestellung. Wenn man innerlich ausgerichtet ist auf das Finden des erwarteten Parkplatzes könnte es sogar sein, dass man fokussierter ist und schneller einen findet, den man sonst vllt. übersehen hätte. Oder dass man weniger ungeduldig ist und es einem viel kürzer vorkommt bis man einen gefunden hat.

Das ist das Schöne am Glauben, egal an was: er bietet eine Perspektive und man kann so viel hinein interpretieren ohne in der Beweispflicht zu sein. Und man kann einer Überzeugung und inneren Ausrichtung folgen, selbst wenn sie gegen jede Vernunft wäre. Was jetzt nicht abschätzig gemeint ist, denn das ist wohl der Grund warum Glaube Berge versetzen kann.

Doch differenziere ich hier: Religion, Glaube und Spirituelle Erfahrung bedingen einander nicht. Ich kenne Menschen, die sind WEGEN ihres Glaubens aus ihrer Kirche ausgetreten. Andere sind drin und glauben nichts. Spirituelle Erfahrungen gehören nicht zwangsläufig in die Esoterikschublade, sind unabhängig von allem und können nicht erzwungen werden. Oft kommen sie ungefragt von ganz alleine.

Glauben und Spiritualität betrachte ich als etwas sehr persönliches. Man kann seine Erfahrungen und Empfindungen durchaus für wahr nehmen und seine Schlüsse ziehen, und sie dennoch nicht ans Portal nageln und für immer und ewig für gültig erklären. Vielleicht beurteilt man Dinge einige Erfahrungen später anders, vielleicht auch nicht. Alles ist offen.

Ob spirituelle Erfahrungen nun einem hineinschauen in eine erweiterte Dimension unserer Existenz entspringen oder einem biochemischen Trick oder gar einer solchen Fehlfunktion, das spielt für mich keine Rolle. Die Tatsache sich ähnelnder Erfahrungsberichte, etwa bei NTEn beweist ja weder das eine noch das andere. Dennoch existieren diese Erfahrungen. Daraus lassen sich im Wesentlichen drei Schlüsse ziehen:

Entweder die Erfahrungen sind so real wie sie empfunden wurden und diese Menschen haben vorübergehend die Begrenzung des physischen Seins überwunden, und damit die Begrenzungen der Wissenschaft bewiesen.

Oder unser Bewusstsein hat tatsächlich die Fähigkeit, zu irgendwelchem Zweck diese Wahrnehmung als reine Halluzination hervor zu rufen, dann hätten wir unser wahres Potential bei Weitem noch nicht entfaltet und die heilsamen Erkenntnisse wären bisher nur wenigen Menschen vorbehalten.

Oder unser System hat einen Fehler und projiziert unsinnige Wahrnehmungen, die den Menschen nachhaltig verändern. Was ihm nicht schadet, aber an sich überflüssig wäre.

Auch hier ist alles ist offen.

Nichtsdestotrotz finden auch aufrichtig Gläubige ohne eigene spirituelle Erfahrungen, allein durch ihre bewusste Entscheidung zur Nächstenliebe und deren Ausübung zu einem Sinn im Leben und zu einer Einstellung, die ihnen Kraft und Zuversicht und eine gesunde Portion Vertrauen und Gelassenheit gibt.

Liebe, und speziell die als bedingungslos bezeichnete Sonderform ist überhaupt eines der zentralen Themen bei spirituellen Erfahrungen. Man kann sie in der Tat nur nachvollziehen wenn man sie auch empfunden hat. Dasselbe ist es mit der Mutterliebe. Auch wenn nicht jeder sie empfinden kann, niemand würde auf die Idee kommen sie anzuzweifeln, obwohl ihre Existenz nicht beweisbar ist. Einzig das eigenartig anmutende, selbstlose und manchmal an Aufopferung grenzende Verhalten von Müttern gegenüber ihren Kindern könnte ein Indiz dafür sein. Dann wäre aber umgekehrt, z.B. auch die veränderte Einstellung und das Verhalten von NT-Erfahrenen ein Indiz für die Existenz ihrer Erfahrungen.

Wenn nun ein Hirnforscher oder ein anderer Wissenschaftler eine solche Erfahrung macht und seine vorher so zweifelnde wie nichtsahnende Einstellung dazu revidiert, warum sollte er das denn verschämt unter Verschluss halten? Macht ihn das plötzlich weniger glaubwürdig?

All das hat nichts mit Esoterik zu tun, und unser physikalisches und allgemein wissenschaftliches Verständnis dürfte noch nicht am Ende der Möglichkeiten angelangt sein. So wie es immer war, und weswegen wir fast schon froh sein können, dass unser Globus nicht als Wandteller das heimische Wohnzimmer ziert und wir keine Angst haben müssen, eventuell vom Rand der Welt zu fallen. Es gab immer Zeiten wo unser begrenztes Denken Erweiterungen erfuhr, oder umgekehrt, wo wir mit unserem heutigen Wissen über die damaligen begrenzten Vorstellungen unserer Vorfahren lachen können.

Der Kardiologe Pim van Lommel hat das Phänomen von NTE übrigens auf wissenschaftlicher Basis an seinen im OP überwachten Patienten untersucht.

Rationales Denken schließt grenzüberschreitende Erfahrungen und Beobachtungen und deren Anerkennung indes nicht aus. Wo in der Wissenschaft die Grenzen unserer bisherigen Erkenntnisse aufgebrochen werden, da werden bei Nichtgefallen (durch das Establishment) oft neue durch territoriale Ansprüche gesetzt. Man kann also vielleicht nicht vorbehaltlos auf die Wissenschaft vertrauen.

Auch die Psychologie fußt weitgehend auf Beobachtung, Behauptungen, Schlussfolgerungen und Interpretationen, es gibt kaum unwiderlegbare Beweise. Psychiatrische Diagnosen werden ziemlich willkürlich katalogisiert und noch willkürlicher angewandt.

In den Fragen des Glaubens, der ja auch ganz undogmatisch sein kann hat jeder die Freiheit, sich selber zu orientieren und zu entfalten. Sicher könnte man vieles als Selbstsuggestion bezeichnen, zum Beispiel wenn Menschen behaupten, sie hätten Kraft und Zuversicht im Glauben gefunden. Auch wenn ich dir erzähle, dass sich für viele Probleme eine Lösung eingefunden hat nachdem ich es loslassen und gelassen abwarten konnte, ließe sich mit Selbstsuggestion erklären. Allerdings müsste ich dazu ja einen Lösungsansatz gekannt haben und mir die Lösung vorstellen können, oder zumindest mich mit dem Problem befasst haben.

Ließe sich die These nicht auch umkehren und sagen: erst das Loslassen von der Selbstsuggestion, nämlich der, dass eine Sache aussichtslos oder unlösbar sei, ermöglichte ihre Lösung? Und suggeriert man sich nicht möglicherweise selber, dass man alles erreichbare schon erreicht hat in seinem Leben? Dann wäre die Aufhebung dieser Selbstsuggestion vielleicht auch die Aufhebung der Grenzen, an die du momentan stößt.

Um zu der endlosen Weite esoterischen Treibens zurück zu kommen: ich denke nicht, dass es nötig ist, sich auf etwas Unbekanntes einzulassen, dem man nicht traut. Man könnte seine Fragen stellen und die Antworten darauf überprüfen ob sie sich richtig anfühlen. Man könnte sich das eine oder andere Buch anschauen oder sich mit Menschen unterhalten. Deswegen muss man ja weder seine Ratio dagegen eintauschen noch vom Boden abheben. Sogar der innere Kritiker darf munter ätzende Kommentare abgeben, falls ihm dazu welche einfallen. Man braucht sich ja mit einer Sache nicht gleich gemein machen, wenn man sie sich anschaut. Wer der Herr im eigenen Haus ist, bestimmt man selber. Mein rationales Denken verhalf mir zu der Einsicht, dass ich das Steuer in der Hand habe und auch behalte, und so ist es auch.

Es braucht keinen Führer, kein geschultes Medium und keinen Guru, keine Rituale und keine Einweihungen um sich selbst näher zu kommen. Wir müssen nicht mit dem Universum oder dem Jenseits kommunizieren, um Antworten zu finden oder um unsere Bedürfnisse auszusenden. Es reicht, sich die Fragen zu stellen und die Antworten abzuwarten.

Und sich auszutauschen.
Was wir hier ja reichlich und hemmungslos tun ;)

Liebe, liebe Grüße
Lealee

Ach ja, lieber Geri, den selten genossenen Schweinsbraten habe ich natürlich vor dem Radeln gegessen, der Radelweg führte ja ausnahmsweise direkt auf die Sonnenterrasse von einem kleinen Café, wo noch Kuchen dazu kam bevor es wieder nach Hause ging. :bier:
 
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