Probleme der Bio-Branche

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Binnie

In der letzten Ausgabe der Wirtschaftswoche (Heft 35 / 2007) gibt es einen recht interessanten Artikel zum Thema:

Eigenes Grab für die Bio-Branche

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Der Boom der Bio-Lebensmittel wird zum Risiko für Hersteller, Händler und Verbraucher. Die explodierende Nachfrage kann nur noch mit zunehmend zweifelhafter Ware aus dem Ausland gedeckt werden. Wird Bio zum Opfer des eigenen Erfolgs?[/FONT]

Ich kopiere einfach mal ein paar Teile raus, die ich besonders bemerkenswert finde:

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Qualität und die inzwischen erträglichen Preise für Bio-Waren sind in Gefahr. Damit immer mehr Lebensmittel unter dem Bio-Siegel vermarktet werden können, verändert die EU die Bedingungen für den Einstieg in die Öko-Landwirtschaft und weicht die Kriterien ihres Siegels auf. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Das wohl größte Risiko für Bio ist die wachsende Kluft zwischen reißendem Absatz und schleppend wachsendem heimischem Anbau. Importe aus Osteuropa und Übersee untergraben das Vertrauen der Verbraucher. Bio aus deutschen Landen deckt die Nachfrage längst nicht mehr - Möhren aus Italien, Getreide aus Rumänien und Eier aus Holland schrecken Millionen biowillige Kunden eher ab. Gleichzeitig steigt in aller Welt das Interesse an Organic Food, wie Bio-Lebensmittel auf Englisch heißen. Nicht auszudenken, was mit den Preisen passiert, wenn die 1,3-Milliarden-Chinesen nur ansatzweise versuchten, sich mit Bio-Waren zu ernähren. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Die Branche ist dabei, durch selbstzerstörerisches Wachstum ihre Grundwerte wie Glaubwürdigkeit, Transparenz und Regionalität zu riskieren, sagt Harald Nestler, Vorstand beim Umweltinstitut München. Schon heute stammten "große Mengen an Bio-Rohware aus anonymen Quellen". Bislang blieb die Branche von großen Skandalen weitgehend verschont, aber das Risiko steigt von Monat zu Monat. Und ist das Vertrauen ruiniert, bricht dem Bio-Markt die Basis weg. "Das Vertrauender Verbraucher", sagt die Assoziation ökologischer Lebensmittel-Hersteller, "ist das höchste Gut der Branche." [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Das Bild von der kleinen, feinen Bio-Welt, in der kleine, feine Bio-Bauern für wenig Geld selbstausbeuterisch produzieren und ihre Produkte in Weltverbessererläden feilbieten, stimmt schon länger nicht mehr. Öko-Produkte haben begonnen, ihre Nische zu verlassen und sind massentauglich geworden. Die großen Handelsketten haben eigene Bio-Marken in schmucken Verpackungen entwickelt - Bio für jedermann, ganz ohne Hemmschwelle.[/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]So brachte eine Studie des Agrarministeriums in Baden-Württemberg über die Jahre 2002 bis 2006 ein ernüchterndes Ergebnis. Die Beamten ließen Obst, Gemüse und verarbeitete Öko-Lebensmittel aus 34 verschiedenen Herkunftsländern auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Chemikalien wie DDT, PCB oder Dioxin sowie auf gentechnische Veränderungen, Tierarzneimittel und Schimmelpilzgifte untersuchen. Bei zwei Prozent der deutschen Produkte wurden Rückstände festgestellt, die auf eine unzulässige Behandlung oder eine Vermischung mit konventioneller Ware hinwiesen. Bei spanischen Produkten betrug die Mängelquote 4,3 Prozent, bei niederländischen 7,9, bei italienischen sogar 12,7 Prozent. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Deshalb drängen Lieferanten von weither auf den deutschen Markt. Zugleich drohen die Asiaten jedoch, die Preise für Bio nach oben zu treiben - allen voran die Chinesen. Einerseits wird das Reich der Mitte wichtiger als Bezugsquelle von Tiefkühlgemüse, Tee und Gewürzen. Anderseits greift China als Importeur ins Bio-Geschehen ein. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Vor allem in den Städten des Landes wächst mit steigendem Einkommen die Lust auf schicke Bio-Ernährung. Die Beijing Organic Food Development etwa versorgt von vier eigenen Farmen die chinesischen Warenhäuser des französischen Einzelhandelsriesen Carrefour mit Bio-Produkten. Ein ehemaliger Betreiber von Bio-Läden in Deutschland berät das Unternehmen. Deutsches Fachwissen und auch deutsche Bio-Produkte sind in China gefragt. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Denn in dem schnell wachsenden Land mit seiner ungeheuren Umweltverschmutzung ist die Qualität der eigenen Bio-Produkte besonders umstritten. Zwischen 30 und 40 Zertifizierer, die den Herstellern die Einhaltung der Biokriterien bescheinigen, bieten in China ihre Dienste an. "Der Konkurrenzdruck ist gewaltig", sagt der Mitarbeiter eines chinesischen Biounternehmens, "und nicht selten bestechen die Betriebe den Zertifizierer, um das begehrte Siegel zu bekommen." Gut möglich, dass in absehbarer Zeit die Preise für Bio in Deutschland steigen, weil die Chinesen wie bei der Milch massenhaft nach Naturprodukten m ade in Germany fragen. [/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]:schlag: [/FONT]

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Logisch also, dass vor allem das staatliche Bio-Siegel enormen Zulauf hat. Über 2400 Unternehmen haben bis Ende Juli 2007 die Kennzeichnung von insgesamt 40.248 Produkten bei der Informationsstelle Bio-Siegel angezeigt. Seit der Einführung des staatlichen Öko-Kennzeichens 2001 werden im Schnitt täglich 19 Produkte für die Nutzung des Bio-Siegels angezeigt, und es kommen circa zwei Unternehmen pro Tag als Zeichennutzer neu hinzu.
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[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Fatal allerdings, dass das EU-Siegel künftig weicheren Regeln unterliegen soll. Im Juni beschlossen die europäischen Agrarminister unter deutscher Präsidentschaft eine neue Bio-Kennzeichnung, die viel verspricht und wenig hält. "Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin", lobte der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer das überarbeitet Label. Doch weit gefehlt: Das Öko-Siegel erlaubt, dass Bioware bis zu 0,9 Prozent genmanipulierte Organismen enthalten darf. Zwar schreibt die Verordnung vor, dass die genmanipulierten Organismen unbeabsichtigt in die Ware gelangt sein muss, etwa durch Pollenflug oder den Rückstand in Getreidemühlen, aber den Verbraucher dürfte das wenig interessieren: Wenn er Bio kauft, will er kein Genfood haben. Besonders absurd: Im Einzelfall könnte in Bioware sogar mehr genmanipulierte Organismen stecken als in konventionellem Obst und Gemüse, denn dort gilt ebenfalls eine Obergrenze von 0,9 Prozent. Oberhalb dieses Limits müssen Lebensmittel als gentechnisch manipuliert gekennzeichnet werden. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Umweltschützer, Bauern und Fachhandel hatten für ein strengeres Siegel gekämpft, das EU-Parlament und Mitgliedsländer wie Italien und Griechenland hatten einen Grenzwert von 0,1 Prozent gefordert. Die EU-Kommission hatte solch einen niedrigen Grenzwert abgelehnt. "Eine stärkere Reinheit würde Biobauern zu teuer kommen", hatte Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel wiederholt betont. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Erdkorn-Inhaber Thomas Hinz, ein ehemaliger Aldi-Manager, der heute 14 Bio-Supermärkte in Norddeutschland, Berlin und Nordrhein-Westfalen betreibt, setzt deshalb nun auf Abgrenzung. Das neue EU-Siegel werde es bei Erdkorn zwar geben, "aber nur, wenn das jeweilige Produkt zusätzlich mit einem Verbands-siegel versehen ist. Einfach Bio ist uns zu wenig". [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Noch einen Schritt weiter gehen Rainer Plum und zwei Mitstreiter. Mit einer Internet-Plattform will Plum Verbraucher informieren und Unternehmen mit dem Gütesiegel "New Ethics" kennzeichnen, die sich zur Einhaltung ethischer, sozialer und ökologischer Regeln verpflichten. [/FONT]

[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif]Das Thema Siegel ist für Rewe vorerst zweitrangig. In Alarmbereitschaft hat die Manager der Basic-Lidl-Deal versetzt. "Das Thema ist auf der Agenda des Vorstandes im kommenden Monat", sagt Biokonzept-Managerin Rieckh. Dann muss Rewe-Chef Alain Caparros entscheiden, ob er mit seinen Vierlinden-Bio-Supermärkten in die Expansionsoffensive gehen wird oder ob er Basic den Vortritt lässt. [/FONT]

[FONT=Courier New, Courier, monospace][email protected], [email protected], stefanie hergert, matthias kamp, silke wettach[/FONT]

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31. August 2007

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Dieses Thema behandelte heute auch das Magazin "quer" (Bayern 3 Fernsehen):

Die Deutschen gaben im vergangenen Jahr 17 Prozent mehr für Bio-Produkte aus, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Aber Bio kaufen die Deutschen längst nicht um jeden Preis: Sie akzeptieren einen um maximal 20 bis 30 Prozent höheren Preis für Öko-Ware, so der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Discounter und "normale" Supermärkte diktierten mit ihrem Bio-Sortiment mehr und mehr die Preise, die Verlierer seien Reformhäuser und kleinere Naturkostläden. BÖLW-Vorstand Thomas Dosch: "Wir müssen vermitteln, dass Bio seinen Preis hat, sonst setzt sich die Globalisierung in den Bio-Märkten fort."

quer Zoom: Billig-Bio: Öko-Idee vor dem Ausverkauf

Die geplante Kooperation zwischen Basic und Lidl wurde gestoppt. Die Münchner Bio-Supermarktkette Basic hat den Verkauf von Aktien an die Lidl-Besitzer, die Schwarz-Gruppe, eingestellt. Die Fusionspläne hatten im Vorfeld zu lautstarken Protesten in der Öko-Branche und bei Bio-Kunden geführt.

Basic und Lidl: Basic rudert zurück | Umwelt & Gesundheit | BR

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