Kant: der kategorische Imperativ

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"Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne."

Dieser Satz wird oft zitiert und diskutiert. Für mich persönlich erinnert er an das Sprichwort "Was Du nicht willst, das man Dir tu', das füg' auch keinem Andern zu!",
wenn da nicht die politische Ebene dabei wäre "Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung".
Man könnte auch an die Bibel denken: alttestamentarisch "Aug um Auge, Zahn um Zahn" .
....

In einer Reihe des Bayerischen Rundfunks hat sie Sophie mit Kant auseinander gesetzt:

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Grüsse,
Oregano
 
Für mich bedeutet es auch, dass der Wille so stark sein soll, dass man aus der damit verbundenen Überzeugung mehr erreichen kann und diese Überzeugung mit einem Gesetz gleichzusetzen ist:kraft:

lg
nana
 
Man könnte auch an die Bibel denken: alttestamentarisch "Aug um Auge, Zahn um Zahn" .

Nein, gerade diese Haltung hält den Bedingungen des Kategorischen Imperativs (KI) nicht stand:

Keiner der Beiden, die sich da gegenseitig malträtieren, hat auch nur den geringsten Vorteil aus einer solchen Prügelei. Beide gehen verletzt vom Platz.
Niemand würde einem Anderen ein Auge auskratzen, wenn der dies nach Kant als allgemein mögliche Umgangsform betrachten würde, die an ihm ebenso vorgenommen werden dürfe, wie an beliebigen anderen Personen.

Marx sieht das so
(aus Kategorischer Imperativ) :
Er deutet den Kategorischen Imperativ von einer individuellen Handlungsmaxime zu einem revolutionären Prinzip um. So endet für ihn die Kritik der Religion „mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem KI, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“. Diese negative Fassung ergänzt er durch die positive Forderung, für Verhältnisse einzutreten, „worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“.

Ein liberal Denkender wird es gar nicht erst soweit kommen lassen wollen, dass Menschen ein " erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen" werden durch die Handlungen Anderer.
Klingt einfach, aber jedesmal, wenn wir uns für die billigere Banane, für das Hemd aus Burma oder einen günstigen Natursteinbodenbelag aus Brasilien entscheiden, nutzen wir geknechtete Menschen aus. Das Argument, dass diese Leute gar nichts hätten, wenn wir die Produkte nicht kaufen, ist purer Zynismus. Fairer Handel ist da zumindest ein Trostpflästerchen, vielleicht auch mehr.
Anderes Beispiel, Kopftuchverbot:
Es passt der Mehrheit nicht, dass sich eine Minderheit sichtbar absetzt. Wie würde dieselbe Mehrheit reagieren, wenn sie selbst Kleidungszwängen unterworfen würde, die mit ihrer Vorstellung nicht vereinbar wäre? Also lasse sie gefälligst die Leut ihr Kopftuch tragen.
Noch ein Beispiel:
Hiezulande wird vor Gericht gestritten, ob man nackt wandern dürfe. Die Liberale Verfassung geht davon aus, dass Verbote und Strafen nur dann ausgesprochen werden können, wenn ansonsten andere zu Schaden kommen würden. Die Nacktheit eines Wanderers schadet niemandem, sie ärgert höchstens. Besteht ein Recht, sich nicht zu ärgern?
KI gibt da eine klare Richtlinie, der Prozess hingegen dauert Jahre und zieht sich über drei Instanzen hin.

Und zuletzt:
Frau Merkel hat die Tötung von Osama bin Laden als 'Gute Nachricht' bezeichnet. Einfach so, ohne Prozess, weil dem Bush einst die Fresse nicht passte? Dem Bin Laden passte die Fresse der Amis nicht, also liess er eben mal einige Tausend davon töten. "Aug um Aug, Zahn um Zahn" erscheint offenbar auch "christlichen" Staatsfrauen einfacher zu handhaben, als die Frage, ob Mord eine adäquate Handlungsweise sei.
Sind nun die Opfer von 9/11 "gerächt", oder hat sich Obama mit seinem Tötungsbefahl auf die Ebene von Terroristen gestellt?
Ich weiss es nicht.
KI und darauf basierendes liberales Denken ist nicht so einfach, wie ideologischen oder religiösen Handlungsanweisungen zu folgen.
Freiheit ist ein anspruchsvolles Gut, weil nahezu jede Handlung nicht nur die eigene, sondern auch jene anderer Personen tangiert.

Puistola
 
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