Aus Dir wird nie etwas ...

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Paul Newman ist gestorben. In einem Nachruf in der SZ von heute (S. 11) steht ein Satz, den ich sehr zum Nachdenken anregend finde:

"Das Trauma, nur ein Leichtgewicht zu sein, der Wunsch, einem Vater das Gegenteil zu beweisen, dem man nichts mehr beweisen konnte (... scheint Paul Newman auch sonst geprägt zu haben)...

Und an andererer Stelle, bei der Besprechung eines Films im Bayerischen Fernsehen von heute (S. 11) über Rolf Pohle, der in den 68igern eine Rolle spielte, steht:
.... Rolf Pohle, der so schön Geige spielte, wollte gnz anderes als ein Vater sein und suchte doch dessen Anerkennung....

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Ich glaube, daß das ein Lebensthema sein kann, das manchmal ein Leben auch sehr schwierig machen kann.

Es kann dazu führen, daß der Mensch kein eigenständiges, von ihm bestimmtes Leben führt, in dem er sich selbst kennenlernt, sich selbst wertschätzt und achtet. Er führt dann eher ein anhaltendes Leben in "Opposition" zu seinem Vater und nimmt sich damit viele eigene Möglichkeiten - weit über den Tod des Vaters (vielleicht auch der Mutter) hinaus. So ein Mensch läßt sich steuern anstatt das Steuer selbst in die Hand zu nehmen. Und manchmal gibt er dem Vater die Schuld für ein Leben und merkt dabei nicht, daß er nur reagiert statt zu agieren.

Gruss,
Uta
 
Das regt tatsächlich zum Nachdenken an. Es ist erstaunlich, dass sogar begabte erfolgreiche Menschen die Anerkennung eines bestimmten Menschen suchen, in dem Fall vom Vater.
Viele Menschen brauchen Psychotherapien, um sich von solch belastenden Vorstellungen zu befreien. Ich kenne eine Frau der es ähnlich geht.
Meines Erachtens sind das sehr starke Bindungen, die mit dem ständigen Bemühen um Anerkennung und der daraus erfolgenden Ablehnung zu tun haben. Das ist wie ein Rollenspiel, das sich von der Kindheit ins Erwachsenenalter überträgt. Bei einem Kind kann man das leicht verstehen. Bei einem Erwachsenen ist das schlimm. Ich glaube James Dean hatte die gleichen Probleme gehabt.
Dieses Schema ist aber auch in anderen Beziehungen zu finden, zwischen ungleichen Partnern, Freunden usw.

Grüsse von Juliette
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieses Schema ist aber auch in anderen Beziehungen zu finden, zwischen ungleichen Partnern, Freunden usw.
Jein, würde ich sagen. Ich glaube vielmehr, daß das Nicht-Akzeptiertwerden durch ein Elternteil zu einer ganz verinnerlichten Verunsicherung führt, und daß der Satz "aus Dir wird nie was" (oder so ähnlich) so tief im Kopf und Körper sitzt, daß der geringste Anlaß genügt, um ihn wieder hochkommen zu lassen.
Oft wird da feste verdrängt und kompensiert: der eine wird zum Grossmaul und Angeber, der tolle Geschichten von sicher erzählt. Der andere wird tatsächlich zum Großunternehmer oder ähnlichem, um es seinem Vater zu zeigen. Wieder andere verkümmdern, weil sie nicht glauben können, daß ihnen ein Partner ehrliche Zuneigung entgegenbringt.

Wichtig ist auch hier, daß das Denk- und Verhaltensmuster bewußt wird ebenso die Talente und Leistungen von jemand.

Gruss,
Uta
 
Es kann dazu führen, daß der Mensch kein eigenständiges, von ihm bestimmtes Leben führt, in dem er sich selbst kennenlernt, sich selbst wertschätzt und achtet. Er führt dann eher ein anhaltendes Leben in "Opposition" zu seinem Vater und nimmt sich damit viele eigene Möglichkeiten - weit über den Tod des Vaters (vielleicht auch der Mutter) hinaus.

Ohne Anerkennung kann kein Mensch leben, immer nur aus sich selbst zu schöpfen ist auf Dauer verdammt schwer, denke ich.

Wer aus der Opposition heraus Erfolg hat und sich später an dieser Leistung nicht freuen und dankbar sein kann, der hat möglicherweise noch ein anderes Problem. Vielleicht mit dem anderen Elternteil, der ihm im Grunde kein Vorbild sein kann, weil er seine „Schwäche“ eigentlich etwas anderes zu wollen nicht erkannt hat und ihn nicht darin unterstützt hat, den eigenen Weg zu gehen? Das kann man psychologisch nur sehr schwer festmachen, insbesondere dann, wenn der andere Elternteil besonders gütig, verständnisvoll und selbstlos war und im Grunde damit selbst nur nach Anerkennung des Kindes (als Ersatz der Anerkennung des Partners) strebte. Es ist nach meinem Empfinden dasselbe Verhaltensmuster, so wie das Kind nach Anerkennung des strengen Elternteils ringt, so ringt der Partner/in wiederum um Anerkennung des Partners, indem er ihn in seinen Zielen (auf Kosten des Kindes) unterstützt.

Ich lese hier nur das Beispiel vom strengen Vater. Wie ist es denn mit der Kombination starke Mutter - weicher Vater?

Viele Grüße, Anne
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Kombination "starke Mutter, schwacher Vater" gibt es sicher genauso oft wie andersherum, Anne.
Es kommt meiner Meinung auch darauf an, ob das Kind ein Mädchen oder ein Junge ist. Das Mädchen wird den Vater oft ganz anders empfinden und auch behandeln als ein Junge, vor allem, wenn es dann Richtung Pubertät geht.

Bei uns war es so, daß meine Mutter die "starke" war, aber das wohl eher darum, weil mein Vater sich eher um die unangenehmen Aufgaben drückte wie Kinder schimpfen, konsequent sein, Aufgaben verteilen .... Er - aber das habe ich viele Jahre später erst erkannt - war eher der "liebe Papi" und die logische Folge davon war die "böse Mami".
Ich bin sicher, meine Mutter hätte es sich anders gewünscht, aber es war eben so, und sie hat es nicht rechtzeitig fertig gebracht, ihren Mann zu "erziehen", also die Aufgaben als Eltern gleichmäßig aufzuteilen.

Sicher hat es auch etwas damit zu tun, wie die Eltern aufgewachsen sind und erzogen wurden: verwöhntes Elternteil: schwaches Elternteil? Selbständiges Elternteil: starkes Elternteil?

Gruss,
Uta
 
In meiner Familie ist es so ähnlich, wie es bei dir gewesen ist, Uta.

Ich kenne auch noch den Satz meines Vaters gegenüber meinen Brüdern "Aus dir wird nie etwas..", von denen er sich erhoffte, dass sie später den Familienbetrieb übernehmen. Natürlich fand das meine Mutter auch herabwürdigend und ist eingeschritten. Da meine Mutter jedoch wiederum "die einfache Arbeit" meines Vaters nicht wirklich wertgeschätzt hat und das Schöngeistige überbewertete - auch freundschaftliche Kontakte zu Kindern aus einfachen Verhältnissen waren nicht gern gesehen - hatten wir 5 Kinder letztlich alle Probleme unsere Selbstsicherheit zu gewinnen und damit aus unseren Neigungen heraus die richtige Berufswahl zu treffen. Wir Kinder haben alle einen Ausbildungs- bzw. Studiumsabbruch zu verzeichnen.
Falsche Partnerwahl, würde ich sagen. Der eine sagt Hüh, der andere Hott...;)

Viele Grüße, Anne
 
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...ach ganz vergessen, nicht nur falsche Berufswahl resultierte daraus, auch unglückliche Partnerschaften. Von 5 Kindern sind vier geschieden, eines ist noch nie gebunden gewesen.

Viele Grüße, Anne
 
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