Fastenzeit

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Die Fastenzeit steht kurz bevor.

Mit einer gewissen Verwunderung habe ich festgestellt, dass ich über die muslimischen Fastenregeln - Saum im Ramadan - mehr weiß, als über die christlichen! - Als ich Kind war und meine Großmutter bei uns lebte, hat sie immerhin auf die Einhaltung des Aschermittwochs und Karfreitags geachtet.
Vor allem am Karfreitag galt: Ruhe, leise sein, nicht toben, nicht singen usw. - Stiller Freitag nannte sie es auch!

Ansonsten habe ich nicht viel vom Fasten mitgekriegt und auch nie praktiziert. Ich esse einfach zu gern.
In den letzten Jahren, so habe ich beobachtet, sind entschärfte Formen des Fastens "Mode" geworden. Manche meiner Freunde, Bekannten oder KollegInnen nehmen sich in der Fastenzeit vor, auf irgendetwas "liebgewordenes" zu verzichten.

Jetzt habe ich mich mal im Internet nach christlichen Fastenregeln und Bräuchen umgeschaut.

Fastenzeit - Wikipedia

Historische Entwicklung und Symbolik der christlichen Fastenzeit bis zur Reformation

Die christliche Tradition sieht genau genommen zwei Fastenzeiten vor, da die Adventszeit auch als Fastenzeit gesehen werden kann. Der christliche Brauch der Fastenzeit lässt sich bis in das 4. Jahrhundert zurückverfolgen. Im Mittelalter dauerte die Fastenzeit vor Weihnachten 40 Tage und begann nach dem 11. November, dem Martinstag. Der Brauch, davor noch eine Martinsgans zu essen, stammt aus jener Zeit. Der Begriff Fastenzeit wird jedoch nur (und auch im älteren Sprachgebrauch) für die österliche Bußzeit verwendet. Sie beginnt am Aschermittwoch und endet in der Osternacht, dem Vorabend des Ostersonntag. In dieser Zeit sind ebenfalls 40 Tage Fastenzeit vorgesehen, wobei die Sonntage seit der Synode von Benevent (1091) nicht mehr dazu gerechnet werden. Nach einer anderen Zählweise erstreckt sich die Fastenzeit ebenfalls 40 Tage lang, was auf den Zeitraum von Aschermittwoch bis Palmsonntag bezogen ist und zwar inkl. der Sonntage. Ab Palmsonntag beginnt die Heilige Woche (Karwoche), welche nach dieser Zählweise als extra Abschnitt zählt.

Im christlichen Festkalender geht die österliche Fastenzeit (Quadragesima) dem Osterfest voran, das durch das Konzil von Nicäa 325 auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgesetzt wurde. Ostern ist deshalb ein beweglicher Festtermin, der auf die Zeit zwischen den 22. März und den 25. April (Ostergrenzen) fallen kann. Der Termin der Fastenzeit ist "beweglich" und definiert sich im Verhältnis zu Ostern durch die Länge der Fastenzeit.

In Bezug auf das Fasten Jesu in der Wüste (Mt 4,2 EU) legte die Kirche die Länge der Fastenzeit auf 40 Tage und Nächte fest. Die in 40 Einheiten zu teilende Zeitspanne bezeichnet die erdzugewandte Vielfalt und kommt in der Bibel mehrfach vor: 40 Jahre wandern die Israeliten durch die Wüste (Ex 16,35 EU), 40 Tage begegnet Moses Gott auf dem Sinai (Ex 24,18 EU), 40 Tage wandert Elias zum Berg Horeb (1_Kön 19,8 EU), 40 Tage fastet Jesus in der Wüste ({B|Mt|4|2}}; Lk 4,2 EU) und 40 Tage nach der Auferstehung (= Ostern) feiert die Kirche Christi Himmelfahrt (Apg 1,3 EU).

Der Beginn der Fastenzeit liegt auf einem Mittwoch und das Ende der Fastnachtszeit auf dem Dienstag nach dem 6. Sonntag vor Ostern (Invocabit). Als die Synode von Benevent 1091 die Sonntage in der Fastenzeit als Gedächtnistage der Auferstehung Jesu vom Fasten ausnahm, rückte deshalb der Beginn der Fastenzeit um 6 (Wochen-) Tage vor. Die Fastnacht endet seitdem am Dienstag nach dem 7. Sonntag vor Ostern (Estomihi) und die Fastenzeit beginnt mit dem folgenden Mittwoch, dem Aschermittwoch. Jene, die ihre Fastnacht nach der alten Fastenordnung vor der Regelung in Benevent (1091) feiern, begehen die Alte Fastnacht (auch: Bauernfastnacht), die immer in die geltende Fastenzeit fällt. Zum Unterschied von der Alten Fastnacht wurde der der neuen Fastenordnung entsprechende neue Fastnachtstermin Herrenfastnacht genannt.

Die Fastenzeit galt als gebundene Zeit, denn in dieser Zeit waren die Christen an Verpflichtungen gebunden: Die Pflicht zum Fasten, d.h. zum Verzicht auf Fleisch, Milchprodukte (= Laktizinien), Wein und Eier, Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste, Teilnahme an der Osterbeichte.

Andere Namen für die österliche Fastenzeit oder Fastenquadragese sind: Quadragesima, Quadragena, Quarentana, Quadragesimum major, - ante pascha, tempus quadragesi-male, Großes Fasten, Lange -, jejunium longum, - quadragesimale, - paschale, jejunia.

Fastenzeiten in der römisch-katholischen Kirche

Die vierzigtägige Fastenzeit der römisch-katholischen Liturgie ist als „Österliche Bußzeit“ bestimmt. Sie dient ganz der Vorbereitung auf die Osterfeier. Daher bereiten sich in dieser Zeitspanne die Katechumenen auf ihre österliche Aufnahme in die Kirche (durch die Sakramente Taufe, Firmung und Eucharistie) vor, die schon Getauften hingegen durch Taufgedächtnis und Buße (mit Fasten) auf die Erneuerung der Taufversprechen und die Osterkommunion in der Feier der Osternacht. „Die Fastenzeit dauert von Aschermittwoch bis zum Beginn der Abendmahlsmesse am Donnerstag in der Karwoche“ (amtliche Grundordnung des Kirchenjahres und des neuen Römischen Generalkalenders Nr. 28). „Am Karfreitag und gegebenenfalls am Karsamstag bis zur Osternachtfeier wird überall das Osterfasten gehalten“ (ebd. Nr. 20). Dieses Osterfasten ist keine Bußübung, sondern ein Trauerfasten zum Gedächtnis der Passion Christi sowie seiner Grabesruhe und unterstützt die besondere Festfreude des Auferstehungstages Ostern.

Streng gebotene Fasttage sind heute noch in der katholischen Kirche der Aschermittwoch als erster Tag der Fastenzeit sowie der Karfreitag, an dem die Kirche des Leidens und Todes Christi gedenkt. In diesen Tagen dürfen sich die katholischen Gläubigen nur einmal sättigen und weitere zweimal einen kleinen Imbiss zu sich nehmen. Fleisch- und Alkoholkonsum sind an diesen Tagen verboten (Abstinenzgebot).

In der Fastenzeit ist in erster Linie nach alter kirchlicher Tradition auf Fleisch zu verzichten, weil die Enthaltung von Fleisch nicht von jedem Menschen als Verzicht empfunden wird, dürfen an den empfohlenen Fasttagen auch andere Bußformen verrichtet werden. Viele Katholiken essen in dieser Zeit z. B. keine Süßigkeiten und entsagen sämtlichen Genussmitteln wie Kaffee, Tee oder Alkohol. Andere dagegen schränken alltägliche Gewohnheiten wie Fernsehen, Musik hören oder Computerspielen ein und meiden Kneipen- oder Diskobesuche. Auf diese Weise ist es möglich, die Fastenzeit individuell zu gestalten. An den Freitagen der Fastenzeit sollen Katholiken auf jeden Fall auf Fleisch verzichten. Die Sonntage in der Fastenzeit sind (wie alle Sonntage) vom Fasten immer ausgenommen.

Die bewusste Einschränkung soll v. a. eine Schulung des Geistes bewirken. Fastenzeit ist eine Zeit der Buße und der Umkehr. Daher sollen Katholiken während der österlichen Bußzeit die Beichte ablegen. In den Gemeinden finden auch häufig besondere Bußgottesdienste statt.


Fastenzeit in protestantischen Kirchen

Die Reformatoren haben das Fasten sehr kritisch betrachtet. Ihrer Ansicht nach handelte es sich dabei um einen rein äußerlichen Akt der Religiosität, der vor Gott nicht verdienstlich sei. Da Jesus Christus sich selbst am Kreuz geopfert habe, seien weitere Opfergaben unnötig. Dennoch ist der Brauch des Fastens im heutigen Protestantismus nicht unbekannt. Für viele Protestanten ist der Verzicht auf Fleisch und Genussmittel bis heute am Karfreitag selbstverständlich. Je stärker der individuelle Protestant bzw. die einzelne protestantische Konfession der katholischen Tradition verpflichtet ist, desto eher wird auch das Fasten mit der 40-tägigen Fastenzeit in Verbindung gebracht, und desto eher werden auch andere Bräuche, die in der Orthodoxie oder im römischen Katholizismus vorkommen, praktiziert. So wird in der anglikanischen Tradition das Aschenkreuz auf der Stirn empfangen; auch andere liturgische Bewegungen, die im Protestantismus entstanden, wie beispielsweise die Taizé-Bewegung oder die Berneuchener Bewegung, berücksichtigen die Fastenzeit, indem die Liturgien einen besonderen Bußcharakter erhalten, und auf das Wort Alleluia verzichtet wird. Am anderen Ende des protestantischen Spektrums, z.B. bei Pfingstlern oder Evangelikalen, aber auch bei vielen Reformierten Christen werden diese geschichtlich gewachsenen Traditionen überhaupt nicht berücksichtigt oder gar als abergläubisch verworfen. Dort, wo die Fastenzeit im Protestantismus beachtet wird, wird weniger auf detaillierte Essvorschriften geachtet, und mehr auf Verzicht im Allgemeinen; so nimmt auch die Evangelische Kirche in Deutschland an Aktionen teil, wie z.B. "Auto-Fasten", die gemeinschaftlich mit der Römisch-katholischen Kirche und dem Verkehrsclub Deutschland organisiert wird.

Inhalt - Grundordnung des Kirchenjahres und des Neuen Roemischen Generalkalenders

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Fastenzeit - Moderne Ansätze für ein altes Ritual | Umwelt & Gesundheit | BR

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Bruder Paulus:
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Herzliche Grüße von

Leòn
 
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So kann's gehen:
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Abb.: Fastenzeit und Arbeitslosigkeit: "Also Sie beachten die Fastenregeln nicht. Weshalb nicht?" — "Ich könnt's nicht, es würde meine Verhältnisse übersteigen!". -- Karikatur von Herbert Anger. -- In: Lachen links. -- Nr. 10, 1926

[Quelle: Lachen links : das republikanische Witzblatt 1924 bis 1927 / Udo Achten (Hg.). -- Berlin [u.a.] : Dietz, 1985. -- 239 S. : überwiegend Ill. -- ISBN: 3-8012-0103-1. -- S. 182]
Lachen links (1924 - 1927) (Antiklerikale Karikaturen und Satiren XV)
 
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