Erziehungscamps und Wilhelm Busch

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Bekanntermaßen bin ich ein Fan der NDR - Info - Glossenreihe "Auf ein Wort".
Hier hat eine NDR - Autorin den hundertsten Todestag Wilhem Buschs zum anlass genommen, um sozusagen "in seinem Stil", sich mit der aktuellen politischen Diskussion auseinander zu setzen. ;)

Herzliche Grüße von
Leòn

Auf ein Wort | 09.01.2008 18:20 Uhr
Böse Buben

Vor hundert Jahren starb der Mann
Der Max und Moritz einst ersann.
Bei diesen Buben, dass man auch lache,
Geht es recht rustikal zur Sache.
Da wird geraubt, gequält, geschlagen,
und das nicht wegen leerem Magen -
Sie tun´s - o weh! - aus reiner Freude
Am Bösesein. Sie alle beide.
Quälen Witwen, Lehrer, Onkel Fritz,
Töten Hühner und Potzblitz!
Bringen die Pfeife zur Explosion -
Gefährlich war die Sache schon!
Die Bubenstreiche, wie ihr seht:
Ein Fall von Jugendkriminalität.
Wie schön! denkt da der Kolumnist,
Dass rund um Frankfurt Wahlkampf ist.
Und Roland Koch in dunkler Nacht
Dem Dichter ein Geschenk gemacht:
Indem der netteste der Hessen
Das ausspricht, was wir längst vergessen:
Zur Missetat gehört die Buße!
Es braucht die Strafe auf dem Fuße,
Damit wir zweifach uns ergötzen
Daran, wie andere sich verletzen.
Weil der Betrachter beides will
Den Bösen und des Bösen Drill.
Erziehen reicht dem Koch nicht mehr.
Erziehungslager müssen her,
Mit Liegestütz, Kasernenhof -
So spricht der Jugendphilosoph.
Denn Ausländerkinder sind sehr eigen.
Man weiß, wie zur Gewalt sie neigen!
Drum muss Arrest den Willen brechen,
Von Pädagogik nicht zu sprechen...
"Warnschuss" heißt das bei Roland Koch.
- Warum so zaghaft? Denke doch:
Hast du kein´ Wilhelm Busch gelesen?
Da kehrt ein eisernerer Besen.
Bei Busch, da wird nicht eingesperrt,
Da wird sogleich am Ohr gezerrt,
Da wird gekratzt und aufgespießt,
Da gibt´s keine Bewährungsfrist!
Zu Brei gemacht, zu Schrot gemahlen:
So haben sogar noch die Vandalen
Für die Gesellschaft ihren Nutzen:
Das Federvieh darf sie verputzen.
Auch Komasaufen geht nicht gut
Weil die Natur das ihre tut:
Hans Huckebein der Unglücksrabe
Säuft viel zuviel, wie mancher Knabe,
Hängt schließlich sterbend in der Wolle -
Erspart Sozialarbeit. Das ist das Tolle.
Ob Lehrer Lämpel, Schneider Böck
Braver Bürger gegen Bürgerschreck.
Es ärgert sich die Witwe Bolte
Es schießt der Bauer, wie er wollte:
Piffpaff! Da liegt der Affe Fipps.
Für Rechtsausleger sind das doch Tipps
Wie man vor Zaghaftigkeit gefeit
Im Umgang mit der Jugend heut!
"Ach", - der Stammtischbruder spricht:
"Das Paradies: ein Schnellgericht.
Bei Max und Moritz ist es doch
Viel besser als bei Roland Koch!"
Doch, ehrlich, sprach man damals schon
Bei irgendwem von Migration?
Auch woll´n wir schließlich nicht verschweigen
Was des Dichters Bilder zeigen:
Wie - und das in großer Masse -
Man sich an die eigne Nase fasse.
Ach, was muss man oft so hören
Von Politikern, die schwören -
Hinterher dann doch gelogen,
Zugeben, ja, dass sie betrogen,
Wie gescheh´n damals in Hessen
Hat man das schon ganz vergessen?
Von Bußetun ist keine Rede!
Und stattdessen - Alter Schwede!
Jeden Wahlkampf überdehnen
und dem Populismus frönen.
Aber wehe! Wehe! Wehe!
Wenn ich auf das Ende sehe.

Autor: Korinna Hennig

Stand: 10.01.2008 14:39 Uhr
 
Roland Koch kürzte bei Gewaltprävention Tatort Hessen

Entgegen seiner Rhetorik produziert Roland Kochs Politik Kriminelle: Über Jahre hat das Land Hessen Sozialprojekte für straffällige Jugendliche zusammengestrichen.
Quelle: www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/null-euro-fuer-streetworker/?src=SZ&cHash=be7fad9b25

Außerdem interessant:
US-Erziehungslager: Tod im Boot-Camp - Freisprüche für Aufseher
Politblog.net » US-Rassenjustiz? - Freispruch für Totschlag
https://www.nytimes.com/2007/10/11/washington/11report.html?_r=1&oref=slogin
The first federal inquiry into boot camps and wilderness programs for troubled teens cataloged 1,619 incidents of abuse in 33 states in 2005, a congressional investigation out today reveals.
Quelle: GAO study reveals boot camp 'nightmare' - USATODAY.com
 
Ihr sorgt euch also mehr um die Täter als um die Opfer. Ist ja nur noch widerlich.

Opferverband wirft Migranten Verharmlosung vor

Das Leid der Opfer

Hallo Üzgül,

das ganz sicher nicht! Aber die Vermeidung von Opfern muss m.E. ein paar Stufen früher ansetzen, nämlich darin, dass man Täter verhindert! Und zwar so verhindert, dass sie erst gar nicht zu Tätern werden. Da hat die Politik in unserem Lande die letzten Jahre jedoch leider kläglich versagt.

Und Du wirst sehen, heute gehen die hoffnungslosen Jugendlichen auf die Straße und auf andere Leute los, aber die Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung geht ja weiter. Die Preise für Energie und Lebensmittel und sonstige Grundbedürfnisse steigen ja immer weiter, und im Gegenzug stagnieren bzw. gehen die Einkünfte (außer durch Kapital) weiter zurück. Die Kluft zwischen Superreichen und Armen wird immer größer! Wer weiß welche Bevölkerungsschicht als nächstes der Hoffnungslosigkeit in diesem unserem Lande verfällt ?

M.E. dienen diese ganzen Maßnahmen nur dazu, in Zukunft die Bevölkerung allgemein besser kontrollieren und überwachen zu können. Die um sich greifende Verarmung und damit der Unmut wächst schließlich stetig. Staatseigentum wird privatisiert, obwohl es eigentlich uns, dem Volk gehört! Und dann soll es anscheinend auch vor Zugriff geschützt werden. Das ist das andere große Thema derzeit, nämlich die Sicherheits- und Überwachungshysterie. Das muss man ja mal alles im Zusammenhang sehen!

Und, wie gesagt, gewaltbereite Jugendlich verhindert man am besten dadurch, in dem man ihnen von Anfang an Perspektiven aufzeigt und sie entsprechend integriert. In meiner Generation hat das ja auch noch funktioniert!

Meine persönliche Erfahrung zum Thema Ausländer: Früher wohnte ich in einem Stadteil einer größeren Stadt, mit sehr hohem Ausländeranteil. Dort fühlte ich mich sogar sicherer als heute hier auf dem Land, wo deutsche Jugendliche, mit Piercings, langen schwarzen Klamotten usw. durch die Gegend ziehen, trinken und rauchen und die "Normalos" anpöbeln...

Viele Grüße
Sabine
 
Danke Üzgül,

die Tendenz mancher, sich mehr Sorgen um die Täter als um die Opfer zu machen, finde auch ich unglaublich. Die dauernde Verharmlosung einer Situation, in die jeder von uns geraten kann, wenn er in eine U-Bahn steigt - sollte er es wagen Jugendliche mit unzumutbaren Verhalten zu rügen, trägt bedrückende Züge. Fast schon die Ausnahme ist ein Artikel wie der in der FAZ:

Debatten - Feuilleton - FAZ.NET - Jugendkriminalität: Hinschauen ist nicht gefährlich

Viele Grüße, Horaz
 
Und Du wirst sehen, heute gehen die hoffnungslosen Jugendlichen auf die Straße und auf andere Leute los, aber die Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung geht ja weiter.

????????????

:eek:Oh Gott, was ist geschehen? Habe ich was verpasst?:eek:

atomkrieg ausgebrochen? pandemie einer tödlichen seuche? ein riesenmeteorit wird die erde treffen? WAS?


mir hängt das gelaber von den hoffnungslosen jugendlichen schon zum hals raus.

hoffnungslos ist es, wenn du als jugendlicher in eritrea, bangladesh, palästina oder in einer der unzähligen anderen dritte welt gebieten lebst, da lass ich hoffnungslos gelten.


aber in deutschland, frankreich oder sonst wo in der westlichen welt von hoffnungslosigkeit zu sprechen ist eine verhöhnung der milliarden menschen die tatsächlich von einer solchen betroffen sind.

aber zum glück wissen die gar nicht das sie so verhöhnt werden, denn die haben gerade wichtigeres zu tun. sie kämpfen gerade ums nackte überleben, ja, genau jetzt.


mich hätte damals als jugendlicher auch eine tiefe hoffnungslosigkeit befallen hätte ich vom leben erwartet, das ich mit zwanzig einen dicken mercedes fahre, ein haus besitze und das ganze jahr rund um die welt reise, mich zudröhne und endlose partys feiern kann.

in der tat, diese erwartungen erfüllt zu bekommen sind tatsächlich ziemlich hoffnungslos.

nein, denen ist einfach langweilig. die haben kein interesse etwas aus sich zu machen. geben sich damit zufrieden das sie das kleine einmal eins beherrschen und der rest soll nur gaudi sein.
und da diese irreale lebensauffassung nicht funktionieren kann muß man sich eben irgendwie abreagieren.

ist ja ziemlich leicht. feindbilder sind ja schnell bei der hand und dann suchen wir uns noch am besten die wehrlosesten als opfer aus und schlagen dann feste drauf. fertig.

und wenn mich dann jemand zur rechenschaft ziehen will, dann tue ich auf hoffnungslos und lasse mich gleich auch noch bemitleiden. oh diese arme, arme jugend heut zu tage, wie schwer haben es die doch.

so gesehen muß das eine wirklich tolle zeit gewesen sein als jugendlicher zwischen 1945-1955. da gab es keine heerscharen von vollkoffer die durch die gegend liefen und auf alles draufschlugen was auch nur zuckte. komisch? dachte immer gerade in dieser zeit herrschte not und hoffnungslosigkeit.
da wurde ich dann also sicher belogen und man hat mir märchen erzählt.

achja, bitte gebt mir bescheid wenn diese hoffnungslose zeit vorüber ist, nicht das ich dann wieder was verpasse!


grüße
richter
 
Und, wie gesagt, gewaltbereite Jugendlich verhindert man am besten dadurch, in dem man ihnen von Anfang an Perspektiven aufzeigt und sie entsprechend integriert.

Das hört sich in der Theorie schön an, nur scheint es nicht bei allen zu funktionieren. Wenn sich jemand nicht integrieren will, dann kann man soviel Geld für Integration ausgeben wie man will.

Hast Du "Hart aber fair" gesehen? Was hat der türksiche Ex-Schläger sinngemäß gesagt, als der Moderator gefragt hat, was der Staat für ihn besser hätte machen können? Er hat gesagt nichts, es seien alle Möglichleiten gegeben, aber man müsste halt auch selbst etwas dafür tun.

Hier anzuschauen: DasErste.de - hart aber fair - Jung, brutal und nicht von hier - Was ist dran am Streit um Ausländergewalt


In meiner Generation hat das ja auch noch
funktioniert!

In meiner auch, nur wollten sich die Ausländer damals integrieren, sie waren fleissig und wurden von ihren Eltern gefordert. Einer wurde sogar geschlagen, wenn er schlechte Noten geschrieben hat. Und sie sind selbst dafür, dass man kriminelle Ausländer härter bestraft oder abschiebt, weil sie durch solche Leute selbst in Verruf geraten. Wenn also die Grünen und SPD etwas anderes fordern, dann vertreten sie damit fast ausschließlich die Interessen der Kriminellen oder derjenigen, die sich nicht integrieren wollen, aber nicht die Interessen der friedlichen, integrierten ausländischen Mitbürger.
 
Ich weiß gar nicht, wie die Diskussion in die Richtung Täter - Opferschutz geraten konnte. Die themeneinführende Glosse hat ja die eher die populistische Ausschlachtung des Themas Jugendgewalt durch einen bestimmten, sich im Wahlkampf befindlichen, Ministerpräsidenten zum Ziel.

Und hier ist es schon interessant zu sehen, dass ausgerechnet in Hessen in den vergangenen Jahren an die 100.000 Stellen in der Justiz abgebaut wurden. Die Gerichte wollen handeln und können es, wegen des Personalmangels nicht.

Also: dieser besagte Ministerpräsident lässt in Massen die einschlägig notwendigen Stellen abbauen und fordert andererseits härtere Strafen und "Erziehungscamps". Als ahäm... was ist das jetzt?

Im Übrigen sollte man zwischen den Boot - Camps der USA und den in Deutschland im Aufbau begriffenen Erziehungscamps der Jugendhilfe deutlich unterscheiden.
Erstere sind semi - militärische Drill - Einrichtungen, letztere vollstationäre Einrichtungen der Jugendhilfe, über die man ja durchaus diskutieren kann und die ich - im Bezug auf bestimmte Fälle, auch als Vollzugsersatz durchaus sinnvoll finde.

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hier noch was interessantes zum Thema, hatte die Sendung selber im TV gesehen und wunderte mich, dass der junge Ausländer (oder Migrantensohn oder wie auch immer) sich selber die Schuld an seinem vergangenem Gewalt-Leben gab:

Eine Katastrophe für die ARD und vor allem für die SPD und die Grünen. Hier haben wir den Beweis, wie die deutschen Medien und speziell das Fernsehen, zusammen mit den Politikern, ein abgekartetes Schmierentheater inszenieren.

Wärend der Sendung "Hart aber Fair" auf der ARD gestern Abend, wo es um das Thema

"Jung, brutal und nicht von hier - Was ist dran am Streit um Ausländergewalt?"

ging, wurde ein junger Türke Alaattin Kaymak vom Moderator Frank Plasberg gefragt:

Was hätte der Staat Deutschland eigentlich für Sie besser machen können?

Kaymak antwortete:

Für mich besser machen können? Das Rauchergesetz ab…, nein (lacht). Für mich besser machen können? Da fällt mir eigentlich jetzt nicht viel ein, weil, es ist ja eigentlich alles gegeben an Möglichkeiten, man muss sie nur ein bisschen selber suchen…

Damit hat offensichtlich der junge Mann nicht den Regieanweisungen die vorher abgesprochen wurden gefolgt und hat den Argumenten die gebracht wurden wiedersprochen. Worauf der Grünen-Politiker Özcan Mutlu flüsterte:

Wurde der gar nicht gebrieft vorher?

Mutlu war ganz verwirrt, man sah wie er dachte, wie konnte dieser Fehler bloss passieren und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries antworte dann:

Doch!

Guckt euch den Ausschnitt an und hört selber:

www.blogger.com/img/videoplayer.swf?videoUrl=http%3A%2F%2Fvp.video.google.com%2Fvideodownload%3Fversion%3D0%26secureurl%3DqgAAABqQx1oQmSnIaATdhug8I95sKNOjDOqNx3cJxezRnHZF-90RtHgEKiw_ipC1dZ1VvDBHjM9xrDqUHiJv8NDor6-pmfl-vvYniCvmhawwgdAX7b6K6DqLTp8nLh

Quelle: Schall und Rauch: „Wurde der gar nicht gebrieft vorher?“
 
Hier noch was interessantes zum Thema, hatte die Sendung selber im TV gesehen und wunderte mich, dass der junge Ausländer (oder Migrantensohn oder wie auch immer) sich selber die Schuld an seinem vergangenem Gewalt-Leben gab:

Was ihm hoch anzurechnen ist.

Danke für den Mitschnitt. Damit haben sich Herr Mutlu und die Frau Ministerin
endgültig als ernst zu nehmende Diskutanten disqualifiziert.

Sie gingen davon aus, dass der junge Mann als nützlicher Idiot fungiert und sich
als Aufhänger für die eigene, politisch-korrekte Deutungsweise instrumentalisieren lässt.

In Wirklichkeit geht es diesen Leuten nicht um das Seelenheil
des Delinquenten, sondern um die Verteidigung des mühsam aufgebauten,
ideologisch manifestierten Pöstchen.

Das diese arrogante Deutungshoheit oft nicht mit der Realität kompatibel ist,
hat da noch nie wirklich gestört.

Dies lässt tief blicken und beschädigt den redlichen Teil der Menschen, die tatsächlich
differenzierter als Roland Koch argumentieren.

Der Ruf nach neuen Gesetzen ist nämlich überflüssig.

Die Gerichte sprechen Urteile, die die maximale Höchststrafe von 10 Jahren stets weit unterschreiten.

Wichtig ist, dass die Strafe auf dem Fuße zu folgen hat.

Ich teile die Meinung von Üzgül, Horaz und Richter, dass die vermeintliche Chancenlosigkeit
kein staatlich verursachter Missstand ist, sondern explizit dem Verhalten der Klientel geschuldet ist.

Auch finde ich es übrigens sehr bemerkenswert, dass Üzgül schreibt, wie er denkt.

Eine wichtige Meinung hat was mit Bildung und Aufrichtigkeit zu tun.

Wer Missstände und Verlogenheit anspricht, obwohl es einfacher wäre, dem
eigenen Vorteil zu Liebe ins andere, wenn auch falsche Horn zu blasen, der verdient tiefen Respekt.



Grüße, Bodo
 
Bodo hat ganz Recht, der Ruf nach neuen Gesetzen scheint wohl überflüssig zu sein. Udo Vetter veröffentlicht auf seinem Lawblog dazu folgendes:

Juristenverbände: Verschärfung des Jugendstrafrechts ist ein Irrweg

Die unterzeichnenden Fachverbände und Experten sprechen sich entschieden gegen jede Verschärfung des Jugendstrafrechts aus. Das deutsche Jugendstrafrechtssystem leidet nicht unter mangelnder Härte, sondern am Fehlen politischer und sozialer Alternativen für deviante und gefährdete Jugendliche. Erhebliche Stellendefizite, stete Kürzungen im Vollzug und Einsparungen bei der Betreuung von Jugendlichen kennzeichneten die Kriminalpolitik der vergangenen Jahre.
Quelle: law blog» Archiv » Juristenverbände: Verschärfung des Jugendstrafrechts ist ein Irrweg

Interessant in diesem Zusammenhang ist auf jeden Fall Jürgen Roth, der in seinen Büchern den Ver- und Zerfall des funktionierenden Rechtssystems beschreibt ("Ermitteln verboten", "Anklage unerwünscht" ...).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Als erstes sollte man m.E. immer nach den Ursachen fragen, warum und unter welchen Voraussetzungen sich Jugendliche so entwickeln. Die Kinder in meinem Bekanntenkreis werden alle gut gefördert und von ihren Eltern in der Entwicklung betreut. Das setzt einmal voraus, dass die Eltern über die Mittel (finanziell) und die Zeit verfügen und die Fähigkeit besitzen ihre Kinder entsprechend zu fördern. Dies scheint jedoch heutzutage leider längst nicht mehr der Regelfall zu sein.

Viele Eltern haben entweder nicht das Geld ihre Kinder entsprechend auszustatten oder sie sind beide berufstätig, damit am Ende des Monat überhaupt noch irgendwas übrig bleibt, oder sie haben eben einfach nicht die sonstigen nötigen Voraussetzungen ihren Kindern stabile Voraussetzungen zu bieten und ein stabiles Wertesystem zu vermitteln. Entweder weil sie selber schon mit ihrem eigenen Leben überfordert sind, durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit, unzureichende Bildung usw. All diese Ursachen muss man zumindest als verantwortungsvoller Politiker auch diskutieren und auch dafür für die Zukunft Abhilfe schaffen wollen. Oder sollen unsere Kinder zukünftig alle (oder zumindest sehr viele, wenn's so weiter geht) in Erziehungscamps aufwachsen ? ;) Diese Diskussion vermisse ich aber z.B. auch noch total. Es wird nur versucht eine Hauruck-Lösung für den Moment zu suchen, das Volk einmal mehr zu polarisieren (jung und alt, Ausländer - Deutsche), aber nach Ursachen und dauerhaften Lösungen sucht niemand.

Und wenn der Anteil der Arbeitslosen und Armen immer größer wird, werden auch die Kinder immer zahlreicher, die durch solche Verhältnisse eben zu Außenseitern und Randalierern gemacht werden. Dann geht zukünftig ein riesen Batzen Geld für die Betreuung von Jugendlichen drauf, der an anderer Stelle wieder fehlt! Auf der anderen Seite werden dann die Bildungsausgaben herunter gefahren, damit die Eltern immer noch mehr selber für die Bildung ihrer Kinder ausgeben müssen und die Perspektiven für diese Kinder so immer schlechter werden. Für mich ist dieses Handeln der Politiker vergleichbar mit dem der Schulmedizin, die auch nicht nach den Ursachen sucht, sondern immer nur ein Symptom zu bekämpfen versucht, und sich keine Gedanken darüber macht, wie das ganze dann aber weiter geht...

Versteht mich bitte nicht falsch, ich habe selber keine Lust hier von irgendwelchen Jugendlichen verprügelt zu werden! Aber ich glaube eben, dass die Lösungen der Probleme andere sind! Und dass die Diskussion, die Roland Koch da eben z.B. auch führt andere Hintergründe hat, als den Schutz der Bevölkerung! Ich finde also man sollte sich immer die Ursachen vor Augen führen, das ganze in die Zukunft weiter extrapolieren und nach Zusammenhängen suchen. Eine Sache für sich isoliert zu betrachten macht m.E. keinen Sinn.

Viele Grüße
Sabine

P.S. Habt Ihr Euch schon einmal gefragt, wieso plötzlich Geld für diese Erziehungseinrichtungen da ist, nicht aber für andere Sozialleistungen, z.B. im Gesundheitsbereich, für Krankenhäuser, Pflegeheime, Bildungseinrichtungen usw. usf. Überall wird privatisiert und gespart, mit all den fatalen und teilweise unmenschlichen Konsequenzen für die Betroffenen, aber für die Erziehungscamps soll plötzlich Geld da sein... :confused: :idee:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Özgul, kannst Du bitte mal genau sagen, worum es dir geht, also woraufhin du politisch, sozial und auch sonst hinaus willst? Also was schwebt Dir vor?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Komisch, letztes Jahr sah doch alles ganz gut aus...

Mit minus elf Prozent gab es bei der Kinderkriminalität bis 14 Jahren einen spürbaren Rückgang der Delikte. Ausländer-Straftaten verringerten sich um fünf, die Straßenkriminalität um 5,6 Prozent. Die Zahl der Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung nahm um mehr als fünf Prozent zu.
Angesichts dieser Zahlen sagte Schäuble, Deutschland sei "im internationalen Vergleich eines der sichersten Länder der Welt". Dies wäre nicht möglich "ohne die hervorragende Arbeit unserer Polizei", fügte der Minister hinzu.
Quelle: www.tagesschau.de/inland/meldung117426.html

Aber auch in jüngster Vergangenheit folgendes:
Insgesamt stieg die Zahl der Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund von 12.051 im Jahr 2004 auf 15.361 im vergangenen Jahr - ebenfalls ein Plus von 27 Prozent.
Quelle: www.tagesschau.de/inland/meldung117514.html

Hier noch eine Sammlung verschiedener Artikel zum Thema:
www.tagesschau.de/inland/jugendkriminalitaet20.html
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Moin Zusammen,

ich seh das ganze recht Ähnlich wie Binnie.

Die Frage nach der Ursache dieses "Anstiegs der Jugendkriminalität" ist wichtiger wie die Bekämpfung eines "Symptoms".

Natürlich gab und wird es wohl auch immer einen gewissen Prozentsatz an Jugendlichen & Erwachsenen geben die einfach ohne solche "Ursachen" kriminell sind und bleiben wollen - hier kann man über sinnvolleren Schutz der potentiellen Opfer nachdenken und effektivere Strafen (nein nicht die Todes-Strafe, aber sehr lange Haftstrafen gerade bei wiederholungstätern) einführen, obwohl es sie laut Papier eh schon gibt.

Die Perspektivlosigkeit, fehlende (Realistische/Sinnvolle) Werte und ja auch "Hoffnungslosigkeit" sowie "Machtlosigkeit" in Bezug auf das eigene Leben sind doch genau der Knackpunkt.

Welche Möglichkeiten hat denn heutzutage noch ein "Hauptschüler" ?
Wieviele Ausbildungen braucht ein junger Erwachsener um einen "sicheren" (gibt es sowas überhaupt noch?) Job zu bekommen?
Woher bekommen junge Menschen ihren "Rückhalt"?

Und welche Werte vermittelt unser "Rechtssystem" ? ein System in dem das Wohl und Leben eines Menschen weniger "Wert ist" wie ein Auto oder ähnliche Dinge!!!

Nachdenkliche Grüße,
Cailly
 
Insgesamt stieg die Zahl der Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund von 12.051 im Jahr 2004 auf 15.361 im vergangenen Jahr - ebenfalls ein Plus von 27 Prozent.

Deine Zahlen sind veraltet: Zahl rechtsextremistischer Straftaten nimmt wieder ab

15.000 rechtsextremistische Straftaten bei jährlich über 6 Millionen Straftaten, das macht einen Anteil von 0,3%.

Zu den rechtsextremistischen Straftaten gehört übrigens auch das Tragen verfassungsfeindlicher Symbole oder das Skandieren verfassungsfeindlicher Parolen. Die Zahl der rechtsextremistischen Gewaltdelikte liegt weit unter 1.000 im Jahr.


Zum Vergleich:

Überdurchschnittlich sind nichtdeutsche Tatverdächtige in den alten Ländern mit Berlin jedoch auch bei gravierenden Gewaltdelikten wie Raub (35,3 %, 2001: 35,3 %), Mord und Totschlag (34,5 %, 2001: 35,1 %) sowie Vergewaltigung und sexuelle Nötigung gemäß §§ 177 Abs. 2, 3 und 4, 178 StGB (33,5 %, 2001: 34,1%) vertreten.

Ausländerkriminalität

Das sind nur die "nichtdeutschen Tatverdächtigen". Dazu muss man noch die "deutschen Tatverdächtigen mit Migrationshintergrund" addieren.

Nebenbei gibt es jährlich auch rund 5000 linksextremistische Straftaten. Die Zahl der Gewalttaten liegt dabei über 1.000. Die Linksextremisten sind also deutlich gewalttätiger als die Rechtsextremisten.
 
Hallo Üzgül,

zu Berlin kann ich nichts sagen. Aber zu München, da bin ich nämlich selber fast täglich mit der U-Bahn unterwegs. Und da kann ich nur sagen, dass ich ÜBERHAUPT keine Angst vor den ausländischen Jugendlichen habe, aber ziemlich große Angst vor deutschen Jugendlichen mit Piercings, aufgestellten Haaren und schwarzen Klamotten! Die brauchst Du nur mal schräg anzuschauen, dann gnade Dir Gott! Für mich ist das, was die Propaganda-Presse da versucht zu skizzieren eine völlige Verzerrung der Wirklichkeit! Die wirklichen Missstände und Probleme werden tunlichst verschwiegen, dafür aber Einzelfälle, sofern sie ins Konzept passen, hochstilisiert. Eine ausgewogene Berichterstattung sieht m.E. anders aus! Sie muss sich mit meiner Wirklichkeit decken. Jedoch entspricht das, was ich in Propaganda-Blättern wie Focus, Spiegel, Welt, usw. lese, in keinster Weise den Sorgen, die ich tatsächlich habe, und die ich aus meinem Bekanntenkreis höre. Ich spreche jetzt für Bayern. Vielleicht ist das in anderen Bundesländern ja anders ?

Die tatsächlichen Sorgen sind viel mehr Arbeitslosikeit, gerade auch in qualifizierten Berufen, unerträgliche Arbeitszeiten und Bedingungen, Mobbing, Angst vor Krankheit, Ausfällen und sozialem Abstieg, unzumutbare Situationen nach der Entlassung aus Krankenhäusern, da dort ja die Aufenthaltsdauer dank der Einführung der DRGs, den sog. "Fallpauschalen", erheblich und in vielen Fällen unzumutbar, gekürzt wurde, usw. usf. Aber von all diesen tatsächlichen Problemen lese ich in der Tagespresse so gut wie gar nichts... bestenfalls mal eine Randbemerkung in der Süddeutschen Zeitung vielleicht...

Viele Grüße
Sabine
 
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