Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

Hallo,

ich wollte mich wegen zurückliegender Querelen hier eigentlich nicht mehr äußern, aber zu dem Threadtitel muss ich doch mal meinen Senf geben. Vorweg, die Antwort lautet klar: JA! Und ich gehe noch weiter: Psychische Krankheiten haben meistens eine immunologische Genese. Neben erhöhten Zytokinen findet sich meistens auch eine auffällige Erregerserologie.

Ein Link besteht darin, dass das Immunsystem Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter) „versteht“ und umgekehrt das Nervensystem Entzündungsbotenstoffe (Zytokine, bspw. Prostaglandin). Aufgrund gleichförmiger Rezeptoren kann also eine chronisch persistierende Entzündung mittels Schlüssel-Schloss-Prinzip psychiatrische Symptome auslösen.

Lesen: https://www.biopsychiatry.com/immunesystem/index.html

Eine andere exemplarische Verbindung bedingt den Mangel an Serotonin. Proinflammatorische Zytokine bewirken einen Tryptophanabbau. Nun ist Tryptophan essentiell für die Serotoninsynthese. Bei einem Mangel entstehen nicht nur Symptome einer Depression - deshalb die Erfindung von Serotoninwiederaufnahmehemmern -, sondern auch die Peristaltik und Motilität des Darms funktioniert nicht mehr. Der Psychiater nennt das in seiner schlichten Phantasiewelt „Reizdarmsyndrom“. Natürlich ist er zu blind, beide oftmals vergesellschaftete Symptome in einen biologischen Zusammenhang zu setzen. Und selbstredend kann ursächlich keine Psychotherapie oder die Verordnung von SRI helfen. Im Gegenteil, statt die immunologische Ursache zu therapieren (Immunmodulation, Erregertherapie) wird die neuroimmunologische Funktionsachse infolge der psychiatrischen Schimpansentherapie (kann jeder Affe...) in zusätzliche Dysbalance versetzt, denn die SRI pappen wegen des Schlüssel-Schloß-Prinzips auch an Immunrezeptoren.

Nun explizit zum Zusammenhang von Depressionen und Entzündungsprozessen, bzw. dahinter stehenden Mikroben. Die statistischen Erhebungen von X/X (-> das „unabhängige“ hier Forum duldet die Namensnennung nicht) sind zunächst interessant vor dem Hintergrund dieses Statements:

“A simple infection by bacteria or viruses, a retroviral infection, or immune dysfunction can precipitate bipolar illnesses. Several varieties of brain infection have been known to cause either manic or depressed states. Bacterial infections such as syphilis and Lyme disease have neurological manifestations that can cause bipolar-like symptoms. At the same time, viral infections such as Epstein - Barr virus (EBV) and Herpes Simplex Virus (HSV) have been associated with bipolar disorder.

In the case of EBV, researchers have not been able to confirm that infection is a necessary step in developing bipolar depression. However, case studies documenting patients who had no history of bipolar disorder prior to EBV infection leads some researchers to continue considering EBV infection as a possible causal pathway.”
Quelle: https://www.mentalhelp.net/poc/view_doc.php?type=doc&id=11205&cn=4


Und:

“The data support the hypothesis that EBV-encoded proteins play a role in the pathogenesis of atherosclerosis and that distress-associated upregulation of the steady state expression of latent EBV could contribute to the increase in plasma IL-6 levels observed in our caregiver studies. The significant association of BDI depression scores with antibody titers to the EBV-encoded dUTPase supports the relationships among depressive symptoms, virus reactivation, and the upregulation of proinflammatory cytokine synthesis. The data also suggest a possible mechanism by which viral protein(s) could participate in this process. These data provide the foundation for considering new strategies for the prevention and treatment of peripheral arteriosclerosis and coronary artery disease.”
Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2245868/

Nicht nur Zytokine als indirekte Folge einer EBV-Infektion wirken; es besteht auch ein direkter Zusammenhang, denn mittlerweile konnte der Einwand beseitigt werden, EBV könne die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Des Rätsels Lösung liegt in den B-Lymphozyten, die von Epstein-Barr-Viren als „Trojanisches Pferd“ genutzt werden:

“Aloisi and co-workers showed that EBV is present in brain lesions of patients with multiple sclerosis and that the virus is brought into the central nervous system by B lymphocytes, which behave as Trojan horses for the virus. They also showed that the infected B cells present in the brain become the target of an immune attack, thus promoting the chronic inflammation which leads to tissue destruction. „This raises the suspicion that EBV and its Trojan horses are the main cause of brain damage in multiple sclerosis“, Aloisi says”
Quelle https://www.sciencedaily.com/releases/2009/09/090914111535.htm?sms_ss=delicious


Ein Problem ist, dass den wenigsten Ärzten die komplexen Verfahren bekannt sind, persistierende EBV-Infektionen und Reaktivierungen aufzudecken. Einer der wenigen Laborärzte, die das beherrschen, ist Volker v. Baehr:

„Die Ursache für die Unsicherheiten stellten die bis vor kurzen unzureichenden labordiagnostischen Methoden dar. Die Serologie, die sonst bei Virusinfektionen durch die primäre IgM-Antwort und den IgG-Titeranstieg im Verlauf wertvoll und meist hinreichend für die Diagnosestellung ist, kann zwar die Primärinfektion, nicht aber die Reaktivierungen der Herpesviren sicher diagnostizieren. Eine IgM-Antwort fehlt bei Sekundärreaktivierungen meist, ein IgG-Titeranstieg bleibt oft schon wegen der fehlenden Immunkompetenz, die letztendlich Ursache der "Virusentgleisung" ist, aus.“
Quelle: https://www.fatigatio.de/index.php?id=118 (mittlerweile entfernt, ein Schelm, wer...)

Allerdings werden die Möglichkeiten meist einfach ignoriert. Man begnügt sich mit den archaischen Verfahren und hat für die resultierende Unterlassung antiviraler Therapien ein wunderbares Alibi. (Lt. Urteil sog. „Zovirax-Urteil“ des Oberlandesgerichts Köln von 1990 ein Straftatbestand. Der wird jedoch von den allmächtigen Facharztfunktionären gedeckt. Die Gutachter kommen schließlich aus den eigenen Reihen.)

Eine Durchseuchung der Bevölkerung mit EBV und anderen opportunistischen Viren von über 90 % ist zwar korrekt. Die Schlussfolgerung, „dann müssten alle krank sein“ ist jedoch viel zu kurz gedacht. Der EBV-Antikörpernachweis darf bei verdächtiger Klinik ohne weitere Untersuchungen keinesfalls vorschnell als abgelaufene Infektion beurteilt werden – was, wie gesagt, leider die gängige Praxis ist. Es ist grob fahrlässig, eine etwaige Reaktivierung per se auszublenden. Die, die nicht krank sind, verdanken den glücklichen Umstand einem intakten Immunsystem, welches die friedliche Koexistenz ermöglicht.

Weitergehende Untersuchungen einzelner gewissenhafter Ärzte werden zu allem Übel als unwirtschaftliche „Polypragmasie“ verunglimpft.

Des Weiteren, allgemein zur Verbindung zwischen Entzündungen und Depressionen:

“The brain and the immune system talk to each other, and the communication is bi-directional. This means that inflammation (such as that which occurs due to infection) affects the brain. It also means that changes in brain immunity and inflammation affect the body. A meta-analysis of several studies on this issue found that several cytokines (hormones of the immune system) and markers of inflammation (C-reactive protein, interleukin 1 and 6) were positively correlated with depression. This means the more depression there is, the more inflammation there is. Cytokines seem to trigger a quick onset of what is called ‘sickness behavior'-meaning malaise and fatigue, as well as a delayed onset of depressed mood. One study found the same very close correlation between certain cytokines, mood, anxiety and memory.”
Quelle: https://www.psychologytoday.com/blo...epression-inflammation-immunity-and-infection

und

“We conducted studies on the peripheral blood of 12 depressed patients with previous diagnoses of mood and/or personality disorders. These patients, and other depressives we observed informally, were resistant to infectious mononucleosis during an epidemic of that illness. All 12 had serologic evidence of a chronic or recrudescent viremia caused by the Epstein-Barr virus (EBV), the infectious agent in infectious mononucleosis. Additional evidence that EBV viremia may be causally related to depression was provided by a strong correlation between the intensity of depressive symptoms and the cellular immune response to the EBV infection.”
Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3005245

weiter

“New tools are needed. One of these tools involves a focus on the inflammation, immune dysfunction, and infections that are often associated with depression.”
Quelle: https://www.psychologytoday.com/blo...epression-inflammation-immunity-and-infection


Soweit eigentlich richtig erkannt. Nur werden leider immer wieder die falschen Schlüsse gezogen, denn alle Hemmer sind bullshit:

“We suggest that future antidepressants may target the immune system by either blocking the actions of pro-inflammatory cytokines or increasing the production of anti-inflammatory cytokines. “
Quelle: https://www.biopsychiatry.com/cytokine-abnorm.htm

Zum Glück gibt es seitens der Psychiatrie vereinzelt erste zarte Annäherungsversuche, die Errungenschaften moderner Labormedizin zu nutzen: Schizophrenie - die unverstandene Krankheit

Es lohnt auch die Suche nach wissenschaftlichen Abhandlungen, z.B.:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3086677/

Grüße
castor
 
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... Die möglichen organischen Ursachen akuter psychischer Syndrome sind vielfältig:
Dazu zählen etwa Autoimmunerkrankungen wie SLE oder Morbus Behcet, Erreger wie Herpes simplex, Lues, HIV, Borrelien, aber auch Tumoren und Epilepsien. Hinzu kommen Stoffwechselstörungen, Elektrolytverschiebungen, hormonelle Über- oder Unterfunktion - vor allem der Schilddrüse, sowie zerebrovaskuläre und neurodegenerative Erkrankungen.

Besonders häufig bei älteren Menschen ist das Delir.
...
https://www.aerztezeitung.de/praxis...-immer-organische-ursachen-ausschliessen.html

Das sind ja schon eine Menge Möglichkeiten, die untersucht werden könnten ...

Grüsse,
Oregano
 
Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

Ich verstehe eure Beispiele jetzt als einen "Appell" an Ärzte und andere (auch Gerichte und Behörden übrigens!), bei Verhaltensauffälligkeiten oder -änderungen zuerst körperliche Ursachen auszuschließen, statt zum Psychiater zu überweisen, der dann eine "Erkrankung der Psyche" zugrundeliegt. Richtig?
Also beispielsweise wie Hr. Binz, auf den Oregano hingewiesen hat.

Auf Pylurien ist ja man auch über die Schizophrenie gekommen.

Das wäre ja eine Entwicklung, die man sich wünschen würde.

Die Antwort auf "Sind psychische Erkrankungen objektivierbar?" kann damit aber nicht mit einem allgemeinen "ja" beantwortet werden. Das DSM V ist ja recht umfangreich.

Zunächst bleibt es unklar, auf welche Definition von "psychisch krank" man sich stützen kann. Ist sie im Sinne von "alles, was nicht medizinisch krank ist", fallen eure Beispiele nicht unter "psychisch krank". Ist sie im DSM V-Sinne, so ist psychische Störung offenbar alles, würde also passen.

Für mich stellt sich ich auch die Frage der Begrifflichkeiten und der (Be-)Deutungen, die diesen zugewiesen werden, die oftmals von der offizielen Definition abweichen können.
Muss man Begrifflichkeiten aus der Psychiatrie und Psychologie verwenden, um Verhaltenssymptome, die eine körperliche Pathologie begleiten, zu beschreiben? Für mich wird es hier mit der Abgrenzung schwierig. Ich sehe damit auch den BPS-, BDD- und BDS-Anhängern Tür und Tor geöffnet, in Zukunft alles auf die Psyche zu schieben, wobei die wirkliche Ursache natürlich ignoriert wird oder gar nicht nachgegangen wird. Erste Erfolge können diese verbuchen, da ihr "Bodily Distress Disorder" (BDD) mit ins ICD-11 aufgenommen wird. Hier muss man übrigens ziemlich aufpassen, dass es keinen Verweis auf ME gibt (oder CFS) - oder gar mehr. Auch die Entwicklungen der "Bodily Distress Syndrome"-Gruppe (vorallem Fink, Henningsen) sind auf dem Vormarsch. In Dänemark zumindest werden hier ME, Fibro, MCS u.a. schon als BDS diagnostiziert (noch nicht flächendeckend). Die Behandlung richtet sich dann natürlich nicht nach den körperlichen Ursachen.

So wird mit "depressiven Symptomen" leider mitnichten die Frage nach Entzündungen, Darmdisbiosen, Vitaminmangel (insb. B12), ggf. Vergiftungen und Immunsystemstörungen und -erkrankungen assoziiert - die alle eine umfangreiche Labordiagnostik bedürfen, was nicht stattfindet, und mitunter komplexere Behandlungskonzepte, wie z.b. Immunglobuline - sondern eine "Erkrankung der Seele" die man mit Psychotherapie u/o Antidepressiva u/o Aktivität (z.b. Sport) behandelt.

Depression heißt ja auch nicht "sickness behavior", ein natürliches Verhalten, das der Mensch zutage legt, wenn sein Körper kämpft (ich sag's jetzt einfach mal so allgemein, ihr versteht das schon im richtigen Zusammenhang) - aber man verwechselt beides leicht miteinander. Vielleicht mögen sogar die Symptome identisch sein (in manchen Fällen), aber Depression beinhaltet die Deutung "Psyche ist krank".
Und das ist sie in den von euch genannten Fällen nicht - sofern eine Psyche denn existiert und krank werden kann.

Ein anderes Problem sehe ich z.b. bzgl. Behörden und Krankenkassen. Offenbar zählen hier Symptome, nicht Diagnosen. Als ich meine ME-Diagnose bekam, war ich offiziell seit mehr als einem Jahr mit "Depression" diagnostiziert (später mit "somatoformer Störung", weil dann doch nicht alles passte) - mit allem, was sich daraus ergibt. Mein Zustand verschlechterte sich maßgeblich, und zwar irreversibel (die Kehrtwende kam bei mir mit Immunglobulinen). Bei der Krankenkasse wollte ich mit der neuen Diagnose weitere 78 Wochen Krankengeld beantragen. Nein, war die Antwort, die Symptome seien dieselben (mal abgesehen davon, dass das nicht korrekt ist). Die Herangehensweisen unterscheiden sich aber diametral. Es blieb nur, den Arzt zu verklagen. Toll. Eine Klage gegen die KK wäre wohl wenig vielversprechend gewesen. Rein finanziell eine echte Katastrophe, vom Körperlichen und Persönlichen ganz zu schweigen.

Mit "psychischen Erkrankungen" laut DSM-V und ICD sind in DE Leit- und Richtlinien zur Behandlung verknüpft. Auch deshalb würde ich diese im Zusammenhang mit Verhaltensveränderungen im Rahmen körperlicher Erkrankungen nicht miteinander vermischen.

Ich jedenfalls finde eure Beispiele sehr gut, z.b. als weiteres Argument gegen die "die Psyche ist krank"-Anhänger, und für mich als Horizonterweiterung, die weitere Zusammenhänge erschließt.

Ich befürchte allerdings, wenn man hier nicht genau differenziert - und dazu gehört für mich eine exakte Verwendung oder Vermeidung von gewissen Begriffen - dann schlägt das in eine ganz andere Richtung aus. Und bisher zeichnet sich für mich das Psycho-Feld nicht durch Exaktheit und Wissenschaftlichkeit aus.
 
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@Oregano
Ich find's positiv, dass die Ärztezeitung dazu schreibt, und interessant, dassbsie von "psychischen Syndromen" redet.
 
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Das sind ja schon eine Menge Möglichkeiten, die untersucht werden könnten ...
Und Oregano, hier ...
Ein Link besteht darin, dass das Immunsystem Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter) „versteht“ und umgekehrt das Nervensystem Entzündungsbotenstoffe (Zytokine, bspw. Prostaglandin). Aufgrund gleichförmiger Rezeptoren kann also eine chronisch persistierende Entzündung mittels Schlüssel-Schloss-Prinzip psychiatrische Symptome auslösen.
... steht ja gar nicht, dass das eine Ein-Bahn-Straße ist.

Und wie würde dann die "andere Richtung" heißen?
Wenn aus seelisch-psychisch-emotionalen Problemen/Symptomen was(?) wird/werden kann.....wie nennt man das dann? :cool:
Ich weiß, in der Rubrik ein no-go-Wort!
Aber wie gesagt, da steht nix von Zusammenhängen und Wirkungen nur in einer (gewünschten!) Richtung.:idee:

Gerd
 
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Hi castor,

ich finde deinen Post sehr interessant, insbesondere auf mit Hinblick auf die genannten Paper. Ich möchte mir etwas Zeit nehmen, um darauf zu antworten.

Vorweg möchte ich sagen, dass ich mit dir - wie auch Oregano und margie - in weiten Teilen übereinstimme. Ich gehe u.a. deshalb davon aus, dass wir weiterhin eine konstruktive Diskussion führen können.

castor schrieb:
Vorweg, die Antwort lautet klar: JA! Und ich gehe noch weiter: Psychische Krankheiten haben meistens eine immunologische Genese.

Du gehst beispielhaft auf die Depression ein. Kannst du das "meistens" begründen und vielleicht sogar zu dem Rest etwas sagen, was nicht zu der Menge "der meisten" gehört?

In meinem Verständnis würden immunologische Genesen eine psychische Erkrankung klar ausschließen (dh. nicht Verhaltensänderungen u.ä.).

Ich glaube, Felis ging auf die Richtung ein: Führen Erkrankungen der Psyche zu körperlichen Erkrankungen oder körperliche Erkrankungen zu Psyche-Krankheiten?
Ich meine, die Klärung der Kausalität ist maßgeblich (und beliebig komplex, bis heute weitestgehend ungeklärt). Und hierin besteht meiner Meinung nach auch das Problem mit Modellen wie BPS usw.

Du behauptest nun, die Kausalität zu kennen für die meisten Fälle. Die Begründung ist für mich deshalb spannend, weil: Wenn die Kausalität Körper -> Psyche, dann würde das - streng genommen - die Psychiatrie obsolet machen.

Ich finde, du erklärst das recht anschaulich mit den Zytokinen. Prof. Spitz verwendete in einem Interview auch eine interessante Bezeichnung: Jedes Organ sei eigentlich eine Drüse, die Hormone (also Botenstoffe) produziert; so das Gehirn bspw. Zytokine (ich meine mich zu erinnern, dass die auch noch wonanders produziert werden). Gäbe es "Probleme" im Hirn (Anm.: z.b. entzündliche, durch zb. Viren), so veränderten sich die Zytokin-Verhältnisse, und darauf reagiere natürlich der ganze Körper (Anm.: z.b. die Neurotransmitter, Schilddrüsenhormone, Nebenniere uvm).
 
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castor schrieb:
Eine andere exemplarische Verbindung bedingt den Mangel an Serotonin. Proinflammatorische Zytokine bewirken einen Tryptophanabbau.

Aus purem Interesse: Kannst du auf ein Paper o.ä. verlinken? Das wusste ich nämlich noch nicht, und ich finde es - auch für mich - sehr spannend.


Nun ist Tryptophan essentiell für die Serotoninsynthese. Bei einem Mangel entstehen nicht nur Symptome einer Depression - deshalb die Erfindung von Serotoninwiederaufnahmehemmern -, sondern auch die Peristaltik und Motilität des Darms funktioniert nicht mehr.

Meiner Meinung nach ist das nicht die einzige mögliche Ursache eines "Reizdarmsyndroms" - aber ich glaube, das wolltest du damit auch nicht sagen.

Der Psychiater nennt das in seiner schlichten Phantasiewelt „Reizdarmsyndrom“. Natürlich ist er zu blind, beide oftmals vergesellschaftete Symptome in einen biologischen Zusammenhang zu setzen. Und selbstredend kann ursächlich keine Psychotherapie oder die Verordnung von SRI helfen. Im Gegenteil, statt die immunologische Ursache zu therapieren (Immunmodulation, Erregertherapie) wird die neuroimmunologische Funktionsachse infolge der psychiatrischen Schimpansentherapie (kann jeder Affe...) in zusätzliche Dysbalance versetzt, denn die SRI pappen wegen des Schlüssel-Schloß-Prinzips auch an Immunrezeptoren.

Das ist genau, was ich meine.
Aus diesem Grund halte ich es für major, hier ganz klar Begrifflichkeiten zu trennen und Begriffe aus der Psychiatrie/Psychologie nicht zu verwenden. Sonst kommt man aus der Schwammigkeit gar nicht mehr raus.
 
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Gleerndil schrieb:
Wenn aus seelisch-psychisch-emotionalen Problemen/Symptomen was(?) wird/werden kann.....wie nennt man das dann?
Ich weiß, in der Rubrik ein no-go-Wort!

Wenn du es gut begründen kannst? Und dafür wären wissenschaftliche Publikationen ganz gut, die wissenschaftliche Standards und die Korrektheit statistischer Mathematik beachten.
Fragebögen, wie sie gerne in der Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie eingesetzt werden, erfüllen übrigens nicht diese Standards. Sie können höchstens Hinweise auf subjektive Einschätzungen geben. Dabei sollte man den "bias", eine Verzerrung, z.b. durch Beeinflussung, beachten. Die Fragebögen, die ich gesehen habe, waren zumindest suggestiv, unklar und uneindeutig (was zu einem bias führt).

Das wird in dieser Richtung "Psyche -> Körper" echt schwierig.

Ich meine hier übrigens nicht, dass z.b. gewisse Gefühle (klassisch: Angst) gewisse körperliche Antworten (klassisch: Adrenalinausschüttung) erzeugen - allein das wissenschaftlich zu zeigen ist komplex genug. Aber man hat ja noch ein Erleben.
Es geht ja um die Behauptung "Erkrankungen der Psyche führen zu Erkrankungen im Körper" - und das zu beweisen ist noch viel schwieriger, bis heute nicht gelungen (bis heute, das sind ca. 150-180 Jahre; heißt natürlich nicht, es ist unmöglich).

Das meint Thomas Insel im Endeffekt auch, wenn er sagt, man müsse objektivierbare Daten bzgl. psychischer Erkrankungen sammeln, was bisher nicht gelang.
Und Hr. Insel macht nicht gerade den Anschein, ein Psychiatriekritiker zu sein.

Ich finde es verwerflich (ich meine übrigens nicht dich damit), Postulate ohne Beweise aufzustellen, aufgrunddessen Menschen zu "behanden" (alleine zu lassen) und in Ecken zu stellen.
Ich hab da mit einem Bekannten gewitzelt, der Zynismus zum Glück versteht, der schwer erkrankt ist und Chemo und eine Transplantation braucht - in Zukunft sagt man einfach, die Psyche sei krank, helfe die Psychotherapie (und ggf. Psycho-Medikamente nicht) und sterbe er, so habe er sich einfach nicht genügend bemüht, oder habe negativ gedacht usw.

Der einzelne Bürger mag so vielleicht nicht denken, aber das Psychiatrie-Gebilde schon.
 
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Gleerndil schrieb:
Aber wie gesagt, da steht nix von Zusammenhängen und Wirkungen nur in einer (gewünschten!) Richtung

Oregano und Castor haben schon Kausalitäten begründet.


Im übrigen eine persönliche Bitte an dich:

Ich finde es in Ordnung, eine andere Meinung zu haben. Es sollte selbstverständlich sein, diese in konstruktiver Art zu äußern und zu begründen. Kleinreden, Kleinmachen, Beleidigungen, Unterstellungen u.ä. passen da nicht dazu.
Ich hab mich grad daran erinnert, dass du mich auch schon in einem anderen Thread angeschrieben hast, und ich empfand das nicht gerade als respektvoll.
Daher meine Bitte.
 
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Ich möchte mal behaupten, dass es die Untersuchungen nach Stress allgemein, Psychostress im besonderen, nach seelischem Schmerz, Verlust und Tod, Trauer, nach körperlicher Gewalt, Krieg, Traumen allgemein, nach Konflikten, Trennung, Scheidung, Mobbing, Psychoterror, Stalking.....längst gibt.

Meinst Du wirklich, dass man da noch "beweisen" müsste, dass jemals ein Mensch an all diesen Situationen/Einflüssen krank geworden wäre und - seelisch-psychisch oder körperlich - krank werden könnte?

Vermittelt genau über die weiter oben genannten Nicht-Einbahnstraßen-Links.

Meine ich:) Gerd
 
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Im übrigen eine persönliche Bitte an dich:

Ich finde es in Ordnung, eine andere Meinung zu haben. Es sollte selbstverständlich sein, diese in konstruktiver Art zu äußern und zu begründen. Kleinreden, Kleinmachen, Beleidigungen, Unterstellungen u.ä. passen da nicht dazu.
Ich hab mich grad daran erinnert, dass du mich auch schon in einem anderen Thread angeschrieben hast, und ich empfand das nicht gerade als respektvoll.
Daher meine Bitte.
Das mein Beitrag im anderen Thread - wenn schon, dann konkret ...
Du machst große Fässer auf, wirfst allerhand Begriffe rein und rührst mehrfach kräftig durch.......stellst Psychiater direkt neben Psychologen, und meinst mit letzteren auch manchmal Psychotherapeuten. Von denen es auch noch einige sehr unterschiedliche (Fach-)Richtungen gibt. Aus Traumata und Glaubenssätzen wird "persönliche Schuld"....nur warum?

Ich möchte konstatieren, dass Du nichts von Psychotherapie verstehst, im allgemeinen.
Was genau ist dabei "Kleinreden, Kleinmachen, Beleidigungen, Unterstellungen u.ä." Deiner Meinung nach, insbesondere vielleicht auch Beleidigung und Unterstellung und ähnliches?

Gerd
 
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Hallo Bumblebee

Du gehst beispielhaft auf die Depression ein. Kannst du das "meistens" begründen und vielleicht sogar zu dem Rest etwas sagen, was nicht zu der Menge "der meisten" gehört?
Für mich sind 100%-Aussagen unseriös. Besonders im Bereich der Biologie muss man immer eine Restunschärfe einkalkulieren und nicht von ungefähr schließen viele Studien mit dem Hinweis auf weitere Untersuchungen. Deshalb "meistens".

In meinem Verständnis würden immunologische Genesen eine psychische Erkrankung klar ausschließen (dh. nicht Verhaltensänderungen u.ä.).
Vielleicht sollte man endlich den Zopf abschneiden, der von der Existenz psychischer Erkrankungen ausgeht? Es gibt m.E. nur psychische Symptome, also Normabweichungen vom erwarteten Verhalten. Leider landet der Diagnosekomplex bei einer zweifelhaften Facharztrichtung und traditionell geben sich die ihr zugehörigen Scharlatane nicht mit Laboruntersuchungen ab; schon gar nicht mit Immunparametern. Und das, obwohl hinlänglich bekannt ist, dass man bspw. mit der Gabe von Interferon eine schwere Depression auslösen kann. Wer da nicht weiter nachdenkt, hat entweder ein Brett vor dem Kopf oder er ist korrupt.

Ich glaube, Felis ging auf die Richtung ein: Führen Erkrankungen der Psyche zu körperlichen Erkrankungen oder körperliche Erkrankungen zu Psyche-Krankheiten?
Ich meine, die Klärung der Kausalität ist maßgeblich (und beliebig komplex, bis heute weitestgehend ungeklärt).
Ich sehe die Kausalität weitgehend geklärt, denn ich habe eine Vielzahl von Patienten kennengelernt, bei denen eine personalisierte Immuntherapie die psychischen Symptome ganz nebenbei weggefegt hat. Ob das in umgekehrter Richtung schon gelungen ist, wage ich zu bezweifeln.

Du behauptest nun, die Kausalität zu kennen für die meisten Fälle. Die Begründung ist für mich deshalb spannend, weil: Wenn die Kausalität Körper -> Psyche, dann würde das - streng genommen - die Psychiatrie obsolet machen.
Obsolet ist das richtige Wort.

Grüße
Castor

@Gleerndil: Ich erinnere daran, dass Du auf meiner Ignore-Liste stehst.
 
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Ein anderes Problem sehe ich z.b. bzgl. Behörden und Krankenkassen. Offenbar zählen hier Symptome, nicht Diagnosen.
Symptome und Diagnosen sind zwei Seiten einer Medaille. Aus wenig tiefenscharfen Symptomen werden (Facharzt-)Diagnosen konstruiert. (Herzinfarkt und Schlaganfall? Endpunkte chronisch persistierender Entzündungen mit Schädigung des Endothels. Bandscheibenprobleme? Vielfache Ursache sind nicht erkannte Herpeserreger. Refluxstörungen? Sytemische Stickstoffmonoxiddusche legt den Muskel am Mageneingang lahm. Grund: unerkannte, persistierende zelluläre Abwehr. usw.) Diese Diagnosen sind nötig für die Abgrenzung innerhalb des Facharztsystems, für die Verfassung von Behandlungsleitlinien (inkl. oder vor allem zwecks Vorschrift fragwürdiger pharmazeutischer Produkte) sowie für die Abrechnung ärztlicher Leistungen (Abrechnungsziffern). Offensichtlich dienen Diagnosen in erster Linie der Bürokratie.

Der Patient hat dadurch jedenfalls nur Nachteile, weil nicht vorurteilsfrei und tief genug nach Ursachen gesucht wird. Ein Arzt (theoretisch ein Freier Beruf), der das System ignoriert, fällt sehr bald auf. Es gibt bei der KV Statistiken, die die Tätigkeit zahlenmässig abbilden, und wer innerhalb des KV-Bezirks mehrfach über dem Durchschnitt seiner Kollegen abrechnet, wird empfindlich sanktioniert. Vom Regress bis zum finanziellem Ruin. Die härteste Waffe ist der Rufmord.

Hier wird auch ein Kardinalproblem der Analyse komplexer, variantenreicher Erkrankungen wie CFS sofort deutlich: Sie lassen sich nicht in die überkommene Systematik integrieren.
 
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Hallo zusammen!

Habe gerade gesehen, dass man mich hier erwähnt.
Deswegen: Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass es für mich den Begriff "psychisch krank" in dem Sinne nicht gibt. Ich verstehe das als "psychisch verletzt, seelisch verletzt" (worden-sein). Ich sehe diesen Begriff für mich unter Trauma, auch Kränkung und somit unter Stress, aber auch weiter gefasst. Körper. Psyche - eher noch Seele. Der ganze Mensch. Auch die Bereiche, die nicht messbar sind, aber vielleicht spürbar, fühlbar.
Ich möchte mal behaupten, dass es die Untersuchungen nach Stress allgemein, Psychostress im besonderen, nach seelischem Schmerz, Verlust und Tod, Trauer, nach körperlicher Gewalt, Krieg, Traumen allgemein, nach Konflikten, Trennung, Scheidung, Mobbing, Psychoterror, Stalking.....längst gibt.

Meinst Du wirklich, dass man da noch "beweisen" müsste, dass jemals ein Mensch an all diesen Situationen/Einflüssen krank geworden wäre und - seelisch-psychisch oder körperlich - krank werden könnte?
Eben. Verletzung, Gerd.

Ich stimme aber auch den Ansichten von castor zu, von Bumblebee, zumindest in vielen Teilen.

Wenn es nach mir ginge, würden erkrankte Menschen in jeder Hinsicht unterstützt werden und nicht stigmatisiert werden durch eine Etikette, die je nach Interessengruppe aufgeklebt wird und verstanden werden will.
Ich kann viele Erkrankungen einfach nicht mehr als nur das Eine oder nur das Andere sehen. Ja, das ist so.
Setzt euch doch nicht gegenseitig auf Ignorierlisten. Ich glaube, dass ihr so weit gar nicht auseinander liegt. Jeder von euch ist doch dagegen, dass Menschen stigmatisiert, nicht adäquat behandelt und entwürdigt werden. Oder irre ich mich hier?
Ich würde mir wünschen, dass z.B. auch durch Psychotrauma (Gewalt, Vernachlässigung etc) am Ende des Stresses schwer erkrankten Menschen der Platz und die Anerkennung gegeben werden würde, die ihnen gebührt.
Schlicht und einfach indem man gelten lässt: Ja, das kann auch schwere körperliche, immunologische, endokrine etc Folgen haben.

Soviel von mir dazu.

Allen ein schönes Wochenende
Felis
 
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Wenn es nach mir ginge, würden erkrankte Menschen in jeder Hinsicht unterstützt werden und nicht stigmatisiert werden durch eine Etikette, die je nach Interessengruppe aufgeklebt wird und verstanden werden will.
Ich kann viele Erkrankungen einfach nicht mehr als nur das Eine oder nur das Andere sehen.
Gäbe es einen fairen wissenschaftlichen Wettbewerb, könnte ich damit leben. Leider gibt es diesen Wettbewerb aber nicht. Das System hat ihn aus Angst, bequeme und lukrative Einnahmequellen zu verlieren, immer abgelehnt. Ab einem bestimmten Punkt wurde die Sache dann auch noch haftungs- bis strafrechtlich relevant. Man muss den Schein deshalb wider besseres Wissen unter allen Umständen wahren. Die hierzu eingesetzten Mittel überschreiten bereits die Grenze zur Illegalität. Da es hier offenbar ein paar Neue gibt, füge ich einen Anhang bei, der die Machenschaften der Ärztekammer Nordrhein trefflich entlarvt.

Und zum Ignorieren. Ich kann es nicht ausstehen, wenn User hier mit ihrer vernagelten Ideologie die Entscheidungsfreiheit anderer manipulieren, und letztendlich schädigen. Dieses Forum hier ist bekanntlich nicht ganz schuldlos am Verschwinden der einzig wirklich hilfreichen Anlaufstelle. Die Psychothesen bedürfen auch keiner Propaganda. Die gibt es in fast jeder Arztpraxis schnell und gratis.
 

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Hi castor,

Für mich sind 100%-Aussagen unseriös. Besonders im Bereich der Biologie muss man immer eine Restunschärfe einkalkulieren und nicht von ungefähr schließen viele Studien mit dem Hinweis auf weitere Untersuchungen. Deshalb "meistens".
Ich hab dich auch genauso verstanden.

Du meintest, dass "psychische Erkrankungen" meistens auf eine immunologische Genese zurückzuführen seien. Ein Beispiel war die "Depression" - die meiner Meinung nach keine Depression mehr ist, wenn Entzündungen und immunologische Pathologien vorliegen.
Da stimmen wir überein. Außer vielleicht in der Rolle der Antidepressiva dabei, wie sie im biopsychiatry-Artikel beschrieben wird.

Mich würde nur interessieren, welche anderen als "psychisch" bezeichneten Erkrankungen deiner Meinung nach in diese Kategorie gehören. Oregano hat ja noch viele andere genannt (zugebenen, auch unter Beteiligung des Immunsystems - aber da stellt sich die Frage nach der Kausalität). Und welche nicht? Also könnte man reine "psychische Erkrankungen" ausmachen, zumindest theoretisch?

Vielleicht sollte man endlich den Zopf abschneiden, der von der Existenz psychischer Erkrankungen ausgeht?

:)
Das ist meine Behauptung und Meinung. (Ich schließe mich auch dem Rest dieses Absatzes an.) Deshalb schreibe ich psychische Erkrankungen ja in Anführungszeichen.

Dabei sollte klar sein, was "psychische Erkrankung" überhaupt ist, und das lässt sich nicht so einfach klären, jedenfalls nicht für mich. Ich meine hierbei die offizielle Definition laut Psychiatrie und auch Zweige der Psychologie. Ich dachte auch immer, "psychische Erkrankung" schließe die Anwesenheit körperlicher Erkrankungen aus, aber dann bin ich auf die allumfängliche Zirkelschluss-Definition des DSM V gestoßen.

Aber ich habe immer mehr das Gefühl, dass diese Fachrichtung keine Begründungen mehr bringen muss, Wissenschaftlichkeit ignoriert wird, Psychiater stattdessen mit "mind and soul" denken, Logik ausgesetzt wird und stattdessen "es ist so, weil ich es sage" an deren Stelle tritt. Diese Macht hatte zuletzt die Kirche im Mittelalter. Ich finde, das führt zu Unmenschlichkeit.

Hinzu kommt die Bedeutung, die unabhängig von der offiziellen Definition der Bezeichnung "psychische Erkrankung" beigefügt wird. Dabei wird Seele gerne mit Psyche gleichgesetzt, was falsch ist. Es wird auch nicht zu Ende gedacht, was "psychisch krank" eigentlich aussagt - oder gar "seelisch krank". Stattdessen wird es freimütig benutzt, wobei Menschen regelmäßig demütigend behandelt werden.


Ich sehe die Kausalität weitgehend geklärt, denn ich habe eine Vielzahl von Patienten kennengelernt, bei denen eine personalisierte Immuntherapie die psychischen Symptome ganz nebenbei weggefegt hat. Ob das in umgekehrter Richtung schon gelungen ist, wage ich zu bezweifeln.

Auch hier schließe ich mich weitestgehend an.
Ich möchte mir nur Offenheit bewahren - wir wissen sehr vieles nicht. Aber ich meine auch, über die Richtung "kranke Psyche -> kranker Körper" weiß man noch viel weniger.

Übrigens schließt "kranke Psyche -> kranker Körper" Stress usw. nicht ein. Stress ist eine körperliche Reaktion.

Ich weiß, dass uns eingeimpft wird, Stress sei, was wir draus machen. Und damit sei Stress eine "psychische" Sache. Es gibt Leute, die von dieser Sichtweise profitieren. Grob, der ganze Industriekomplex profitiert davon. Statt eine Welt und Umweltbedingungen zu schaffen, in der Menschen gut leben können, sagt man, es liege an deiner Bewertung der Umstände. Findet das niemand verwerflich? Ich finde, man muss an die eigentlichen Ursachen gehen, und das sind nicht "psychisch kranke Menschen".
 
Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

castor schrieb:
Offensichtlich dienen Diagnosen in erster Linie der Bürokratie.

So ist es doch. Und noch weiter: Es dient letzten Endes der Gewinnmaximierung. Ich befürchte, "psychische Diagnosen" werden hier eine besondere Rolle spielen. Der ICD-11 wird hier zumindest bürokratische Türen öffnen. Der Mensch wird weiter auf der Strecke bleiben.

Ich sehe mittlerweile eine maßgebliche Rolle bei den Ärztekammern - die aber eigentlich das ausführende Organ des Gesetzgebers sind. Das gesamte System ist korrupt, siehe z.b. transparency.de.

ME bringt tatsächlich all die Schwächen bzw. Eigrenschaften des Systems zutage. Ich glaube, ME ist auch eine politische Angelegenheit.
 
Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

Ich möchte konstatieren, dass Du nichts von Psychotherapie verstehst, im allgemeinen.

Was genau ist dabei "Kleinreden, Kleinmachen, Beleidigungen, Unterstellungen u.ä." Deiner Meinung nach, insbesondere vielleicht auch Beleidigung und Unterstellung und ähnliches?
Gerd

Nur kurz:
ich denke, der ehrenhafte Weg wäre, gewisse Zusammenhänge einfach niederzuschreiben, ohne jemanden konkret darauf anzusprechen, dass er keine Ahnung hat. Das Ziel wäre erreicht, ohne jemanden zu entblössen.

Gruss, Marcel
 
Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

Hallo Felis,

Ich hoffe, ich habe dich richtig wiedergegeben, sonst bitte korrigieren!

Ich persönlich finde, dass die Bezeichnung "psychische Erkrankung" - und alles, was damit zusammenhängt - keinem Menschen gerecht wird, der widrigen, schrecklichen oder schwierigen Lebenssituationen ausgesetzt war oder ist, wie z.b. Traumata, Armut, Demütigung, Entwürdigung etc.
Diese Menschen brauchen ECHTE Hilfe, nicht Fachärzte, die sie als "krank" bezeichnen und in Ecken abschieben. Diese Hilfe bestünde aber auch in etlichen Systemänderungen (Hartz IV, Kriegsursachenbeseitigung) - das ist politisch unerwünscht.

Ich finde es unmöglich, menschliche Regungen auf schreckliche Situationen zb. als "krank" zu bezeichnen. Dass ein Mensch emotional darunter leidet, ist klar.

Ich finde, wir könnten "psychisch", "Psych-" und all das gut aus unserer Sprache streichen und nichts verlieren. Wir haben gute Begriffe, wie Emotion, Mentales..., die recht trefflich umschreiben, was gemeint ist, und dem Menschlichen viel gerechter werden.

Seele ist ein Thema für sich und gehört für mich in den spirituellen Bereich. Ich hätte also niemals das Recht, jemandem seinen Glauben daran abzusprechen. Der Begriff gehört aber streng genommen nicht in die Psychologie, erst gar nicht in die Psychiatrie und auch nicht in die Wissenschaft. (Das muss er auch gar nicht.)

Felis schrieb:
Ich glaube, dass ihr so weit gar nicht auseinander liegt. Jeder von euch ist doch dagegen, dass Menschen stigmatisiert, nicht adäquat behandelt und entwürdigt werden. Oder irre ich mich hier?

Ich bin zumindest dagegen. Was andere darüber denken, kann ich nicht genau sagen, insbesondere Gerd; du hast dich dazu nicht wirklich geäußert. Ich empfinde deine Posts bisher als schwierig, bin ich ehrlich.

Ich muss auch sagen, man muss bei einer Diskussion nicht zwangsläufig Einigkeit erreichen. Die unterschiedlichen Sichtweisen sind oftmals sehr interessant.

Ich bin i.a. sehr offen; aber wenn man gewisse Misstände beheben will, braucht es Konsequenz.

Meine Toleranz endet dann, wenn mein Wohl angegangen wird (oder das eines anderen Menschen). Es ist eine Sache, an gewisse Dinge zu glauben, eine gewisse Meinung zu haben, von esoterischen Sichtweisen überzeugt zu sein, psychologische Begriffe zu verwenden usw usf...Es ist eine andere, diese anderen Menschen aufzuzwingen, als Wahrheit zu bezeichnen und keine Widerrede zuzulassen...Autarkie unerwünscht!

Im Falle von Psychiatrie geht es auch um finanzielle Existenzen. Gerichte (und Behörden) folgen "psychiatrischen Gutachten" fast schon blauäugig-naiv - da hängen ganze Schicksale dran. Das hat System, und das hat nichts mehr mit Hilfe und Humanismus zu tun.

Felis, dir auch ein schönes Wochenende! :)
 
Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH

@admin Marcel

Ich hoffe, dass es bei dem konstruktiven Ton bleibt. Alles andere wäre echt schade.
 
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