Große Sorge um meinen betagten Vater

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Kann man hier auch Rat erhalten, wenn es um
Betreuungsfragen und Umgang mit betagten Eltern/Elternteilen geht?

Stehe vor einem Problem, das mir große Sorgen macht

Eshita
 
Hallo Eshita,

natürlich kannst Du hier fragen, und es ist zu hoffen, daß es Erfahrungen zu Deinen Fragen gibt.

Evtl. könntest Du Dir auch Hilfe bei der Caritas suchen oder auch bei einer anderen, ähnlich gelagerten Organisation.
Gute Informationen finden sich u.a. hier: www.bmj.de/DE/Buerger/gesellschaft/Patientenverfuegung/_doc/Patientenverfuegung_doc.html

Grüsse,
Oregano
 
hallo,
ich habe bei dem von Oregano genannten link ,die jeweiligen broschüren bestellt und hatte sie in kürzester zeit im briefkasten ,kostenlos !
Alles Gute !
 
Hallo Oregano und Kopf,

das ging ja schnell, danke.

Das Problem ist sehr umfassend. Es hat in 1. Linie eine psychische Seite, die die Praktische und Betreuungs-Seite stark beeinflußt.

Vielleicht bin ich auch in meiner Anspannung zu verkrampft, um das ganze ein wenig gelassener zu sehen.

Zunächst möchte ich mal SEINE Biografie erstellen:

Jahrgang 1939/also 72 Jahre alt

Mit 20 (jedoch schon verheiratet) stellt er homosexuelle Züge bei sich fest, zeugt aber 5 Kinder (ich bin die 2. Tochter, nach mir noch 3 Söhne)

Ständig in Konflikt mit dieser Sache beginnt er zu Trinken und Kettenrauchen. Verliert wegen Alkohol am Steuer 2 x seinen Führeschein und damit auch seine Arbeit für viele Jahre.

Die Kinder leiden unter seinen Launen, wissen natürlich nichts von dem Ganzen.

Die Ehe zerbricht unter anderem auch daran, dass er mit Geld nicht umgehen kann (er verschenkt das hart verdiente Geld meiner Mutter während seiner Trinkgelage an Kumpels)
Außerdem verschuldet er sich, weil er Geld von vielen leiht (keine Ahnung für was?)

Alle 5 Kinder leiden so sehr darunter, dass nur noch Angst im Raum steht. Aber nicht vor der Macht körperlicher Mißhandlungen, sondern vor der Macht von zerstörenden Worten.
Meine Mutter war allen voran am schlimmsten betroffen.
Sie ließ sich 1986 von ihm scheiden, verzichtete auf Unterhalt, nur um ganz von ihm weg zu sein.

Im Alter von 18 Jahren erfahre ich die ganze Geschichte. Verstehe natürlich endlich, wie all das sein kann.

Die Zerrüttung ist aber schon so weit fortgeschritten, dass keine Kraft mehr bleibt.

Ich, meine Schwester und mein ältester Bruder nehmen jeweils einen Kredit von 5000 DM auf, um die "Karre aus dem Dreck" zu ziehen. Es war zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein - um den Gerichtsvollzieher fern zu halten.

Mein Vater konnte aber auch aufgrund dieser Unterstützung seine Launen nicht in den Griff bekommen, verletzte auf gröbste Weise ständig unsere Gefühle, so dass wir nach und nach nur noch das Weite suchten.

So kam es, dass ich 20 Jahre lang keinen Kontakt hatte. Jedoch immer in Sorge, wie es ihm wohl geht. Mit seiner sexuelle Neigung hatte ich keine Probleme.

In großen Abständen meldete ich mich mit mächtigem Herzklopfen bei ihm. Aber er beschuldigte mich immer wieder, ihn sitzen gelassen zu haben, wie er nur solche schlechte Kinder haben konnte, nach allem, was er für sie getan hätte (hallo?!?).

Und dann, eines Tages ein Anruf von seiner Seite. Er habe sich das Trinken und Rauchen abgewöhnt, sein Leben in Ordnung gebracht. Das war vor etwa 7/8 Jahren.

Es kam zur Zusammenführung. Die Ängste meinerseits waren zwar noch da, ließen sich aber im Laufe der Jahre relativ gut abbauen. Ich begann sogar, ihn wieder lieb zu haben.

Dann erfuhr ich:
Er pflegte über 10 Jahre eine alte Dame, machte dann vor 2 Jahren eine Erbschaft von 20.000 €.
Mein Mann und ich baten ihn darum, dieses Geld gut zu verwalten, da er ins Alter komme, und WIR nicht in der Lage seien, ihn zu unterstützen.
Hat nichts gebracht, er hat es schon wieder verbraucht, und leiht schon wieder Geld von anderen.


Durch Heirat 1982 zog ich ca 200 km weg von zuhause. Also waren die Kontakte vorwiegend telfonischer Natur.

Alle drei Brüder sind bis zum Tag trotz "Rückkehr" von ihm fern geblieben. Einer hat sich sogar gerichtlich von ihm Entmündigen lassen. (Habe ich auch erst sehr spät erfahren)



Aktueller Stand:

Aufgrund eines Aufenthaltes in einer Psychiatrie wurden meine Schwester und ich jetzt zu einem Arzt-Gespräch gebeten.

Er ist nicht mehr in der Lage, rund um die Uhr alleine zu wohnen.
Bei diesem Arzt-Gespräch war er dabei.
Bin schockiert, was aus ihm mittlerweile geworden ist:

Ein Mann, aphatisch, nach Worten ringend, nicht durchblickend, was gesprochen wird.
Nach diesem Gespräch hatte ich einen Weinkrampf, weil ich mir bewußt geworden bin, dass ich ihn doch noch/wieder sehr lieb habe.
Stelle aber auch meine nervlichen Grenzen fest, fange sofort an zu zittern und bekomme Angst-Zustände.

Bis hierher zunächst mal.
Vielleicht kann mir hier jemand helfen, zunächst mal in meiner Gefühlswelt Ordnung zu schaffen.

Vielen Dank schon im Vorraus.
Eshita
 
Zuletzt bearbeitet:
Konflikt mit Vergangenheit+Hilfeleistung für Vater

Es wird wohl darauf hinaus laufen, dass er eine Betreuung braucht.

Meine Schwester wohnt max. 10 km weg von ihm.

Sie hat aber in den vergangenen Jahren schon ihre Schwiegereltern gepflegt.

Jetzt ist ihr Mann selbst schwer erkrankt, außerdem ist sie selbständig.

Die zwei Kinder sind schon erwachsen.

Auch sie hat Probleme damit für ihn sorgen zu müssen, da er weder bereit ist, in seine finanzielle Angelegenheiten Einblick zu gewähren,
noch Rat anzunehmen und Mithilfe zu leisten.

Die Begründung des Psychiaters, er solle nicht mehr alleine wohnen liegt darin, dass er sich wegen Diabetes 2 spritzen muß und in seiner Aphatie falsch dosieren könnte.

Er wird am 16.1. entlassen.

In eine Pflegestufe eingestuft zu werden reicht es wohl noch nicht.

Das macht die finanzielle Hilfe extrem schwer, da er nur eine kleine Rente bekommt.

Ihn zu uns zu nehmen würde meine gesundheitliche/nervliche Kraft übersteigen, obwohl ich insgesamt nicht abgeneigt wäre-ich hab ihn trotz allem sehr lieb.

Bin einfach ratlos, was ich machen soll.
Ist hier wirklich niemand, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat?
 
Hallo Eshita,

warst Du denn schon bei einer Beratungsstelle, z.B. der Caritas? Ich denke, Ihr braucht dringend professionelle Hilfe,die sich in diesen Dingen auskennt.

Wenn er nicht mehr alleine für sich sorgen kann, wäre ja auch ein Heim eine Möglichkeit, über die nachgedacht werden sollte. Gerade weil Dein Vater offensichtlich kaum etwas dazu tun kann, daß es ihm besser geht oder das vielleicht auch gar nicht möglich ist, wäre das eine Überlegung wert. Evtl. auch betreutes Wohnen, falls es das für solche Fälle gibt.

Du kannst Deinen Vater lieb haben und trotzdem nicht mit ihm zusammen leben und ihn versorgen und betreuen. Gleiches gilt für Deine Geschwister.

Was wichtig wäre zu wissen:
Wer stellt einen Antrag auf Betreuung? Macht das der Psychiater oder machen das Angehörige?
Ich würde mir gut überlegen, ob ich als Angehöriger mit so viel unerfreulicher Familiengeschichte und dem Wissen um das Verhalten Deines Vaters eine Betreuung übernehmen wollte. Ehrlich gesagt: eher nicht.

Also wäre eine vom Gericht bestellte Betreuung angesagt. Da kann es hilfreich - soweit die Möglichkeit besteht - sich über Betreuer mit gutem Ruf zu erkundigen. Denn auch da gibt es schwarze Schafe.

Familienratgeber: Gesetzliche Betreuung - Was heit das?

Für Dich selbst würde ich evtl. an eine Hilfe in Form von Gesprächen mit der Caritas,Familienberatung, Pfarrer oder ähnlichen Stellen nachdenken.

Grüsse,
Oregano
 
Liebe Oregano

warst Du denn schon bei einer Beratungsstelle, z.B. der Caritas?
Das macht meine Schwester im Laufe dieser Woche.

Bisher ist er noch fähig, sich alleine anzuziehen, sich kleine Mahlzeiten zu richten, ggf auch kleine Aufräumarbeiten zu tätigen.
Mir ist bekannt, dass, so lange ein Mensch das noch kann, er noch nicht einmal in Pflegestufe 1 eingestuft wird.

Du kannst Deinen Vater lieb haben und trotzdem nicht mit ihm zusammen leben und ihn versorgen und betreuen.
Ja, ich weiß schon, aber irgendwie fühle ich mich verantwortlich...

Was wichtig wäre zu wissen:
Wer stellt einen Antrag auf Betreuung?
Meine Schwester weigert sich das zu tun, weil sie aus der Pflege ihrer Schwiegereltern noch bekannt ist, dass der Antragsteller auch für Kosten zuständig ist.

Macht das der Psychiater?
Der auf keinen Fall.

Ich würde mir gut überlegen, ob ich als Angehöriger mit so viel unerfreulicher Familiengeschichte und dem Wissen um das Verhalten Deines Vaters eine Betreuung übernehmen wollte. Ehrlich gesagt: eher nicht.
Tja, das ist eben der Konflikt, der mich fast auffrißt..
Geht bei uns räumlich auch gar nicht, weil wir schon meine Schwiegermutti (verstehe mich super mit ihr) im Haus haben.

Denn auch da gibt es schwarze Schafe.
Hast Du da auch schon schlechte Erfahrungen gemacht?

Für Dich selbst würde ich evtl. an eine Hilfe in Form von Gesprächen mit der Caritas,Familienberatung, Pfarrer oder ähnlichen Stellen nachdenken.
Du meinst zur Konflikt-Bewältigung? Wußte gar nicht, dass das geht.

Oregano, ich danke Dir ganz herzlich für Deine Anteilnahme.
Es tut schon gut, sich hier ein wenig auszutauschen.

Den Link von Dir kannte ich schon. Habe mir am Wochenende, ne ganze Mappe dieser Art angelegt, und festgestellt, dass es bei mir eher der Herzensschmerz ist, der mir so zusetzt.

Liebe Grüße
Eshita
 
Hallo Eshita,

dass es bei mir eher der Herzensschmerz ist, der mir so zusetzt.

Vielleicht kannst Du versuchen herauszufinden, was der Herzschmerz denn so alles beinhaltet?
Auch dazu könntest Du Dir Hilfe suchen.
Es wäre ja möglich, daß der Herzschmerz auch das große Bedauern und die Traurigkeit darüber ist, daß vieles geschehen ist seit Deiner Kindheit, was Dir weh getan hat, was Dich und Deine Geschwister verletzt hat usw.
Und: daß es jetzt wohl zu spät ist, daran noch etwas zu ändern. Ein bißchen habe ich den Eindruck, daß Du nicht wirklich real denkst sondern eben eher träumerisch.
Genau deshalb fände ich Gespräche wichtig, die Dir helfen, Deine Gefühle zu sortieren.

Grüsse,
Oregano
 
Liebe Oregano,

Du hast ein gutes Gespür.

Vielleicht kannst Du versuchen herauszufinden, was der Herzschmerz denn so alles beinhaltet?
Mein Vater hat meine Schwester immer vor mich gestellt, mich deutlich spüren lassen, dass er mich nicht so liebt wie sie, weil meine Leistungen, schulisch und allgemein nicht den ihrigen entsprachen.
Meine Mutter war insgesamt (allen Kindern gegenüber) eher kühl und zurückweisend.
Wie sehr ich darunter gelitten habe, ist mir aber erst bewußt geworden, als ich meinen Mann kennen lernte. ER gab mir als 1. Mensch das Gefühl vollwertig zu sein.

Ein bißchen habe ich den Eindruck, daß Du nicht wirklich real denkst sondern eben eher träumerisch.
Ja, Du hast recht. Ich tagträume viel im Kreis herum.
Bei dem Treffen am vergangenen Donnerstag war mein Vater wohl aphatisch, aber meine Schwester erkannte er sofort. Mich nicht, ich mußte mich erst vorstellen.
Die letzten 5 Jahre habe ich mich (zwar nur telefonisch) sehr um ihn bemüht - meine Schwester konnte nicht aus besagten Gründen.
Beim Abschied am Donnerstag hat er sich von mir abgewandt. Wenn ich ihm nicht gesagt hätte, dass ich ihn noch drücken möchte, hätte er auch hier nur meine Schwester gesehen.

Jetzt, wo ich das niederschreibe merke ich, wo mein Herzensschmerz liegt.

Danke nochmal für Deine Impulse.

Werde das Thema jetzt hier beenden. Wenn Du nochmal antworten möchtest, gerne. Aber fühl Dich nicht in der Pflicht mir gegenüber o.k.?

Schön, dass es Dich gibt. Lese viele Deiner Beiträge.
Alles Liebe
Eshita
 
Hallo,

heute muß ich die ganze Geschichte nochmal aufgreifen. Weiß einfach nicht weiter:

Die Suche nach einer Unterbringung für ihn erwies sich als absolut kaotisch. Aber letztendlich konnten wir eine gute Möglichkeit für ihn finden.

Als er die ersten Tage im Heim hinter sich hatte, kam er Tag für Tag mehr ins Leben zurück.
Nach ca 8 Tagen war er ein gepflegter alter Herr, dem weder was anzusehen noch anzumerken war. Keine Spur von Demenz.
Dann wollte er nur wieder nach Hause in seine Wohnung. Alle Bemühungen ihn davon zu überzeugen, dass er dort besser aufgehoben sei, schlugen fehl.

Weil ich ja so weit weg wohne, schrieb ich ihm einen lieben Brief, der ihm die Konzequenzen seiner Entscheidung vor Augen führte. Auch das half nichts
Nach knapp 14 Tagen ist er tatsächlich nach Hause gegangen.

Er kam dort aber mit Ach und Krach an, weil er total unterzuckert war.

Dann haben ihn die Leute (ambulanter Dienst), die ihn heimgebracht haben doch gleich in KH. Dort ist er aber auf eigene Verantwortung wieder gegangen.

Die Polizei hat dann noch kurz nach ihm gesehen, und wollte wissen, ob er wohlbehalten zuhause angekommen sei.

Meine Schwester hat ihm dann am nächsten Tag eingekauft.

Inzwischen ist er tatsächlich so klar im Kopf, dass man von seiner Demenz nur noch was merkt, wenn man länger mit ihm spricht.

Der ambulante Dienst sieht 3 x am Tag nach ihm, überprüft den Zucker. Aber es nervt ihn, dass er dadurch ans Haus gebunden ist.

Inzwischen hat es auch schon viel Ärger gegeben, weil er ständig unabgemeldet fehlt. Sobald keiner die Tür öffnet wird die Polizei alarmiert.

Vor einer Woche haben sie bei meiner Schwester angerufen, sie solle doch bitte mal den Schlüssel bringen, nicht dass er bewußtlos in der Wohnung liegt.

Sie drangen in die Wohnung ein. Weit und breit niemand. Dann haben sie die Telefonnurmmern überprüft, die er zuletzt gewählt hat.

Dort angerufen handelte es sich um eine Pizzeria. Die Wirtin sagte, dass mein Vater da sei.

Jetzt haben wir erfahren, dass er dort über 300 € Schulden hat - für Wein !

Am Mittwoch habe ich mit ihm lange telefoniert. Habe ihn um Mitarbeit und Teamgeist gebeten.

Wir haben ihm vorgeschlagen, dass wir alle 1-2 Wochen nach Heilbronn kommen würden, um ihm die Wohnung durch zu putzen.

Mein Mann würde mit ihm einkaufen gehen, und ich würde zusammen mit meiner Schwester die Wohnung sauber machen.

Außerdem haben wir ihn gebeten, weil er so wenig Geld zur Verfügung hat, doch Einblick in seine Kontoführung zu bekommen. Kann ja sein, dass man Möglichkeiten findet, wie man doch noch hier und da ein wenig sparen kann.

DAS hat er rigoros untersagt. Wahrscheinlich hat er noch so einiges laufen, das wir nicht wissen sollen.

Das Heim wäre jetzt bereit gewesen, ihn nochmal aufzunehmen. Aber am Donnerstag war der medizinische Dienst da.

Sie haben ihn noch nicht einmal in die 1. Stufe eingestuft. Er sei noch absolut fähig, für sich allein zu sorgen.

Wer ohne Einstufung ins Heim will, muß alles selbst zahlen.

Den Heim-Aufenthalt im Januar muß er auch selbst zahlen (2200 €). Das hat UNS auch geschockt; weil der Arzt der Psychiatrie ihn ja dort eingewiesen hat.

Habe aber jetzt erfahren, dass das Sozialamt sich an den Kosten beteiligt. Das ist hoffentlich keine Fehl-Info.

Dadurch dass er so sehr seinen eigenen Kopf durchsetzt, macht er es uns wirklich sehr schwer.

Hat jemand von Euch ähnliches durchgemacht?

Gibt es Möglichkeiten, mit Geschick und Milde einen Menschen davon zu überzeugen, dass man es gut mit ihm meint?

Die Wohnung ist absolut verdreckt. Kühlschrank und Backofen so sehr, dass ich es als die Gesundheit gefährdend ansehe.

Er schafft das nicht mehr, das weiß er. Aber er will sich einfach nicht helfen lassen.

Alles Liebe
Eshita
 
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