"Genug empört, jetzt wird gehandelt!" - Stéphane Hessel

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Der Artikel über St. Hessel bei Spiegel online klingt wirklich gut. Es ist auch ein kraftvolles Foto von St. Hessel dabei. Tut gut, das mal zu lesen und das Foto anzusehen, hier Ausschnitte:


Neue Thesen von Stéphane Hessel

Der Widerstandskämpfer und Erfolgsautor Stéphane Hessel legt nach: In Frankreich erscheint seine radikale Kampfschrift "Engagiert euch!". Im Gespräch mit einem Öko-Aktivisten plädiert der 93-Jährige für den handfesten Einsatz zum Schutze der Umwelt. (..)

Mit seinem Buch "Empört euch!" ("Indignez-vous!") ist er seit Oktober 2010 zum gefeierten Erfolgsschriftsteller aufgestiegen: Die Publikation, fast 1,7 Millionen Auflage, wurde in 22 Sprachen übersetzt. (...)

"Die Woge hat Frankreich und die Welt erfasst", beschreibt das Magazin "Le Nouvel Observateur" das Phänomen und widmet dem "Unglaublichen Hessel" gerade einen Titel. (...)

Jetzt hat der Revoluzzer im Rentenalter noch einmal nachgelegt. Nach dem Anstoß zur Entrüstung folgt der radikale Kampfruf zum aktiven Einsatz: "Engagez-vous!", (Paris, Éditions de l'Aube, 112 Seiten, 7 Euro) heißen die Interviewnotizen, die Hessel zusammen mit Gilles Vanderpooten vorlegt und ausdrücklich als Aufforderung zum aktiven Handeln verstanden werden will.

Wenn "Empört euch!" als Impuls, die geistige Haltung zu ändern, interpretiert wurde, so lässt "Engagiert euch!" keinen Zweifel mehr am Primat der Tat: "Es genügt nicht, sich nur zu entrüsten", sagt Hessel.
(...)

In dieser hoffnungsvollen Botschaft liegt der Grund für die Attraktivität auch dieser Schrift, der die Uno-Menschenrechtserklärung und der Aufruf der Résistance als Anhang beigefügt sind - die Grundlagen von Hessels Überzeugungen. Es sind keine Visionen eines törichten alten Mannes, sondern es sind die Weisheiten einer erfüllten Biografie, die Gilles Vanderpooten diesem Veteranen entlockt. Hessels Mutter gab sie ihrem kleinen Sohn Stéphane bereits als Einzeiler mit auf den Weg: "Sei glücklich, damit du die anderen glücklich machen kannst."

Hier der Link:
Neue Thesen von Stéphane Hessel: Genug empört, jetzt wird gehandelt! - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Kultur

Wer es gelesen hat, hat vielleicht Lust, hier etwas darüber zu schreiben?

Hier übrigens noch ein Artikel - zu Spanien:

¡Indignaos! Indignez vous! Empört euch!

"Wirkliche Demokratie Jetzt" besetzt nach der Platzräumung den zentralen
Platz in der spanischen Hauptstadt erneut und will ihn zum spanischen
Tahrir-Platz machen

Der zentrale Madrider Platz - La Puerta del Sol - in Madrid soll sich in das
Symbol des Aufstands der "Empörten" verwandeln. Die beziehen sich dabei
auf das Buch des ehemaligen Résistance-Kämpfers Stéphane Hessel und
seinem Bestseller "Indignez vous!" (Empört euch!).
Hier der Link:
https://www.heise.de/tp/blogs/8/149859


:wave:
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier ein Artikel aus Publik-Forum.de:


Empört Euch!
Zum Frieden gehört der Glaube, die Dinge zum Guten verändern zu können. Horst-Eberhard Richters Aufruf zum friedlichen Aufstand und zu mehr Engagement für eine humanere Gesellschaft.

[Horst-Eberhard Richter: »Warum rafft sich das Volk nicht zum Widerstand auf?«]

Ein Hoffnungszeichen dieser Tage möchte ich erwähnen. Der 93-jährige französische Menschenrechtler und Schriftsteller Stéphane Hessel fasziniert momentan Millionen seiner Landsleute mit einem Büchlein vom Umfang eines größeren Heftes. Empört euch! lautet der Titel.
Hessel schöpft immer noch Kraft aus den Ideen der Résistance, die ihn geprägt haben. »Wir alle sind aufgerufen«, schreibt er, »unsere Gesellschaft so zu bewahren, dass wir auf sie stolz sein können. Das ist aber keine Gesellschaft der in die Illegalität Gedrängten, des Misstrauens gegen Zuwanderer (…), in der die Reichen die Medien beherrschen …Wir müssen den Weg der Gewaltlosigkeit zu gehen lernen. Die Zukunft gehört der Gewaltlosigkeit und der Versöhnung, davon bin ich überzeugt.«
Hessel plädiert für einen Zorn, der stets die Hoffnung im Hintergrund behält. Friedlicher Aufstand ist angesagt.

Von sich selbst sagt er: Es sei sein natürlicher Optimismus, der ihn alles Wünschenswerte auch für möglich halten lasse. Ich denke, dass auch wir in unserer ärztlichen Friedensarbeit einiges von solcher Zuversicht auszustrahlen versuchen sollten.
Das gelingt uns kaum allein durch ewiges Anprangern und Aktionen gegen das Falsche, also durch ein bloßes Anti. Die Menschen brauchen ein Pro, den Glauben an eine Humanisierung unserer Gesellschaft. Angetreten sind wir Ärzte mit der Botschaft, die Herzforscher Lown und Herzforscher Tschasow durch ihren symbolischen Handschlag über den Eisernen Vorhang hinweg ausgedrückt haben.

So wie wir Ärzte unterschiedslos allen Menschen gegenüber zur Hilfe verpflichtet sind, müssen wir auch die anderen zu ungeteilter Verantwortung füreinander und zur Überwindung von Gleichgültigkeit aufrufen. Wir können die Welt ein Stück menschlicher machen, also im Anti immer den Glauben an das Pro der Versöhnung wachhalten.
Wer hätte noch vor einem halben Jahr gedacht, dass ausgerechnet in den arabischen Diktaturen ein Aufstand der Schwachen für soziale Gerechtigkeit und für politische Mitbestimmung losbrechen würde? Also ein Kampf für uns vertraute westliche Werte. Dass wir uns dafür schämen würden, vom Westen aus die unterdrückenden Diktatoren unterstützt zu haben? Aber wie viel Verlass ist auf unser Mitgefühl mit den Opfern arabischer Herrschaftsgewalt?

Wir wollen helfen – aber auch dann noch, wenn uns Scharen von Flüchtlingen vor unseren Toren bedrängen? Wird dann nicht vielen der rassistische Thilo Sarrazin näher sein als Hessel?

Wird uns vielleicht sogar unser eigenes Defizit an politischer Teilhabe bewusster? Unsere eigene politische Ohnmacht zwischen den Wahlen in der repräsentativen Demokratie? Die Teilnahme am Irakkrieg konnten wir Deutschen gerade noch verhindern, weil die Entscheidung glücklicherweise mit einer Bundestagswahl zusammenfiel. Wir wählten den zunächst weniger aussichtsreichen Kandidaten, weil er diesen Krieg und erst recht deutsche Beteiligung ablehnte.
Seit Jahren verlangen mehr als zwei Drittel der Deutschen in repräsentativen Umfragen den Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan – vergeblich. Es ist, als redeten sie gegen den Wind. Protestieren wir Friedensärzte, ergeht es uns genauso. Da bewundern wir nun den Kampf der Araber um politische Teilhabe, aber lassen uns die eigene Verwicklung in einen sinnlosen Krieg gefallen und obendrein die Warnung von oben, den Soldaten nicht in den Rücken zu fallen.
Dass dabei die Regierung dem eigenen Volk in den Rücken fällt und die Soldaten ihr Leben für eine Sache aufs Spiel setzen lässt, die das Volk nicht will, ist doch ungeheuerlich.
 
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