Auf ein Wort | 03.01.2008 18:20 Uhr
Präsident wird nur, wer anständige Pfannkuchen backt - vom provinziellen Charme der amerikanischen Vorwahlen
Man muß nicht unbedingt wissen, wie die Hauptstadt von Aserbaidschan heißt, um Präsident zu werden. Aber man muß ordentliche Pfannkuchen backen können. Am Anfang des weiten Weges nach Washington stehen zutiefst provinzielle Wahlkampfauftritte: Mal im etwas größeren Rahmen, oft genug aber sprichwörtlich in den Wohnzimmern der Leute, die bei den Vorwahlen über die Spitzenkandidaten der beiden Parteien entscheiden. Da ist das große Amerika plötzlich wieder ganz klein und Politik noch richtig persönlich, da machen die Obamas, Clintons, McCains und Romneys ganz auf guter Nachbar, binden sich eine Schürze um den Bauch und laden ein zum "pancake breakfast", zum Pfannkuchenfrühstück. Das Motto der Kandidaten: Die Welt retten wir morgen, heute müssen wir den Provinzlern in den traditionell ersten Vorwahlstaaten Iowa und New Hampshire erst einmal zeigen, dass noch Siedlerblut in unseren Adern fließt, dass wir am Ofen mindestens so gut sind wie später im "Oval Office". Nur der - oder die - mit den besten Pfannkuchen und vielleicht ein paar netten Wahlversprechen als Beilage hat nach diesem Polit-Getingel schließlich die Chance, bei den Vorwahlen oder beim "Caucus" die meisten Stimmen zu bekommen und damit am Ende das begehrte "Ticket" seiner oder ihrer Partei. Anders als richtige Vorwahlen, die ein bisschen professioneller organisiert sind, erinnert so ein "Caucus" eher an einen Kindergeburtstag: In Klassenzimmern, Gemeindezentren, auch Privathäusern kommen die Leute zusammen, Demokraten und Republikaner getrennt und hier und da ein paar unabhängige Wähler. Jede Ecke, manchmal auch die Wandmitte oder der Platz unterm Kronleuchter gehören einem der vielen Kandidaten. Wer für Obama ist, stellt sich unters Licht, Clintonfans gehen ans Fenster, Giulianifreunde zur Wandtafel. Dann werden Köpfe gezählt und wer die meisten hat, gewinnt in diesem "Wahllokal". Das Ganze passiert allein in Iowa an etwa 1.800 verschiedenen Orten und am Ende gibt es zwei Sieger: Den oder die der Demokraten und den der Republikaner, die dann, weitere Siege in den anderen Bundesstaaten vorausgesetzt, genug Delegierte für die großen Parteikongresse im Spätsommer sammeln. Mit Demokratie hat das Ganze von da an allerdings nicht mehr allzu viel zu tun. Da geht es nicht um Programmdebatten oder Kampfabstimmungen. Diese Kongresse sind knallbunte Politparties, bei denen nur abgesegnet wird, was ohnehin längst feststeht - wer nämlich Anfang November gegen wen antritt. Parteien sind nicht wichtig in Amerika. Auf die Pfannkuchen kommt es an und auf die Personen, die sie backen, wenn der Wahlkampf losgeht. Später hauen die sich dann lieber gegenseitig in die ja bereits heißen Pfannen - dann geht das traditionelle "mudslinging" los, dann wird diffarmiert, was die Flecken auf der Weste des Gegners hergeben, bis knapp die Hälfte der Wähler von dem ganzen Theater derart die Nase voll hat, dass sie am wirklichen Wahltag zu Hause bleibt. Der Rest, in der Regel so um die 55 Prozent, wählt dann nicht etwa einen der Kandidaten, sondern Wahlmänner, die ihrerseits über den nächsten Präsidenten entscheiden, sich dabei in aller Regel an das Wählervotum halten, aber nicht daran gebunden sind. Diese Sitte stammt noch aus dem Gründerjahren, als man das Volk schlicht für zu dumm hielt, um den Chef direkt zu bestimmen. Heute ist weniger das dumme Volk das Problem, eher schon der intellektuell überforderte Präsident, der es ja dennoch irgendwie ins Weisse Haus geschafft hatte. Und dafür kann es neben dem ihm im Streit mit Al Gore wohlgesonnenen Obersten Gerichtshof, dem ganzen Geld von Papa und dem gerissenen Wahlkampfmanager Karl Rove eigentlich nur einen Grund geben: George W. Bush muß damals ein unwiderstehlicher Pfannkuchenbäcker gewesen sein...
Autor: Carsten Schmiester
Stand: 03.01.2008 18:52 Uhr