Die aktuellen Krisen (Finanz, Wirtschaft, System)

  • Themenstarter oli
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Also ich habe das so verstanden, dass Manno ein Gegenbeispiel zu der Phil´schen Aussage liefern wollte. Dieser meinte, man könne durch Angst vor etwas dieses Ereignis begünstigen bzw herbeiführen.

Manno wollte m.E. zeigen, dass man gänzlich ohne Angst trotzdem Opfer eines Verbrechens werden kann.

diese "selbsterfüllende prophezeihung" habe ich auch schon hier mal erwähnt; denke aber, dass sich diese eher in einer "geschützten umgebung" also zb in einem - noch - funktionierendem system bewahrheiten lässt... in einem "es geht ums nackte überleben" szenario ist das wohl eher nicht - mehr - so...

und dass manno etwas bestimmtes zeigen wollte, war uns anderen schon klar; nur die formulierung war ein wenig... irreführend;

allen alles gute :kiss:
 
[ot] wobei ich noch anmerken möchte: auch ein obdachloser besitzt (menschliche) würde und muss sich nicht wie vieh in einen stall mit zig anderen sperren lassen... [/ot]

Ich möchte das nun trotzdem nicht so "qualifiziert korrigiert" stehen lassen, auch dann wenn ich's jetzt vielleicht noch schlimmer mache:

Wenn man von "Pennern" spricht (und ich möchte dieses Wort nicht einfach aus meinem Sprachgebrauch steichen), dann spricht man nicht von Armut und Obdachlosigkeit. Man spricht bewußt herabwürdigend von "hemmungsloser Verwahrlosung" und das ist mehr wie ein "rein individuelles sittliches Problem". Da die Ignoranz des Wortes "Penner", fast schon gegen die Menschenwürde verstößt - und keinesfalls andersherum, will ich diese "Würde" noch einmal ansprechen. Ganz besonders, wenn durch die Krise nun Massenverarmung und Altersarmut droht.

Schauen wir mal in die Vergangenheit: Dort verarmte ein Mensch durch einen Schicksalsschlag und man schrieb nicht ohne Grund ins Sozialgesetz: Dieser Mensch ist so zu versorgen, daß man ihm seine Armut nicht schon äußerlich ansieht. Für mich ist das die Vorraussetzung von Menschenwürde ! Solchen Menschen wurde dann eine Sozialkarte gegeben, die sie dazu berechtigt sich (gegen Schutzgebühr) in einer öffentlichen Badeanstalt zu waschen, sie bekamen im caritativen Umfeld die Möglichkeit ihre Wäsche zu waschen (dafür wurden in den Gemeinden große öffentliche Waschmaschinen aufgestellt), sie bekamen teilweise eine Armenspeisung (wurde größtenteils dezent an den Eingängen von Gemeindehäudern und Klostern ausgegeben), sie bekamen Zugang zu Wärmestuben (wo sie auch Fernsehen schauen und Zeitung lesen konnten) und es war Sozialämtern strengstens verboten ihre Daten offenzulegen (z.B. darauf hinzuweisen, daß dieser Mensch Sozi bekommt). Rein äußerlich hatten die Menschen auch das Recht auf neue (modische) Kleidung, sodaß die Würde dieser Menschen geschützt war. Kein Nachbar konnte erkennen, daß es sich um einen Sozialhilfeempfänger handelte (er also arm ist).

Sollte man das dem Menschen doch ansehen, dann wurde er zurecht als Penner verachtet. Die Verachtung resultierte daraus, daß es dem Penner gleichgültig war, wie andere über ihn dachten, daß er sich das Geld für Pflege, Reinigung und Kleidung sparte und sich davon lieber Schnaps kaufte. Man verachtete diesen Menschen also nicht, weil er arm war, sondern weil man gewisse Mindeststandards (Menschenwürde) erhalten wollte. Wenn sich nämlich mehr Menschen so verhalten, dann würde eines Tages die Frage aufkommen: "Warum sollen wir denn in den "Sozialetat" die Kosten für Pflege, Reinigung, Baden, Wäscherei, Friseur, Zeitung, Kleidung, ect. einkalkulieren, wenn der "gewöhnliche" Arbeitslose das sowieso nicht braucht ? Gemeinsam hielt man daher die Fahne der Menschenwürde hoch und bestand auf diese Mindesstandards. Die "Penner" behandelten die Armen daher genauso, wie die Arbeiter ihre "Streikbrecher" behandelten: Mit Zorn und Verachtung !

Inzwischen ist die anfängliche soziale Unterstützung immer mehr ausgehölt worden. Statt der Zehnerkarte fürs Badehaus, Schwimmbad und die Wäscherei wurde eine finanzielle Pauschale ausgezahlt, wobei nicht mehr darauf geachtet wurde, wofür das Geld ausgegeben wurde. Jeder konnte nun frei über dieses Geld bestimmen und insofern wurde das Geld dann immer weniger für kulturelle Angelegenheiten ausgegeben. Als Folge davon kam es dann so wie es kommen mußte: Irgendwann beschloß man, daß es den Asozialen viel zu gut ging und das man ihren Unterhalt reduzieren könnte. Nun gibt's Hartz-4 mit dem die ursprünglichen sozialen Standards prompt gestrichen wurden. Dieser Satz reicht nun nicht mehr um sich jede Woche ein Wannenbad, einen Besuch des Hallenbads oder eine Tageszeitung leisten zu können. Höchst offiziell urteilte ein Richter: "Man kann von einem Arbeitslosen erwarten, daß er sich mit kaltem Wasser wäscht". Und was ist mit der Wäsche ? Hierzu urteilte ein weiterer Richter: "Nur Mütter mit mehreren Kindern haben ein Anrecht auf eine Waschmaschine. Alle anderen könne ihre Kleidung auch mit einem Stück Seife mit der Hand waschen." Praktisch heißt das: Diese Leute brachen keine Hygiene mehr. Es dürfte verständlich sein, daß dem Menschen heute keine Würde mehr gewährt wird. Kurzum: Das ist die Konsequenz von einem gesellschaftlichen Konsens, in dem das Wort "Penner" keine Bedeutung mehr spielte.

Nun wurde ein Damm gebrochen, denn natürlich werden Arme Leute nun gezwungen sich als "Asoziale" zu outen. Sie müssen in aller öffentlichkeit an den Tafeln in einer Schlage stehen, um sich Lebensmittel abzuholen. Sie müssen für 1-Euro Jobs zur verfügung stehen und für jederman sichtbar an Straßenreinigungsaktionen teilnehmen, müssen in öffentlichen Parks arbeiten, müssen Kleidung aus der Kleiderkammer tragen und werden sogar direkt von Amts wegen diskriminiert. D.h. es klingelt irgendein Sozialkontrolleur bei den Nachbarn und fragt im Auftrag des Sozialsamts an, wo denn die Person XY ist, die man heute überprüfen wollte. Außerdem wird gefragt, ob diese Person häufiger Männerbesuch bekommt oder ob man glaubt daß diese Person einer Nebentätigkeit nachkommt. Heute werden also die Armen nicht mehr in ihrer "würde" geschützt, sondern sie werden offen an den Pranger gestellt. Es ist ja schließlich nicht schlimm, wenn jemand ein "Penner" ist. Heute spricht man zwar nicht mehr herabwürdigend von einem "Penner", der sich im Gegensatz zu den "versteckten Armen" hemmungslos unsittlich verhält. Man sagt damit indirekt: "Es ist ja nicht so schlimm wenn sich ein Armer nach außen hin auch so zeigt", doch in Wirklichkeit möchte die Gesellschaft damit Arme lediglich diskrimineren. Man will eine Zweiklassengesellschaft schaffen und man soll ihnen sogar schon am Zahnersatz ansehen, daß sie arbeitslos sind ! Heute geht man stillschweigend davon aus, daß den Verarmten keine Würde mehr zusteht. Insofern ist es nun "verpöhnt" von "Pennern" zu reden, denn dadurch würde man Druck auf die Armen ausüben sich "anständig" zu verhalten. Genau das will man aber gar nicht mehr erreichen - man möchte sogar, daß diese Arbeitslosen als solche erkannt werden. Insofern kann ich es nur noch als heuchlerisch ansehen, wenn jemand zwar nicht von "einem Penner" reden will, aber trotzdem nichts dagegen hat, wenn nun alle so behandelt werden. Nein - ich setze mich zwar dafür ein, daß man arme Menschen mit Würde behandelt, aber ich möchte auch, daß man wieder von "den Pennern" redet, die da an öffenlichen Plätzen herumhängen. Das darf keineswegs als Normalität akzeptiert werden. An diese mit Hartz-4 jetzt eingeführten Zustände darf man sich nicht gewöhnen. Überschuldung kann jeden von uns treffen und dann will ja auch niemand, daß jeder Nachbar schon von weitem erkennen kann, was mit einem los ist. Das darf keinesfalls bleiben wie es ist ! Notfalls müssen eben wieder öffentliche Badehäuser und Waschhäuser (Sachleistungen) eingeführt werden.
 
wuhu ;-)
Ich möchte das nun trotzdem nicht so "qualifiziert korrigiert" stehen lassen, auch dann wenn ich's jetzt vielleicht noch schlimmer mache: ...

danke zuerst mal für deinen immens aufgestockten "qualifizierten" ;)

nun im ernst: den begriff menschliche würde vergab ich hier in dieser diskussion an obdach-lose - in wien (österreich) heißen diese "sandler", in deutschland - so dachte ich - "penner"; du hast nun penner auf (noch) nicht obdach-lose erweitert (zumindest für mich, verzeih, ich bin keine deutsche)...

ich weiß um wiener obdach-losen-einrichtungen, die offiziell für jede/n obdach-lose/n einen schlaf-platz zur verfügung stellen müssten (dies bei weitem nicht schaffen würden), dass die/der obdach-lose um eine bestimmte uhrzeit vor ort sein müsste und dann mit etlichen anderen eingeschlossen (!) würde...

das finde ich enbenso menschen-unwürdig wie die gesellschaftlich bzw politisch herabgewürdigten zustände bei bereits armen, doch noch nicht obdach-losen; für die betroffenen ist das wohl nicht von belang, doch dieser unterschied erscheint mir in der diskussion hier über die menschen-würde obdach-loser sehr wichtig...
 
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