AKT - Asperger-Kultur-Teil

:wave:


>dein frage, ob ich schlafe, finde ich sehr, sehr komisch.
denn schlafe ich, kann ich sie nicht beantworten.
schlafe ich nicht, so weisst du meine antwort ja schon.
hm.
nicht?<

Wohl wahr, Shelley!!!
 
>wenn du mit mir in meinem tagebuch schreibst, so können wir dort alles schreiben, ohne off topic zu werden, denn dort ist topic, was gerade thema ist und thema ist, was der tag so gibt.

ja also; wir würden dann nicht unsere anderen kapitel mit off topic vollschreiben und müssten nicht immer zwischen verschiedenen kapiteln hin und her klicken.<

Ist dein Tagebuch der 'Ich will leben' Thread?
(Den ich erst letzte Woche 'entdeckt' habe)

Habe dir heut was reingeschrieben...
 
>(... glaubt man n,icht daran so konnte ich als baby einfach eine urform von baltisch sprechen, deutsch aber nicht, obwohl dies in meinem umfeldgesprochen wurde.)
mir passiert es auch oft, dass ich neue deutsche worte erfinde und neue ausdrücke entwickle. (ich bekam deswegen immer verweise in den aufsätzen. fast nach jeder meiner zeile sand ein „a“ für „ausdruck“, was bedeutete, dass ich deswegen abzüge in der note bekomme.)
noch extra eine sprache zu erfinden fand ich immer ein wenig abstrus. warum auch?<

Glaubst du, du hast in einem früheren Leben schon eine baltische Sprache gesprochen?
Mir gefällt es,wenn jemand neue Worte erfindet, zumindest dann, wenn man sich vorstellen kann, was derjenige damit meint. Das ist doch dann ein Fehler, dir das als
Ausdrucks-Fehler anzukreiden. Zuviel Kreativität. Ein Fehler? Versteh ich nicht.
Nur, wenn man möchte, dass alle Schüler gleich sind...
 
>schokolade hat viele spitze und harte konsonanten. schokolade bedeutet für mich etwas hartes, knackiges.
marmelade aber hat viele weite, schmierige konsonanten.<


Ja, ganz genau! Auf 'de' enden beide.
Aber 'oko' ist an PIEKSIGKEIT kaum zu übertreffen und
'marmel' besitzt nicht nur diese breit gestrichenen 'm's, sondern erinnert auch an
'Murmel' - rund, rollend...
 
>mit der rechten hand schrieb ich deutsch, mit der linken hand synchron dazu das arabische.
meine idee war: „warum beides nacheinander schreiben, wo es zusammen schneller geht und man die eine sprache von rechts nach links, die andere von links nach rechts schreibt und somit die tinte beim schreiben nicht verwischen wird, oder man nicht übelegen muss, welche sprache man rechts und welche links schreibt? es liegt ja voll in der hand, das synchron zu tun.“<

Shelley, das ist wirklich genial und ich denke, du weißt, dass das normalerweise nicht zu den Fähigkeiten gehört, über die andere Menschen verfügen.
Dein EEG würde mich wirklich mal interessieren.
Könnte es sein, dass der Corpus callosum (Balken), eine Brücke zwischen der
rechten und der linken Gehirnhälfte anders strukturiert ist?
Haben deine Ärzte dazu mal was gesagt?

Schreibst du heute noch viel mit der Hand? Ich denke, du würdest damit andere Areale im Gehirn aktivieren, als wenn du am Computer schreibst.
Aber es fällt dir schwer wegen den Lähmungserscheinungen, ja?
 
>ja; ich mag deine bärengeschichten.
sie sind aber schon ziemlich kompliziert.
so mit den zwergen, mit den schwierigen namen, den komplizierten ortschaften, schweren worten und alle dem.<

Shelley, die Zwerge gehören zu Prinzessin Aura und sie läßt sie ausschwärmen, wenn sie etwas nicht selbst kontrollieren will. Zum Beispiel, wenn sie schläft und sich hinterher fragt, ob wer an ihren Gläsern war.
Die Zwerge sind also so was wie Helfer für die Aura.

Schwierige Namen? Ja, is schon wahr... So wie Holly-Polly Tschumpeli, mhm? (Zwinker-Smiley)
Ja, da ist viel drum-herum um so einen Bären.
Aber ich wollte dich ja auch fragen, ob ich sie dir schicken soll, wenn du sie magst.
Ich dachte, vielleicht können sie dir bei manchen helfen.
Was meinst du?

Bären zu Shelley?
 
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Letzter Bär (Jetzt kennst du alle...)

Francis X

Francis wurde im berüchtigten Bären-Ghetto von Rio geboren, als 11. von 23 Bärenkindern. Seine Eltern waren arme malayische Kragenbären, die es auf der Flucht vor einem Putzmittel schnupfenden Diktator und seiner Voodoo praktizierenden Priester-schaft hierher verschlug.

Francis' Vater baute aus Wellblech und Schuhkartons eine Hütte und zeugte mit seiner Frau 10 Kinder - alles Jungs.

Schon vor der Geburt des kleinen Francis stand fest, dass nun eine große Fußball-Karriere in Angriff genommen werden sollte. Alle seiner Geschwister waren begeisterte Fußballer. Der kleine Francis schlug leider - oder zum Glück - völlig aus der Reihe.
Von Kindheit an war er ein sehr kränklicher Bär, der, wurde er auf die
Fußballwiese getrieben, stundenlang dort saß und dem munteren Spiel der von Blüte zu Blüte flatternden Schmetterlinge zuschaute.
Manchmal legte er sich auch einfach ins Gras und betrachtet die
vorüber ziehenden Schäfchenwolken.

Francis' Vater war ein Patriarch alter Schule, der seine Familie mit eiserner Hand regierte. So hatte er seine ganzen Hoffnungen in das Fußball-Training der jungen Bären gesetzt und wollte sich diese nicht zerstören lassen.
Als der kleine Francis jedoch an einem Nervenfieber erkrankte und tagelang danieder lag, gab sein Vater dieses Bemühen auf - zumindest soweit es Francis betraf - und zeugte stattdessen lieber weitere Kinder.
Der Traum von der Fußballkarriere ging in Erfüllung und etliche von Francis' Geschwistern spielen in der brasilianischen Nationalmannschaft oder werden weltweit für geradezu unglaublich hohe Ablösesummen gehandelt.

Den kleinen Francis kümmerte das wenig. Er lag viel im Bett und las. Später schrieb er selbst Gedichte, bevor er eines Tages aufstand und vor die Tür ging. Er besuchte seine Nachbarn und entfernt wohnende Verwandte und was er unterwegs sah, entsetzte ihn so sehr, dass er fortan ein politisch interessierter Bär wurde.

Er engagierte sich für die Belange der unmittelbaren Nachbarschaft, kämpfte gegen Grundstücksspekulanten und gründete eine Partei, die sich für die Interessen der kleinen Leute einsetzen sollte.
Einflussreiche Gönner, die schon lange nach einem charismatischen
Bären gesucht hatten um einen Umsturz zu planen, wurden auf ihn aufmerksam als er eine seiner berühmten Reden hielt, die alle mit den Worten: I have a dream... begannen.

Nachdem er Geschichte, Politologie und Philosophie studiert hatte,
schrieb er etliche Bücher in denen er seine Utopien einer besseren Welt entwarf.

Heute kämpft er für die Errichtung eines unabhängigen Aspergerstaates.


Retreat, englisch für Rückzug, bezeichnet eine geplante spirituelle Ruhepause oder Rückzug von der gewohnten Umgebung
 

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>natürlich kann ich 'hellsehen' - hast du das je bezweifelt?<

Du, das war aus einer Antwort, die an dich und Iris gerichtet war und bezog sich auf eine Frage, die Iris mir in einer PN gestellt hatte.
Sie hat mich deshalb schon gerügt.
Ich verspreche Besserung!
 
BiMi:

I'm so r a t l os

Shelley:

hm.
ich finde, du schreibst komisch.
verschiedene sprachen, getrennte buchstaben in einem wort: komisch.

Genau das sollte es sein: komisch. Ausserdem kenne ich das engl. Wort für 'ratlos' nicht.
Wenn ich sonst getrennte Buchstaben in einem Wort schreibe, soll das immer heißen: Achtung! Ist ein besonderes Wort. Kann sein, es hat noch eine Bedeutung oder es meint noch etwas anderes. So, wie in Büchern manchmal was schräg gedruckt ist.
Hast du nicht so verstanden, hm?

Bist halt n' Zahlenmensch (Zwinker-Smiley)!

Manchmal schreibe ich Wörter, die eines sind (Schifffahrt) auch lieber so:
Schiff-Fahrt.
Ich finde das besser. Sieht man auf einem Blick.

Vielleicht sehe ich manchmal Schrift nicht auf die typisch aspergerische Weise, weil ich als Kind ein Belletristik und kein Sachbuch Leser war. Und nun mag ich komplizierte Worte und mitunter auch Ironie und son Kram. Ich hätte ja auch gerne Sachbücher gelesen.
Aber es waren doch keine da!
(Hier kommt jetzt der auf-den-Boden-schlag-und-mächtig-wein Smiley hin, der 'lachen' heißen soll, aber eigentlich mächtig weint.)
Das ist so traurig. Ich bin nichtmal n' richtiger Asperger!

(schniefendes BiMi)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ausschnitte aus : L'enfant sauvage v. Francois Truffaut

(dt.: das wilde Kind) Victor de l' Aveyron








Hier soll Victor lernen, Worte zu gebrauchen (Lait=Milch= Latte)


 
In 'Elf ist freundlich und Fünf ist laut' erklärt der Savant Daniel Tammet seine Art, die Welt wahrzunehmen.

Zitat aus dem Vorwort v. Darold A. Treffert, einem klin. Psychiater aus Wisconsin, der als Berater zum Film 'Rain Man'
fungierte:
...
Daniel berichtet, dass seine Synästhesie nach einer Reihe von epileptischen Anfällen in der Kindheit auftrat.
Damit gehört er für mich zur Kategorie des 'erworbenen' Savant-Syndroms - d.h. zu den Menschen, die die savantartige Begabungen, manchmal auf Wunderkind-Niveau, infolge eines Traumas, einer Krankheit oder
Störung des ZNS entwickeln. (S.10)


...
Bei Daniel hat man zudem die Diagnose eines High-Functioning-Autismus oder Asperger-Syndroms gestellt, eine Störung, über die er sehr offen Auskunft gibt.
Doch im Gegensatz zu den auffälligen Symptomen und Verhaltensweise, die er als Kind zeigte, bestätigt sein heutiges, sehr hohes Entwicklungsniveau seine eigene Feststellung, dass er zum Teil über seinen Autismus 'hinausgewachsen' sei.
Solche Verbesserungen sind bei einigen Störungen aus dem autistischen Spektrum - zum Glück - tatsächlich möglich, wenn die Betroffenen älter werden.
Die Erfolge, die Daniel hier zum Teil erzielt hat, haben das tief empfundene Bedürfnis in ihm geweckt, anderen Menschen, ob mit Epilepsie oder Asperger, Mut zu machen und ihnen durch sein Beispiel zu zeigen, dass diese Störungen nicht zwangsläufig die allgemeine Entwickiung und Entfaltung des individuellen Potenzials beeinträchtigen müssen.
Seine erklärte Absicht ist es, die Welt zu einem 'freundlicheren Ort' für Menschen mit derartigen Behinderungen
zu machen. (S.11)



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Donna Williams, studierte nach einer autistischen Kindheit Pädagogik und Psychologie
Ich könnte verschwinden, wenn du mich berührst
S. 284
... Deswegen glaube ich, dass Autismus, wenn er auch vielleicht so aussehen mag, keine Form von Verrücktheit ist. Wenn überhaupt, dann ist Autismus ein extremes Beispiel für das Wirken eines Mechanismus, der vor Verücktheit schützt.
Im Grunde war die Lösung, die ich gefunden habe, um meinen Selbstausdruck zu ermöglichen, die, tatsächlich für, und nicht gegen, eine Spaltungsmöglichkeit zwischen meinem Verstand und meinen Gefühlen zu kämpfen. Das deutet auf die Frage hin, ob wir diese Reaktion der Spaltung nicht eher zu einem Akt der geistigen Gesundheit als der Verrücktheit umdefinieren müssen, denn sie ist tatsächlich noch nie so gesehen worden.
...
Die meisten Leute zwingen sich, Dinge gegen ihre natürlichen Gefühlsreaktionen zu tun. Die Gesellschaft, in der wir leben, ist schizoid. Das ist Entfremdung...
--------------------------------------------------------------------------
 
Zuletzt bearbeitet:
gerade gesehen:

falshpoint - das spezialkommando; staffel 3 episonde 1: bedingungslose liebe (unconditional love)

hier ist der hauptrollen-junge vom asperger-syndrom betroffen, habe aber auch noch andere diagnosen, welche durch das asperger-syndrom eigentlich ausgeschlossen werden.
hm. komisch.
na, ja.

:wave:
 
Kenn ich nicht, Herzl!
Muss ich mal bei Youtube schauen - bis gleich!

Liebe Grüsse
BiMi:)
 
John Elder Robison - Schau mich an!
(Mein Leben mit Asperger)
Fackelträger Vlg. GmbH, Köln 2008


Aus dem Vorwort seines Bruders Augusten Burroughs

S. 13
Gibt es denn keine richtigen Bücher für diese Menschen?, fragte ich mich.
Zu meinem Erstaunen gab es tatsächlich kaum etwas zum Thema.
Es gab ein paar wissenschaftliche Werke und einige einfachere, wenn auch klinische Texte,
die den Leuten das Gefühl vermittelten, am besten wäre es, sie würden
ihren Asperger-Kindern einen leistungsstarken Computer kaufen, und sie sollten
nicht weiter darüber nachdenken, ihnen Tischmanieren beizubringen.
Aber nichts davon hätte auch nur ansatzweise meinen Bruder beschrieben.

Prolog

S. 19 (pathologisches Verhalten?)
Würde ich mich zu einem Killer entwickeln? Ich hatte gelesen, sie wären verschlagen und würden de Leuten nicht in die Augen sehen.
Endlos grübelte ich darüber nach. Ich griff Menschen nicht an. Ich zündelte nicht. Ich quälte keine Tiere. Ich hatte nicht das Verlangen, irgendjemanden zu töten. Noch nicht. Abe vielleicht wüde das ja später kommen. Ich verbachte eine Menge Zeit damit, mich zu fragen, ob ich im Gefängnis landen würde. Ich informierte mich und stellte fest, dass die Bundes-gefängnisse angenehmer waren als die Staatsgefängnisse.
Wenn ich jemals eingesperrt würde, hofft ich, in ein Bundesgefängnis mit mittlerem Sicherheitsstatus zu kommen und nicht in ein so schreckliches Staatsgefängnis wie Attica.

S. 21(Begabungen)

Das Asperger-Syndrom ist nicht nur schlecht. Es kann einem seltene Begabungen bescheren. Manche Asperger verfügen über ein wahrhaft ungewöhnliches Verständnis für komplexe Probleme. Ein Asperger-Kind kann sich zu einem genialen Ingenieur oder Wissenschaftler entwickeln. Manche haben ein absolutes Gehör und geradezu übernatürliche musikalische Fähigkeiten.
Viele können sich so redegewandt ausdrücken, dass manche Menschen das Leiden als Kleiner-Professor-Syndrom bezeichnen. Aber lassen Sie sich davon nicht täuschen - die meisten Asperger-Kinder werden keine College-Professoren, wenn sie erwachsen sind. Erwachsenwerden kann hart sein.

S.22
Das Asperger-Syndrom ist keine Krankheit. Es ist eine Befindlichkeit. Es gibt keine Heilung, und sie ist auch nicht erforderlich.

S.55 (Thema Mitgefühl)

Tatsache ist doch, evolutionär gesehen, dass die Menschen eine angeborene Neigung haben, sich um sich selbst und ihre engsten Angehörigen zu kümmern und sie zu beschützen.
Von Natur aus kümmern wir uns doch nicht um Menschen, die wir nicht kennen. Wenn bei einem Busunglück in Brasilien zehn Menschen umkommen, empfinde ich überhaupt nichts. Mein Verstand sagt mir, dass es traurig ist, aber ich fühle mich nicht traurig. Aber dann sehe ich, dass die Leute viel Aufhebens darum machen, und das verwirrt und beunruhigt mich, weil ich anscheinend nicht genauso reagiere.
Während eines Großteils meines Lebens war anders sein gleichbedeutend mit böse sein, obwohl ich das nie von mir gedacht habe.
"Das ist ja furchtbar! Ach, mir ist so schrecklich zumute!" Manche Menschen weinen dann und können gar nicht mehr aufhören, und ich frage mich ... Empfinden sie das wirklich, oder wollen sie damit nur Aufsehen erregen? Es fällt mir sehr schwer, das zu verstehen. Menschen sterben doch in jeder Minute, auf der ganzen Welt.Wenn wir jeden Tod bedauern würden, würden
unsere kleinen Herzen doch explodieren.
Als ich älter wurde, brachte ich mir bei, mich "normal" zu verhalten. Ich beherrsche das so gut, dass ich die meisten Menschen einen ganzen Abend lang,vielleicht auch länger, zum Narren halten kann.
Aber das misslingt, wenn ich etwas höre, das bei mir eine starke emotionale Reaktion auslöst, die anders ist als das, was man erwartet. Im Nu verwandle ich mich in den Augen der anderen in den soziopathischen Killer, für den man mich schon vor vierzig Jahren hielt.

S.56 (Thema Empathie)

Vor zehn Jahren wurde ich von der Polizei angerufen:"Ihr Vater hatte einen Autounfall..."
"Scheisse, das ist schrecklich", sagte ich.
In Gedanken vergleiche ich das damit, dass ich in den Nachrichten erfahre, dass in Usbekistan
gerade ein Flugzeug abgestürzt sei. Es gebe sechsundfünfzig Tote.
"Scheisse, das ist schrecklich, sage ich.
Für einen Beobachter wäre die Reaktion auf diese beiden Ereignisse die gleiche. Aber für mich gib es einen Unterschied wie Tag und Nacht. Dass man sich um andere Menschen Sorgen macht - oder vorgibt, sich Sorgen zu machen -, ist ein angelerntes Verhalten. Es ist nur eine Art von
Empathie, vermute ich. Ich empfinde echte Empathie für meine Familie und meine besten Freunde.
Wenn ich höre, dass einem von ihnen was Schlimmes passiert ist, fühle ich mich angespannt, mir wird schlecht oder ich habe Angst. Meine Nacken-muskeln verkrampfen. Ich werde nervös.
Da ist für mich eine Art von Empathie, die "echt" ist.
Wenn irgendwas Schlimmes passiert, zeige ich zwar keinerlei physische Reaktion, aber ich reagiere dennoch auf die Nachricht. Wenn die schlechte Nachricht nicht mit einer Gefahr verbunden ist, denke ich sofort: Was kann ich tun, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen?

S. 58 (Taktgefühl)

Als ich älter wurde, bekam ich immer häufiger Probleme, weil ich Dinge sagte, die wahr waren, die die Leute aber nicht hören wollten. Ich wusste einfach nicht, was Taktgefühl ist.

S.261/262 (Smal Talk - Horrorthema für jeden Aperger)

Wenn jemand auf einen zugeht, signalisiert sein Aussehen normalerweise nicht irgendeine Veränderung bei seiner Frau oder seinem Sohn, und das Aussehen der meisten Menschen verändert sich von Woche zu Woche oder selbst von Monat zu Monat nicht genügend, um eine logische Basis für die Frage nach dem Gewicht zu geben. Und doch sagen die Leute diese Dinge, und die Empfänger der Worte lächeln und antworten mit ähnlichen Plattitüden wie:
"Meiner Frau geht's gut."
"Der Junge wird im Januar auf Bewährung aus der Haft entlassen."
"Ich habe mir den Magen verkleinern lassen und fünfzig Pfund abgenommen."
Und überraschenderweise fügen sie dann oft hinzu:"Danke der Nachfrage."
Woher normale Menschen wissen, welche dieser Fragen sie stellen müssen, bleibt mir ein Rätsel.
Haben sie ein besseres Gedächtnis als ich, oder ist das reine Glückssache?
Es muss eine soziale Konditionierung sein, die mir vollkommen abgeht.
Ich erkundige mich nicht nach 'der Frau', denn wenn mein Freund auf mich zukommmt, bin ich daran interessiert, mich mit i h m zu unterhalten, und der Zustand seiner Frau kommt mir gar nicht in den Sinn. Genauer gesagt: Sein Aussehen veranlasst mich nicht, mir Gedanken über das Wohlbefinden
seiner Frau zu machen. Wenn er ein guter Freund ist, gehe ich davon aus (wahrscheinlich zu Recht), dass irgendeine wesentliche Veränderung bei seiner Frau oder bei seinem Sohn ihn dazu veranlassen würde, mich und seine anderen Freunde davon in Kenntnis zu setzen. Warum sollte ich ihn also danach fragen?

S.281 (Normal werden)

Meiner Meinung nach existiert ein Kontinuum vom Autismus über das Asperger-Syndrom zur Normalität.
Im einen Extrem gibt es Kinder, die von Geburt an völlig nach innen gekehrt sind. Sie leben in ihrer eigenen Gedankenwelt, zu der Eltern und andere Menschen so gut wie keinen Zugang haben.
Am anderen Ende des Spektrums sind die Kinder, die völlig nach außen gekehrt sind. Sie sind kaum in der Lage, sich mit sich selbst zu beschäftigen oder schwierige mentale Berechnungen durchzuführen.
Solche Menschen mögen vielleicht keine guten Ingenieure abgeben, aber sie bringen es oft weit im Leben, weil eine Begabung für das Zwischenmenschliche einer der wichtigsten Erfolgsgaranten ist.
Und mittendrin gibt es Menschen wie mich - die einen funktionieren besser, die anderen weniger gut.
Wir können unseren Verstand nach innen fokussieren, und wir haben auch eine gewisse Fähigkeit, mit anderen Menschen und der Aussenwelt umzugehen.

S.282 (mentale Fähigkeiten)

Wenn ich mich an meine eigene Entwicklung erinnere, erkenne ich, dass es Zeiten gab, in denen meine Gabe, mich innerlich zu fokussieren und komplexe Berechnungen im Kopf auszuführen, sich rapide entwickelte.
Dabei nahm zwar meine Fähigkeit zu, komplexe technische und mathematische Probleme zu lösen, doch ich zog mich immer weiter von anderen Menschen zurück.
Später gab es Zeiten, in denen meine Fähigkeit, mich anderen Menschen und der Welt sprunghaft zunahm. In diesen Zeiten schien mein intensiv konzentriertes Denkvermögen zu schwinden.
Ich glaube, dass manche Kinder, die sich wie ich im mittleren oder höheren Bereich des autistischen Kontinuums befinden, nicht die richtige Anregung erhalten und sich am Ende derart nach innen wenden, dass sie in der Gesellschaft nicht funktionieren können, selbst wenn sie auf irgendeinem eng
begrenzten Gebiet wie der abstrakten Mathematik unglaublich genial sein mögen.

S. 325 (Kreativität)

Ich bin also nicht gestört. Ja, in den letzten Jahren ist mir aufgegangen, dass wir Asperger b e s s e r sind als normal! Und nun gibt mir anscheinend auch noch die Wissenschaft recht: Beiträge aus neuerer Zeit legen die Vermutung nahe, dass ein Hauch von Asperger-Syndrom ein wesentliches
Element einer sehr kreativen Genialität ist.


@Iris: Köpf den Schampus, Iris! Ich hab's dir gesagt!

Empfehlung v. John Elder: OASIS (Online Asperger Syndrome Information and Support)
www.udel.edu/bkirk/asperger/.
sowie:
Tony Attwood - Author of The Complete Guide to Asperger's Syndrome - A little about Tony
Dr. Temple Grandin's Official Autism Website
Optimnem: The Official Website of Daniel Tammet (Daniel Tammet)
und ferner:
  - HOME
Website of John Elder Robison, author of Look Me in the Eye.
 

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Ernährung bei Autismus (ADS, HSP)

Donna Williams - Ich könnte verschwinden, wenn du mich berührst
S. 223

Die ganze Decke dieses Ladens bestand aus einer Masse von Neonlampen. Ich wurde sehr krank.
Zeitweise fiel es mir sogar schwer, genug Energie aufzubringen, um einen Arm zu heben.
Ich gewöhnte mir an, eine Sonnenblende zu tragen, und das schützte mich davor, unter der Wirkung der Beleuchtung einzuschlafen.
...

Ich bekam Rheuma, und meine Muskeln waren so angespannt, dass ich mir einen Muskel im Arm riß, einfach dadurch, daß ich nach etwas griff. Ich wurde blau, zitterte und fiel in Ohnmacht. Ich hatte außerdem ständig dunkle Ringe unter den Augen. Ich hatte angefangen, Vitamine zu nehmen, aber das half anscheinend nicht. Ich hatte die gleichen Symptome wie als Kind; mein Zahn-fleisch blutete, und ich bekam bei der leisesten Berührung blaue Flecken. Verzweifelt versuchte ich noch einmal herauszufinden, welches Vitamin mir vielleicht noch fehlte, das mich wieder zusammenflicken könnte.
Statt mir weitere Vitamine zu verkaufen, fragte die Naturheilkundlerin mich, ob ich irgendwelche bestimmten Lebensmittel ständig essen würde. Die Frage kam mir seltsam vor, und die Frau erklärte mir, dass meine Symptome vielleicht von einem Vitaminmangel herrührten, dass dieser Mangel aber möglicherweise ein Problem der Absorption sei. Sie erklärte, dass ich möglicherweise verschiedene Substanzen in Lebensmitteln nicht vertragen würde und dass einige davon in den Vitamintabletten selbst enthalten sein könnten.
Außerdem erklärte sie mir, dass ich vielleicht die geringen Vitaminmengen, die ich aufnahm, bei dem Versuch verbrauchte, meinen Körper von der Ansammlung von Giftstoffen, die aus unverdauter Nahrung stammten, zu befreien. Ich erklärte ihr,dass ich mich immer etwas erholte, sobald ich von dem Neonlicht wegkam, unter dem ich arbeitete. Sie erklärte, dass alllergische
Reaktionen durch ein Zusammenspiel mehrerer Ursachen hervorgerufen werden können, und daß die Wirkung des Lichtes vielleicht der Tropfen gewesen war, der das Faß zum Überlaufen gebracht hatte.
Sie gab mir eine Karte mit einer Telefonnummer. Es war eine Allergie-Klinik, die sich auf Überempfindlichkeit gegen Nahrungsmittel spezialisiert hatte.
In der Zwischenzeit vermied ich einige der Nahrungsmittel, die ich so zwanghaft aß. nachdem ich Kartoffeln und Tomaten weggelassen hatte, gingen mein Rheuma und meine Muskelprobleme zum ersten Mal seit
Monaten weg. Ich aß keine Milchprodukte mehr, und die dunklen Ringe unter meinen Augen und mein Asthma verschwanden. Ich reduzierte meinen starken Konsum von denaturiertem Zucker, und die Ohnmachtsanfälle
und das Zittern ließen deutlich nach. Gleichzeitig stürzte ich mich auf eine ganze Reige anderer Lebensmittel, und als ich den Termin mit der Allergie-Klinik hatte, hatte ich mit einigen dieser Lebensmittel auch Probleme
bekommen.
Ich besuchte schließlich zwei Klinken. Die Gründer und Leiter beider Kliniken waren praktische Ärzte, die selbst private Forschungen über die Auswirkung der Ernährung auf die Gesundheit betrieben hatten.
Die erste dieser beiden Kliniken arbeitete nach den Grundsätzen der westlichen Medizin, die zweite nach den Grundsätzen der östlichen Medizin. Da sich nur sehr wenige Ärzte auf dem Gebiet der Nahrungsmittel-
unverträglichkeit gut auskannten, waren die Behandlungen sehr teuer und wurden nur zum Teil von der staatlichen Gesundheitsfürsorge übernommen.
Ich hatte in den letzten Jahren immer wieder Medikamente gegen Asthma genommen und wieder abgesetzt - ich setzte sie ab, und die Ärzte erklärten ich sei dumm, und verordneten sie mir erneut.
In den vergangenen Jahren hatte die sogenannten Spezialisten in den Krankenhäusern 'Kratz-Tests' mit mir gemacht. Dabei werden Tropfen einer Substanz unter die Haut gebracht, damit man sehen kann, ob sie allergisch reagiert. Diesen Testergebnissen zufolge litt ich nicht unter Allergien.
Ich war jedoch nur auf Allergene in der Luft getestet worden.
Überempfindlichkeit gegen verschiedene Nahrungsmittel kann an verschie-denen Stellen im Körper allergische Reaktionen hervorrufen.
In meinem Fall war die Haut nicht das 'Zielorgan' für meine speziellen allergischen Reaktionen.
Erst als die Klinik die Methode anwandte, mir verschiedene Lebensmittel-substanzen zu spritzen, entdeckte man, dass ich tatsächlich unter mehrfachen, extremen Lebensmittelallergien litt.
In der ersten Klinik fanden sie mit einer Reihe von Blindversuchen heraus, dass ich gegen alle Fleischsorten außer Rindfleisch allergisch war, gegen alle Milchprodukte, Eier, Sojaprodukte, Kartoffeln, Tomaten und Mais.
Man machte auch einen sechsstündigen Blutzuckertest mit mir und stellte fest, dass ich unter schwerer Hypoglykämie litt.
Im Endeffekt bedeutete das, dass ich alle zwei Stunden etwas essen musste, um ein plötzliches starkes Absinken meines Blutzuckerspiegels zu verhindern. Jede Art von Aufregung verstärkte das noch und bewirkte,
dass ich zitterte, blau anlief und in Ohnmacht fiel, wenn mein Nervensystem auf den plötzlichen, gefährlichen Abfall meines Blutzuckerspiegels reagierte. Dieses Absinken führte zu einer schrittweisen Veränderung der
bewußten Wahrnehmung meiner Umgebung. Außerdem wurde in meinem Körper als Reaktion auf diesen Zustand Adrenalin ausgeschüttet, was zu einem allgemeinen Aktivitätsanstieg führte, den ich normalerweise
durch die Figur Carol* auslebte.
Ich hatte mich vorher von sehr stark zuckerhaltigen Lebensmitteln ernährt. Ich musste jetzt eine Diabetiker-Diät einhalten. Nach drei Tagen ohne Zucker hatte ich extreme und heftige Entzugserscheinungen.
Ich war zwar mein chronisches Rheuma und mein Asthma losgeworden, aber es gab immer noch etwas, das Änderungen in meinem Verhalten auslöste. Ich hörte von einer anderen Klinik und beschloß, sie auszuprobieren.
Die andere Klinik verwendete eine Testmethode, die mit Prinzipien aus der Akupunktur arbeitete.
Sie verwendeten elektronische Geräte, um die Wirkung der chemischen Bestandteile der Nahrung auf das elektromagnetische Feld des Körpers zu testen. Es wurde festgestellt, dass ich gegen eine Gruppe von Stoffen
allergisch war, die man Phenole nennt, und gegen Salizylate, die in vielen Obstsorten, Gemüsen, Kräutern, Gewürzen und fast allen abgepackten Lebensmitteln enthalten sind. Vor allem wurde festgestellt, dass meine
extreme Überempfindlichkeit gegen Phenole doppelt so hoch war wie die, die normalerweise als hoher Wert gilt.
Viele dieser Lebensmittel enthalten zwar Substanzen, die für die meisten Leute gut sind, ebendiese Substanzen vergifteten mich langsam, und bei dem Versuch, damit fertig zu werden, wurden meinem Körper die Vitamine
entzogen. In dieser Klinik wurde getestet, welche Vitamine mir fehlten und wie gut ich sie vertrug, ganz unabhängig davon, welche guten Eigenschaften sie für andere, die gegen Allergien nicht so anfällig geworden waren, vielleicht
haben mochten.
Es war fast unmöglich, sich an diese Diät zu halten, aber Arbeiten war aufgrund meiner schlechten Gesundheit auch unmöglich geworden, und ichmachte mir Sorgen wegen der drohenden Obdachlosigkeit, falls ich krank
werden sollte.
Ich hielt die Diät ein Jahr lang ein. Ich mied die meisten Lebensmittel, von denen ich wußte, dass sie die Eiweiße und Stoffe enthielten, gegen die ich allergisch war. Das hieß, daß meine Nahrung fast ausschließlich aus selbst
zubereitetem Essen, meistens Getreide, bestand.
Nach den ersten paar Wochen staunte meine Chefin. Ich sprach ruhiger und geduldiger mit den Kunden, selbst wenn sie ungeduldig wurden. Meine Stimmungsschwankungen waren weniger auffällig geworden, und dadurch kam ich besser mit anderen aus. Ich wurde ruhiger, denn ich war jetzt eher friedlich und schüchtern als heftig, manisch und aggressiv. Doch das besserte zwar meinen schlechten physischen Gesundheitszustand und gab mir größere Stabilität, aber meine tief verwurzelte emotionale Unsicherheit und die Probleme bei der Kommunikation mit anderen, die daraus entstanden, blieben bestehen.


* Carol ist eine Figur, die man als nicht vollständig in Donnas Gesamtperson 'integriert' bezeichnen könnte.
Zum Thema 'multiple' oder 'dissoziative' Persönlichkeitsstörung habe ich hier schon einen Buchtipp gegeben.
Die Existenz von 'Carol' ist für mich ein Indiz für die große kreative Kraft der Autorin. Sie beherrscht ihr Leben und die Anforderungen, die sich daraus ergeben, indem sie die Hauptpersönlichkeit nach Bedarf wechselt.
So wie ein guter Team-Leader die Aufgaben dem jeweils dafür geeignetsten Mitarbeiter zuteilt.
 
____________________________NEWS_____________________

AKT-ilino - ist eine Unterrubrik des Asperger-Kultur-Teils, mit Raum für kleine witzige Infos und Infos für kleine (witzige) Asperger (Jung-Asperger!, auch autistische Kinder genannt...)

Der Kinderbuchautor Janosch ist bekennender Autist und Anarchist

Background-Story: Als ich eines Tages für ein befreundetes Kind ein Buch kaufte, Titel:
Der alte Mann und der Bär, was ich vorher las, denn man muss ja wissen, womit man die literarisch interessierte Menschheit von Morgen so konfrontiert - kam ich aus dem Schluchzen gar nicht mehr heraus.
Die Geschichte ist am Märchen 'der glückliche Prinz' von O. Wilde orientiert und so furchtbar traurig, dass ich nicht nur sofort das Haus verliess um ein neues Buch zu kaufen, sondern mir auch große Sorgen um den Autor machte.

Buchtipp für die Jeunesse autisticque*: Irgendwie anders und Der alte Mann & der Bär

* und für alle anderen
 

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Tage wie diese

(Sonntagnacht)

In dem Jahr, in dem ich geboren wurde, kam es zu einem atomaren Zwischenfall in einem britischen Atomkraftwerk.
Davon erfuhr ich erst rund dreißig Jahre später. Wie das halt so üblich ist. Oder war. Heutzutage klappt das ja schneller - da erlebt man die Kernschmelze praktisch live und in Farbe.
Ob das besser ist? Ich weiß es nicht. Grundsätzlich bin ich ja für Information. Gerade ich, die ich selbst für die belanglosesten Entscheidungen immer alle zur Verfügung stehenden Informationen benötige.

An Tagen wie dem 11.09.2001 oder dem 11.03.2011 bin ich praktisch nicht mehr vom Fernseher wegzukriegen.
Da läuft dann nur noch der Nachrichtensender, da ich den anderen nicht mehr vertraue.
Dafür bin ich vor Angst dann fast ausser mir. Ich habe keine Angst um mich, ich sorge mich um Menschen die ich überhaupt nicht kenne und um Menschen, die noch gar nicht geboren sind - die ich also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nie kennenlernen werde.
Ich denke immer in drei Zeiten: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ob ich wohl Indianerin bin?
Von Indianer-Stämmen ist bekannt, dass sie bei Entscheidungen großer Tragweite stets die Frage stellen, wie die Ahnen dazu gestanden hätten und was die künftigen Generationen davon halten würden. Das finde ich sehr vernünftig.
Vernünftiger als eine Verlängerung von AKW-Laufzeiten.

In Fukushima, heißt es, würde eine Kernschmelze befürchtet. Dabei ist es der dritte Fukushima-Reaktorblock, bei dem die Kühlung versagt. In der Region Onagawa wurden bereits vor Stunden erhöhte Werte gemessen. Das wird mittIerweile dementiert. Dafür ist Tokai in die Riege der gefährdeten Atommailer aufgenommen worden. Und es gibt erneute Bebenaktivität und im Süden Japans kam es zum Ausbruch des Vulkans Shinmoedake Und die Erdrotationsachse hat sich verschoben, um etwa 10 cm. Was das erst wieder für Auswirkungen haben wird?
Ob uns das irgendwelche Pluspunkte bringt, wenn Apophis an uns vorbeirast?

Großbritannien, Russland, Japan. Mein Leben zwischen drei Reaktorunfällen. Drei, von denen ich weiß.
Wobei - in den späten neunziger Jahren hörte ich mal in der Nacht eine Nachricht über einen atomaren Unfall in Spanien.
Da war am nächsten Tag nicht mehr die Rede von. Nachrichtensperre verhängt. Ach ja, da war doch was in den siebziger Jahren: Harrisburg. Und wie war das mit Krümmel? 2007 und 2009?

Ionisierende Strahlung schädigt die gut durchbluteten Zellen, die der Schleimhäute, Herzzellen, Knochenzellen und somit auch die des blutbildenden Sytems. Die Krankheitsfälle, die sich in der Nähe von Mobilfunkbasisstationen häufen, sind identisch mit denen, die sich im Umfeld des atomaren Endlagers Asse zeigen.
Vorwürfe werden laut. Gegen die Betreiberfirma Tepco. Es gab schon früher Stör- und Todesfälle. Es sollen Wartungsdaten gefälscht und etliche Unfälle verschwiegen worden sein. Vor eingen Monaten sah ich einen Umwelt-Thriller, in dem Ulrike Folkerts eine Sicherheitsbeauftragte in einem deutschen Kernkraftwerk spielt, die sich von der Leitung des Kernkraftwerkes erpressen läßt und für die Unbedenklichkeit der Betreibung einsetzt - mit fatalen Folgen. Was sich Ulrike Folkerts wohl gerade denkt?

Oder Christa Wolf, die 'Störfall - Nachrichten eines Tages' geschrieben hat? Der Film 'Die Wolke' beschäftigt sich auch mit den Auswirkungen einer atomaren Katastrophe auf deutschem Boden. Er basiert auf dem Roman von Gudrun Pausewang.
Es gab mal ein Music-Video (ich habe den Comic): When the Wind blows - darin geht es um ein ganz normales Ehepaar und sein ebenso unbegründestes wie unerschütterliches Vertrauen in die Informationspolitik der Regierung, das ihnen auch dann noch erhalten bleibt, als ihnen die Haare büschelweise ausgehen und die Zähne ausfallen.

 
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Teil 2

Als ich ein Kind war verstand ich nicht, warum die Menschen nicht jeden Tag an Hiroshima und Nagasaki denken. Der 6. August war schon immer einer meiner persönlichen Gedenktage.
Wir verdanken der Atomkraft auch eine eigene Kultur. Bücher, Filme, Musik. Wishful thinking (Hiroshima), Kraftwerk (Radioaktivität), Marguerite Duras &
Alain Resnais (Hiroshima,mon amour), Kobo Abe (Der schwarze Regen), Edita Morris (Die Blumen von Hiroshima), Kaneto Shindo (Die Kinder von Hiroshima).
Vielleicht gibt es nach einer kurzen Pause, die dem Gedenken an die Opfer gewidmet ist, eine neue Phase der kulturellen Aufarbeitung.
Bislang, d.h. nach Tchernobyl, wurde gern der Eindruck vermittelt, hier würde ein einmaliges Geschehen thematisiert. Ein abgeschlossenes, nicht wiederholbares Ereignis. Von dieser Illusion müssen wir uns nun verabschieden.

Es heißt: es drohe eine atomare Katastrophe in Japan auszubrechen.
Das klingt ja noch vergleichsweise harmlos, so als ließe sich das alles noch abwenden. Wieder einmal. Nahe an der Katastrophe vorbeigeschrammt, aber davon gekommen. Wie definieren die eigentlich Katastrophe? Wenn das noch immer keine ist, was dann?

Eine Bekannte hätte fast einmal einen Japaner geheiratet. Er hatte bereits eine gemeinsame Wohnung in Tokio gekauft.
Dann entschied sie, einen japanischen Intellektuellen gegen einen deutschen Intellektuellen einzutauschen und lebt nun mit Mann und zwei kleinen Kindern in einer der Kulturhochburgen Deutschlands. Ob sie, wenn sie vor dem Fernseher sitzt, daran denkt, dass ihre Kinder im anderen Fall vielleicht ein Opfer des Erdbebens geworden wären?
Eine Freundin, ein bekanntes Model, erhielt einmal einen Auftrag in Japan. Bei ihrer Rückkehr berichtete sie davon, wie der Platzmangel sich auf die Architektur auswirke und wie 'wilde' Anbauten - gleich Vogelnestern - die Fassaden verunzieren. Ob sie wohl gerade dieses Bild vor Augen hat?

Irgendwie scheint es folgerichtig, wenn von Japan jetzt eine atomare Bedrohung für die Welt ausgeht. Schließlich wurden hier zuerst die Folgen der atomaren Verstrahlung getestet. Freilandversuch gewissermaßen. Wie sich Strahlung auf lebendes Gewebe auswirkt wurde ja schon vorher ausgetestet und Fische mit zwei Köpfen sind aussagekräftig genug. Enola Gay. Der Pilot des Bombenflugzeugs soll ein zerstörter Mann gewesen sein. Warum tun Menschen das? Warum stellen sie sich für die größten Schweinereien zur Verfügung, so lange nur die Chance besteht, dass ein anderer dafür die Verantwortung übernimmt? Das Gewissen ist genau wie die Seele nicht
materiell nachweisbar. Man kann sich lange einreden, dass man keines hat. Wenn es sich erst einmal meldet, ist es zu spät. Man wird es nicht
mehr los. Nie mehr.

Wenn John Elder (1. Beitrag) recht hat, dann dürfte mich das alles überhaupt nicht kümmern. Dann sollte mein einziges Interesse in der Klärung der Frage bestehen, wie ich meinen Vorrat an (möglichst gleichförmiger) Nahrung auffrischen kann.
Aber so ist es nicht. Ich mache mir ständig Sorgen um den Zustand der Welt. Ich verstehe nicht, warum andere das offensichtlich nicht tun.
Gerade die Menschen, die Kinder haben, dürften doch an nichts anderes mehr denken können. Die kindliche Schilddrüse ist besonders strahlensensibel. Was sollen denn da Jodtabletten ausrichten? Es ist doch nicht nur radioaktives Jod, das austritt. Da finden sich Strontium, Cäsium 137 und Plutonium.

Dieses Lied hat Xavier Naidoo gesungen - als Warnung an die Regierenden der Welt (ich liebe es sehr)

 
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Teil 3

"Die veralteten Reaktoren abschalten? Es sind Geldmaschinen", sagt ein ehemaliger AKW-Ingenieur namens Höglund: "keine Industrie ist so profitabel wie diese."

Montag
Ich brauche lange, um den Fernseher einzuschalten. Ich versuche den Moment der Wahrheit herauszuzögern.
Ich kümmere mich um die Versorgung meiner Tiere. Ich schlucke meine Tabletten. Ich mache mir meinen Kaffee.
Dann gibt es keine Verzögerungsgründe mehr.

Sie reden tatsächlich immer noch von 'drohender' Kernschmelze. Wir haben alle die Bilder der Explosionen gesehen. Das waren Wasserstoffexplosionen. Die sind die unmittelbare Folge einer Kernschmelze.
Der Flugzeugträger 'Ronald Reagan', nuklear betrieben übrigens, ist durch verseuchtes Gebiet gezogen.
Im Fernsehen wird darüber berichtet, dass Toyota seinen Produktionsplan nicht einhalten können wird. Na, da haben wir doch jetzt ein echtes Problem!


Am Montag lese ich erstmals eine Bildlaufzeile, die 'Angst vor dem Supergau' thematisiert. Diese Angst habe ich seit nunmehr 50 Stunden.
Wenn ich aus dem Fenster sehe ist die Strasse nass. Da mein Gedächtnis ziemlich gut ist erinnere ich mich sofort an alles, was ich zum Thema radioaktiver Niederschlag jemals las. Wissenschaftliches und belletristisches - alles existiert nebeneinander.
Ich muss raus. Einkaufen. In den Supermärkten ist die Stimmung gedrückt. Die Menschen sind leiser. Einmal höre ich jemanden im Gespräch 'Fukushima' murmeln.

Wieder zurück. Der Fernseher läuft.
Ein Grünen-Politiker (Cem Özdemir) äußert sich vor der Presse: "...Eine Katastrophe biblischen Ausmaßes... Unsere Sorge gilt den Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens vor Ort Schadensbegrenzung betreiben."
Könnte man nicht wenigstens ein Gesetz verabschieden, dass Politiker verpflichtet, die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu tragen? Dass jeder, der sich nicht aktiv gegen Kernkraftwerke, sondern dafür engagiert hat, im Falle einer drohenden Katastrophe sofort vor Ort sein und Krisenmanagement betreiben muss. Dafür sollten Politiker geschult werden - regelmäßig. Damit sie im Ernstfall bereit sind. Damit sie im Vorfeld nie vergessen, worum es eigentlich geht. Es geht nicht um Profitmaximierung, es geht um unser aller Leben.

In einem ihrer Bücher (Kassandra), definiert Christa Wolf die Kennzeichen eines 'Vorkriegs'.
Sie schließt mit der Aufforderung: 'Laßt euch nicht von den eigenen Leuten täuschen!'

Für mich gab es niemals eigene Leuten - ich fühlte mich immer eines mit allem. Im Falle einer atomaren Katastrophe gibt es keine 'eigenen Leute'. Im Falle einer nuklearen Katastrophe gibt es keine ursächliche Behandlung - es gibt nur eine symptomatische Therapie!

Eure BiMi
 

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der freundschaftalgorithmus.

:))) :))) :))) :)))

"he! hast du höhenangst, coper?"
sheldon: "sicher nicht. höhenangst ist unlogisch. die angst vor dem fallen hingegen ist evolutionär bedingt und daher vernünftig."

:))):)))
 
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