Hallo zusammen,
ich gebe hier einen kurzen Bericht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit) zu diesem Online-Seminar, das ich in der Nachbarrubrik Oxidativer/Nitrosativer Stress (
https://www.symptome.ch/threads/online-vortraege-und-sprechstunden.26845/) angekündigt habe:
Auch oft mit Nitrostress assoziert: Der sogenannte "Reizdarm"
Von daher folgende Seminarankündigung:
Ursachen und Behandlungsmethoden des Reizdarmsyndroms
Termin: Montag, 15.03.10.
Beginn: 18:30
Referent: Dr. Ulrich Sonnenborn
Beschreibung
Das sogenannte "Reizdarmsyndrom" ist eine relativ häufig vorkommende Erkrankung im Bereich der Verdauungsorgane. Jeder vierte Patient, der eine internistische Praxis aufsucht, hat Reizdarm-Probleme. Kennzeichen für diese Erkrankung sind Schmerzen im Unterbauch, gekoppelt mit vermehrten Blähungen sowie Veränderungen der Stuhlgewohnheiten (Durchfall und/oder Verstopfung). Bei 25 bis 30 % der Patienten tritt diese Erkrankung auf als Folge von schweren Darminfektionen oder längerfristigen Antibiotika-Behandlungen. Die Ursachen des Reizdarms sind bis heute nicht restlos geklärt. Störungen in der Reizempfindlichkeit des Darmes, der Darmflora und des Darmnervensystems ("Bauchhirn") sind nachgewiesen worden. Behandlungsmöglichkeiten dieser plötzlich auftretenden, aber dann chronisch werdenden Erkrankung richten sich nach den Hauptsymptomen. Dabei werden auch Arzneimittel mit pflanzlichen Wirkstoffen oder mit probiotischen Darmbakterien eingesetzt.
Info und Anmeldung unter:
Medivere - Gesundheit im Netz
Differenzierung in "Reizdarm-Typen"
- Typ 1: Durchfall - häufig
- Typ 2: Verstopfung - 20-25%
- Typ 3: Blähungen
Weitere Symptome und Merkmale:
- Im Unterbauch (zu 90%) lokalisierte Beschwerden (typisch sind Koliken)
- Durch Mahlzeiten verstärkt
- Durch Stuhlgang erleichtert
- Häufig: Durchfall (hohe Stuhlfrequenz)
- Häufig: Konsistenz breiig bis flüssig
- Der Nachtschlaf ist selten gestört! (das ist eher bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen der Fall)
- Geblähter Leib
- Harter Stuhl mit mühsamem Stuhlgang
- Gefühl von unvollständiger Entleerung
- Symptome fluktuieren bei 25% (Stärke, Qualität)
- Verstärkung durch Stress
Die Ursachen sind bisher nicht bekannt, man kennt aber Einflussfaktoren mit unterschiedlichen "Wahrscheinlichkeiten":
Gesichert ist: Störung der Reizempfindlichkeit im Darm
Wahrscheinlich:
- Psychosomatik (Traumata)
- Veränderte Geschwindigkeit der Darmpassage
- Veränderung der Darmflora
- Chronische geringgradige Entzündung - wird z.Zt. intensiv beforscht, ist vermutlich für die Probleme verantwortlich
Unklar:
- Bauchhirn
- Autonomes Nervensystem
- Immunsystem
- Erbliche Faktoren
- Umwelteinflüsse
Unwahrscheinlich:
- Störungen des zentralen Nervensystems
- Psychische Erkrankungen
Ein stark (nach einer englischen Studie 12-fach) erhöhtes
Risiko ergibt sich nach einer
überstandenen bakteriellen Gastroenteritis mit
- Camphylobacter
- Salmonella
- Anderen
In einem kleinen Ort in Spanien gab es 2002 eine Salmonellen-Gastroenteritis durch einen Sahnekuchen, der auf einem Volksfest angeboten wurde. Die Situation wurde genutzt für eine Auswertung mittels Fragebogen. Demnach ergab sich gegenüber der Kontrollgruppe ein 8-fach erhöhtes Risiko für einen Reizdarm.
Mögliche Ursachen von Darmfunktionsstörungen nach überstandener Darminfektion
- Störungen der Darmflora --> veränderter Stoffwechsel der Darmflora
- Veränderungen der Reizleitung --> veränderte Reflexe
- Erhöhte Bildung von Entzündungsstoffen --> chronische geringgradige Entzündung
In der Folge:
- Chronische geringgradige Entzündung
- Aktiviertes Darmmmunsystem
- Erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut
- Veränderungen im Bauchhirn
Weitere mögliche Ursache:
Enzymmangel, z.B. Laktase-Mangel, der zur Laktoseintoleranz führt. Diese ist geografisch sehr unterschiedlich verteilt und tritt oft kombiniert mit Fruktoseintoleranz auf. Neben Laktose-Karenz und Laktase-Einnahme können auch Laktobazillen helfen, die sozusagen Laktase "im Gepäck" haben.
Besprochen wurden noch Therapiemöglichkeiten für verstopfte Reizdarmpatienten.
Beziehungen zwischen Reizdarm und Fibromyalgie
Vergleich der Ergebnisse eines H2-Laktulose-Atemtestes (zum Nachweis einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms) bei Reizdarm- und Fibromyalgie-Patienten: Reizdarmpatienten waren zu 100% betroffen, Fibromyalgiepatienten immerhin auch zu 84% (die Menge des abgegebenen H2 korrelierte bei der überwiegenend Mehrzahl mit der Schmerzintensität), die Kontrollgruppe nur zu 20%.
Therapie: Ist schwierig wegen der Vielfalt, nicht einheitlich.
In einer Metastudie aus dem Jahr 2008 im Brit. med. Journal zeigten sich die "traditionellen Mittel" Flohsamen (quellend) und Pfefferminzöl (aufsaugend) als wirksam.
Darmflora-Veränderungen werden beobachtet bezüglich
- Gesamtgehalt (verringert)
- Spektrum
- Stoffwechselaktivitäten (Enzymaktivität)
- Besiedlungsstandorte (Verschiebung vom Dick- zum Dünndarm)
Ursachen für veränderte Darmflora:
- Umwelteinflüsse (z.B. Toxine, Allergene, Strahlung, Infekte)
- Organische Veränderungen (z.B. Divertikel, Verengungen)
- Therapie (z.B. Eingriff, Antibiotika, Chemo-/Strahlentherapie)
- Ernährung (z.B. Fehlernährung, Fasten, parenterale Ernährung)
- Systemische Erkrankungen (z.B. Immundefekte, hormonelle Störungen)
- Psychosoziale Faktoren (z.B. Stress)
Mikrobiologische Therapie: Verabreichung von Mikrorganismen
- Lebend (Probiotika) --> Wirkung auf Darmökosystem und Immunsystem
- Abgetötet (Vakzine-Präparate) --> Wirkung auf Darmökosystem und Immunsystem
- Zellbestandteile --> Wirkung auf Darmökosystem und Immunsystem
- Stoffwechselprodukte --> Wirkung auf PH-Wert
ergänzt mit Diät, Antipilz-/parasitentherapie, Ausleitung, Enzymen, Pflanzenheilmitteln.
Es wurden viele Beispiele genannt für konkrete Bakterienstämme und Präparate, die ich nicht mitschreiben konnte.
Im Anschluss kam von den Zuhörern u.a. die Frage, ob Probiotika bei Leaky Gut (durchlässige Darmschleimhaut) schädlich seien. Die Antwort war: Nein! Der Nissle-Stamm (Mutaflor) könne nützen.
Ein Video zu diesem Seminar scheint bisher nicht online zu sein, das Handout auch nicht.
Gruß
Kate